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Meinungsfreiheit bedeutet nicht Widerspruchsfreiheit

Aus unserem jüngsten Ortsverbandstreffen: Ein Thema war der aktuelle Stand der Windenergieanlagen Königseiche . Wir unterstützen, dass nach dem Besuch...
Foto: BRB

Aus unserem jüngsten Ortsverbandstreffen:

Ein Thema war der aktuelle Stand der Windenergieanlagen Königseiche. Wir unterstützen, dass nach dem Besuch des Grünen Kreisverbands und unseres Bundestagskandidaten Moritz Franz-Gerstein zu Beginn dieses Jahres und trotz der bereits umgesetzten Anpassungsmaßnahmen durch die Betreiberfirma nun im Sinne der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner in Baiereck beide Anlagen vorübergehend außer Betrieb genommen wurden. Unser Ziel bleibt jedoch die rasche Lösung des Lärmemissionsproblems. Wir begleiten das Thema daher nach wie vor eng und hoffen, dass die weiteren technischen Maßnahmen zeitnah greifen, sodass die Anlagen bald wieder ihren wertvollen Beitrag zur lokalen Energiewende leisten können.

Weitere Diskussionen drehten sich an dem Abend um das Thema Meinungsfreiheit, da in der politischen Debatte oft behauptet wird, diese sei in Gefahr. Besonders in gesellschaftlich polarisierten Zeiten kommt dieser Vorwurf immer wieder auf – insbesondere von Parteien oder Gruppierungen, die sich als Opfer eines vermeintlichen „Sprechverbots“ sehen. Doch hinter dieser Behauptung steckt oft ein grundlegendes Missverständnis: Meinungsfreiheit bedeutet nicht Widerspruchsfreiheit. Vor dem Hintergrund, dass diese „Debatte“ im Wahlkampf auch hier in unserem Wahlkreis, in Ebersbach, immer wieder thematisiert wurde und angesichts der vielen fragwürdigen Äußerungen einiger Politiker aus unserem Wahlkreis zu verschiedensten Themen auf Social Media haben wir das Thema einmal genauer beleuchtet:

Die Meinungsfreiheit ist ein Grundpfeiler jeder Demokratie. Sie garantiert, dass jeder seine Überzeugungen ohne staatliche Repression äußern darf. In Deutschland ist sie im Grundgesetz verankert, in den USA durch den ersten Zusatzartikel zur Verfassung geschützt. Sie verhindert, dass der Staat unliebsame Meinungen unterdrückt oder zensiert – mit Ausnahmen für verfassungsfeindliche oder strafbare Äußerungen wie Volksverhetzung. Wichtig ist aber, dass Meinungsfreiheit nicht bedeutet, dass man seine Ansichten ohne Reaktion oder Kritik äußern kann. Die Freiheit, eine Meinung zu äußern, bedeutet nicht, dass andere Menschen oder Institutionen darauf verzichten müssen, dieser Meinung zu widersprechen oder sie abzulehnen. Diese Dynamik ist essenziell für eine offene Gesellschaft, in der verschiedene Positionen miteinander ringen.

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, dass manche den Widerspruch gegen ihre Ansichten als Einschränkung der Meinungsfreiheit deuten. Doch Kritik, sei sie von Einzelpersonen, Medien oder Unternehmen, ist selbst ein Ausdruck dieser Freiheit. Wenn jemand beispielsweise für eine umstrittene Äußerung öffentlich kritisiert oder boykottiert wird, ist das keine Zensur, sondern eine gesellschaftliche Reaktion. Niemand hat einen Anspruch darauf, dass die eigene Meinung unwidersprochen bleibt.

Gerade politische Akteure, die sich als „Opfer“ einer angeblichen Meinungsunterdrückung inszenieren, nutzen dieses Narrativ oft gezielt, um ihre eigene Position zu stärken. Sie präsentieren sich als Kämpfer für die Meinungsfreiheit, obwohl sie in Wirklichkeit darauf abzielen, sich der Kritik zu entziehen.

Ein Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten zeigt, dass die Meinungsfreiheit hier in Deutschland nicht eingeschränkt ist. Wären bestimmte Meinungen tatsächlich unterdrückt, würden sie nicht in den Medien, auf öffentlichen Plätzen oder in Parlamenten geäußert werden. Die Tatsache, dass kontroverse oder auch extremere Positionen breit diskutiert und kritisiert werden, beweist vielmehr das Gegenteil: Die Debatte lebt, sie ist vielfältig und offen. Gerade diejenigen, die behaupten, ihre Meinungsfreiheit werde beschnitten, haben oft uneingeschränkten Zugang zu Plattformen und Öffentlichkeit. Tatsächlich eingeschränkt ist die Meinungsfreiheit hingegen in Ländern wie Russland, China oder dem Iran. In Russland z. B. wurden zahlreiche oppositionelle Journalisten und Politiker verhaftet oder ermordet, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung äußerten. Unabhängige Medien wurden weitgehend verboten oder gleichgeschaltet, und Proteste gegen den Krieg in der Ukraine werden mit harten Strafen geahndet.

Meinungsfreiheit schützt die Möglichkeit, sich zu äußern – aber nicht davor, dass andere widersprechen. Wer Kritik als Zensur versteht, hat die demokratische Debattenkultur nicht verstanden. Eine lebendige Demokratie lebt vom Meinungsaustausch, vom Diskurs und auch vom Streit. Wer sich auf Meinungsfreiheit beruft, muss auch die Freiheit der anderen anerkennen, auf diese Meinung zu reagieren – mit Zustimmung oder eben mit Widerspruch.

Wenn auch Sie Interesse haben, sich an unseren Diskussionen zu gesellschaftlich relevanten Themen zu beteiligen, kommen Sie gerne bei unserem nächsten Ortsverbandstreffen, z. B. am 3. April 2025 ab 19.30 Uhr in der Stadiongaststätte vorbei. Wir freuen uns auf Sie.

Ihr Thorsten Just für den Ortsverband
von Bündnis 90 / Die Grünen

Erscheinung
Ebersbacher Stadtblatt
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Ausgabe 11/2025

Orte

Ebersbach an der Fils

Kategorien

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Parteien
Politik
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