Vielfältig sind die musikalischen Programme, mit denen die „Rauenberger Abendmusiken“ seit bald fünfzehn Jahren ihr Publikum begeistern. Auch diesmal gab es wieder etwas Besonderes: die 2001 uraufgeführte „Missa in Jazz“ von Peter Schindler, ein Referenzwerk für die Gestaltung Geistlicher Musik mit Mitteln des Jazz.
Die Vertonung des Messordinariums ist für viele Komponisten der Versuch, diesem altehrwürdigen kanonischen Text durch die Musik eine zeitgemäße Aussage zu verleihen. So auch Peter Schindler: Formen des Gregorianischen Chorals, barocke Polyphonie, als Grundlage Elemente der verschiedenen Richtungen des Jazz, Romantisches und rhythmische wie harmonische Finesse zeichnen diese facettenreiche Messvertonung aus. Faszinierende Klänge hat der Komponist geschaffen, und die Ausführenden wussten das Werk mitreißend umzusetzen.
Drei Chorensembles hatte der Leiter der Kirchenmusik an St. Peter und Paul Rauenberg, Prof. Franz Wassermann, für den vokalen Part zusammengefügt: Den Kleinen Chor „Allegro“ dieser Kirche, der Rauenberger Jugendchor „Rainbow“ (Einstudierung Annette Blatz-Braun) und die „Cantomanie“, den Chor der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Ihr instrumentaler Partner war die Jazzcombo „Big Five“. Rolf Blaschke, der Leiter der Musikschule Rauenberg hat der Partitur des Komponisten einen farbenreichen Gitarrenpart hinzugefügt, der zusammen mit dem Schlagzeuger Finn Hauntzinger, dem E-Bassisten Neophytos Stephanou und dem Pianisten Benedikt Weigmann die Harmonik und Rhythmik dieser Messe intensivierte.
Eine Besonderheit war die Verpflichtung von Peter Lehel, der den Saxophonpart schon bei der Uraufführung und bei der vom Komponisten geleiteten CD-Aufnahme gespielt hat. Mit der Komposition bestens vertraut, bot er fesselnde Improvisation in stupender Virtuosität auf drei Instrumenten: Sopran- und Tenorsaxophon und Bassklarinette. Gleichzeitig fügte er als Frontmann die Combo aufmerksam und sicher zusammen und verstand es ausgezeichnet, mit dem Chor zu korrespondieren.
Dieser präsentierte die sehr anspruchsvolle Partitur auf gelungene Weise. Gregorianische Melismen wurden ebenso authentisch musiziert wie groovige Rhythmen in überzeugender, mitreißender Gestaltung, deren Puls zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer mitwippen ließ. Gewaltige Klangausbrüche und zart verinnerlichte Piano-Passagen wusste er gleichermaßen überzeugend zu gestalten. Sichtbar und hörbar war das Vergnügen der Singenden an den elektrisierenden Rhythmen und der komplexen Harmonik. Der Chorsopran genoss die fordernden Höhen wie etwa im Osanna in strahlendem Klang. An einigen wenigen Stellen indes ließ die gemeinsame Begeisterung der Ausführenden die Combo kräftig in den Vordergrund treten gegenüber dem ohne technische Verstärkung agierenden Chor.
In der gesamten Präsentation des Rauenberger Konzerts war es gelungen, die „melodisch-rhythmisch-harmonische Raffinesse“ der Komposition, wie es in einer Pressebesprechung von 2009 heißt, auszuloten und zum Klingen zu bringen. Besonders zu erwähnen ist für das Konzert des Ensembles in Rauenberg das aufwühlend expressive Sanctus, das der Heiligkeit des Textes in der Musik die Heillosigkeit der gegenwärtigen Welt krass gegenüberstellt. Ebenso aber überzeugten die warm gefärbten Piano-Stellen und die dichte Wiedergabe moderner Harmonik und die fetzige Rhythmik.
Dankbar für diesen gelungenen Konzertabend mit einem Kaleidoskop an Klängen und Rhythmen, brauste nach eloquenter Stille der Applaus voller Begeisterung auf. Er galt der Instrumental-Combo ebenso wie dem Chor und dem Dirigenten Prof. Franz Wassermann, der mit Mut diese anspruchsvolle „Missa in Jazz“ ausgewählt hatte. Mit stehenden Ovationen erklatschte sich das große Publikum eine Zugabe.
gudlin