Musik

Militärmusik-Konzerte in Hartheim und Tieringen: Vom schmissigen Egerländer-Polka zu Taylor Swift im pfiffigen Marine-Sound

Nach dem fulminanten Auftakt der „Woche der Militärmusik“ in Meßstetten mit Sternmarsch samt Platzkonzert, einem abendlichen Doppelkonzert und...
Egerländermusik im Blut hat Hauptfeldwebel Johannes Mimler, der seine Böhmische Besetzung des Heeresmusikkorps Ulm in Hartheim mit Hingabe dirigierte.
Egerländermusik im Blut hat Hauptfeldwebel Johannes Mimler, der seine Böhmische Besetzung des Heeresmusikkorps Ulm in Hartheim mit Hingabe dirigierte.Foto: Volker Bitzer

Nach dem fulminanten Auftakt der „Woche der Militärmusik“ in Meßstetten mit Sternmarsch samt Platzkonzert, einem abendlichen Doppelkonzert und dem morgendlichen Schulkonzert in der Heuberghalle (wir berichteten), gab es in der Stadt zwei weitere Schmankerl, bei denen die Profimusiker der Bundeswehr ihre exzellente Qualität und ihren Sonderstatus bewiesen. Beim Nachmittagskonzert in Hartheim spielte die Egerländer-Besetzung des Heeresmusikkorps Ulm schmissige Volksmusik; beim Lunchkonzert bei der Firma Interstuhl in Tieringen kamen „Plietsch7“ des Marinemusikkorps Wilhelmshaven modern und vielseitig daher.

Mit kollektivem Pfeifen verabschiedete das Hartheimer Publikum am Ende eines über einstündigen Konzertes die Musikerinnen und Musiker. Vor allem die Kenner der Materie vereinigten sich zu einem großen Pfeifkonzert und stimmten mit ein in den „Dompfaff“, mit dem das rund 20-köpfige Orchester auf der Bühne adieu sagte. In diesem Stück ist dem heimischen Vogel eine instrumentenlose Pfeifpassage gewidmet und hier waren die Hartheimer aufgerufen mitzumachen. Das ließen sich diese nicht zweimal sagen, denn die Begeisterung war immens. Nach dem Schlusstakt wandelte sich das Mit-Pfeifen dann auch schnell in frenetischen Beifall mit stehenden Ovationen.

Für 400 Leute war die Hartheimer Festhalle bestuhlt. Als sich schon um halb drei, eine halbe Stunde vor Beginn des Nachmittagskonzertes, die Halle wie im Handumdrehen füllte, war Ortsvorsteher Bodo Schüssler, der auch eine kurze Einführungsansprache hielt, klar: Das wird eng. Tatsächlich sollte kaum ein Plätzle frei bleiben und das, obwohl die vielen Gäste in der aufgeheizten Halle – trotz offener Fenster und Türen – nicht weniger schwitzten als auf der heimischen Terrasse. Schweiß stand auch dem Ensemble des Heeresmusikkorps Ulm recht bald auf der Stirn. Trotzdem spielte die volkstümliche Egerländer-Besetzung unter der Leitung von Hauptfeldwebel Johannes Mimler ohne Pause durch. Der Orchesterchef erwies sich dabei nicht nur als gestandener Dirigent, sondern gleichfalls auch als erheiternder Conferencier. In seiner lockeren Art erzählte er zu jedem Stück eine kleine Geschichte, vor allem aber erläuterte er dem Publikum, was überhaupt eine Egerländer-Formation ist.

Da Mimlers Großvater selbst aus dem Egerland stammt, kam der heute 28-jährige Dirigent schon als Kind zu diesem Musikstil: Die auch als Böhmische Besetzung bezeichnete Blasmusikformation und deren Diktion wurde vor allem durch den unvergessenen Ernst Mosch und seine Egerländer Musikanten in die Welt hinausgetragen. Sie zeichnet sich durch eine bestimmte Instrumentenzusammenstellung aus und ist heute auch in modernen Musikstilen zu hören. Zur Böhmischen Besetzung gehören in der Regel Flöte oder Es-Klarinette, B-Klarinetten, Trompeten, Flügelhörner, Tenorhorn, Bariton, Posaunen, Tuben und ein Schlagzeug. Sie kann aber, je nach Konzert oder interpretierten Stücken, leicht variieren.

Die Set-List, wie man bei Rock- und Popkonzerten sagen würde, bestand in Hartheim aus kraftvollen Märschen, zünftigen Polkas und beschwingten Walzern. Immer wieder garniert durch verschiedene Soli, sei es nach Registern oder durch Einzelakteure. Herausragend war dabei die Leistung eines gerade einmal 19-jährigen Hauptgefreiten. Normalerweise, so erklärte Johannes Mimler, bestreiten in den Bundeswehr-Musikkorps erst Musiker ab dem Dienstgrad Feldwebel die Soloparts. Benedikt Filzek hat aber trotz seiner jungen Jahre eine derart bestechende Qualität, dass er zusammen mit einem Kameraden in „Über zwei Dörfer“ diese Rolle bekleiden durfte.

Die Vielfalt der Militärmusik ist grandios

Einen kompletten Stilwechsel erlebten die Zuhörer am Donnerstagvormittag in der Interstuhl-Arena Tieringen. Allein schon das coole Ambiente des groß dimensionierten Ausstellungsraumes als Konzertsaal, mit seiner klaren Linienführung und changierendem bunten Licht, war ein Erlebnis. Dazu musste auch die Musik passen: modern und pfiffig. Das letzte Attribut trägt die Sieben-Mann-Formation des Marinemusikkorps Wilhelmshaven ja schon im Namen: Plietsch7. Das ist – passend zur Heimat im Nordwesten der Republik – plattdeutsch und bedeutet genau das: pfiffig.

Schon der Einstimmungs-Hit „Let me entertain you“ von Robbie Williams wurde diesem selbstauferlegten Credo gerecht und offenbarte, dass dieses Lunchkonzert, morgens um 11, ganz andere Klangfarben bekommt wie noch einen Tag zuvor das Egerländer-Konzert in Hartheim. Gemein mit dem Nachbarort hatte Tieringen die imposante Besucherresonanz. Auch die Interstuhl-Arena war vollbesetzt. Die vorgesehene Bestuhlung reichte gar nicht aus, aber die vielen Gäste wussten sich zu helfen. Nicht umsonst steht in diesem großen Showroom massenhaft hypes Sitzmobiliar zur Verfügung und so funktionierten nicht wenige Besucher einfach den ein oder anderen Bürostuhl zum Konzertplatz um.

Das Marine-Septett spiele ebenfalls ohne Pause über eine Stunde lang durch. Klassiker und Ohrwürmer aus der ganzen Welt. Genauso wie die Schiffe Waren aus allen Ecken des Globus mitbringen, haben die Marine-Jungs Weltmusik in ihr eigenes Repertoire integriert. Da erklang der Spät-50er-Hit „Tequila“ ebenso wie Mezzofortes 80er-Sound-„Gardenparty“ oder „Downtown“, das vor allem Petula Clark (heute stolze 92) unvergessen machen sollte. Ein Medley mit Tom-Jones-Straßenfegern fehlte ebenso wenig wie Gloria Gaynors Discokracher. Und dass die „Plietsch7“-Truppe unter der Leitung von Stabsbootsmann Holger Becker sogar top modern kann, das zeigte sie mit einem Taylor-Swift-Medley. Mit „Sweet Caroline“ sagten die Profimusiker der Marine schließlich „Tschö“.

„Das war einfach fantastisch“ kommentierte Joachim Link das Gastspiel in seinem Hause. Der Interstuhl-Geschäftsführer würdigte in einleitenden Worten die Militärmusik als wertvolles Bindeglied zwischen Truppe und Bevölkerung. Gerade in der heutigen Zeit vor dem Hintergrund vieler Kriege und Konflikte würden die musikalischen Botschafter der Bundeswehr eine wichtige Rolle spielen – national und international. Gerne hat der Tieringer Fabrikant den Militär-Berufsmusikern ein Auditorium geboten. Zumal, ganz stolzer Schwabe, wollte er nicht verheimlichen: „Seit 2022 sind wir mit der Bundeswehr bestens im Geschäft, haben schon über 200.000 Konsolen-Drehstühle geliefert – immer dasselbe Modell und in gleicher Farbe.“ Beifall – das Tieringer Publikum hörte solche guten Nachrichten gerne.

Grußworte hatte auch Ortsvorsteherin Isabella Merkt parat. Sie verwies u.a. auf die anwesenden Grundschüler aus Tieringen, die im Interstuhl-Foyer nicht nur Kuchen für die Klassenkassen verkauften, sondern die sich auch über die Spenden bei diesem Lunchkonzert freuen dürfen. Der Erlös des Hartheimer Nachmittagskonzerts geht an den dortigen Musikverein, der auch die Gästebewirtung übernommen hatte.

(VB)

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Aktuell – Amtsblatt der Stadt Meßstetten
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Ausgabe 27/2025
von Stadt Meßstetten
03.07.2025
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