Obst- und Gartenbauverein Wiernsheim e. V.
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Mistelplage

Das stille Sterben in den Streuobstwiesen. Zahlreich überwuchern kugelige Büsche die Baumkronen heimischer Obstbäume. Die sog. Laubholzmispel breitet...
Foto: H. Haustein

Das stille Sterben in den Streuobstwiesen.

Zahlreich überwuchern kugelige Büsche die Baumkronen heimischer Obstbäume.

Die sog. Laubholzmispel breitet sich auch in Wiernsheim rasant aus. Viele der, für das Landschaftsbild so typischen, Streuobstbäume sind in einem bedrohlichen Zustand. In den vergangenen Jahren wurden diese Bäume leider vielerorts nicht mehr so intensiv gepflegt. Steigende Temperaturen begünstigen die Ausbreitung und die milden Wintermonate lassen sogar einige der Zugvögel hier überwintern, die besonders zur Verbreitung dieser Schmarotzerpflanze beitragen.

Die Weißbeerige Laubholz-Mistel (Viscum album) wird bis zu 70 Jahre alt. Sie blüht grüngelb zwischen Februar und April. Im Herbst trägt sie erbsengroße, glasig-weiße, fleischige Scheinbeeren, die bei vielen Vogelarten besonders als Winternahrung begehrt sind.

Mehr als 20 Vogelarten fressen die Beeren und transportieren die Samen mit ihrem Kot in die höchsten Wipfel. Dort angekommen breitet sich die Mistel durch ihre klebrigen Samen weiter aus und gründet viele neue kleine Büsche. Nach einem Jahr beginnt die Pflanze, den Wirtsbaum anzuzapfen.

Weil die Mistel selbst Photosynthese betreibt, wird sie als Halbschmarotzer bezeichnet. Die Samen haften zunächst an der Rinde des Wirtsbaumes, dem sie, nachdem die Saugwurzeln sich in das Holz gebohrt haben, Wasser und Nährstoffe entziehen. Sommerhitze und Trockenstress schwächen die Wirtsbäume zusätzlich.

Besonders von der Mistelplage betroffen sind Apfelbäume und Pappeln. Darüber hinaus sind zunehmend Ebereschen, Weiden, Weißdorn, Birken und sogar Kirschen- und Birnbäume betroffen. Vereinzelt sieht man sie auch bereits an Walnussbäumen. Wo sie auftritt, sollte die Mistel systematisch alle zwei bis drei Jahre entfernt werden. Denn erst nach vier Jahren trägt sie Beeren und damit Samen. So wird die Ausbreitung gebremst.

Soll ein Baum saniert werden, müssen befallene Äste abgeschnitten oder stark zurückgeschnitten werden. Bei geringem Befall reicht es, Pflanzen samt Wurzeln mit einer Kerbe oder einem Bohrloch loszuwerden. Die Wurzeln der Misteln sind als grüne Stellen im Holz erkennbar.

Haben sich die Saugwurzeln erst einmal im Ast breit gemacht, so muss zügig und konsequent zu Säge und Astschere gegriffen werden. Bäume, deren Äste schon komplett durchwuchert sind, müssten demnach bis ins Stammholz zurückgeschnitten werden, um den Baum letztlich noch vor dem Absterben zu retten.

Als Lebewesen zwischen Erde und Himmel waren Menschen schon früh von der Mistel fasziniert. Besonders bei den Germanen und den Kelten galt sie als wundertätige Pflanze. Den keltischen Druiden sei „nichts heiliger als die Mistel.“

Jedenfalls hielt die Verehrung für die Mistel auch in späteren Jahrhunderten an und wurde in christliche Gebräuche integriert. Nun galt die Mistel als segnende und friedensstiftende Pflanze. Unter ihr versöhnte man sich und gab sich den Friedenskuss. Vom Friedenskuss war es nicht weit zum Liebeskuss, so dass vor allem in Skandinavien, Großbritannien und Nordamerika ein Mistelzweig über der Türschwelle Liebenden bereits vor der Ehe erlaubte, sich ungestraft zu küssen.

Während die Mistel in früheren Zeiten also eine verehrte, wertvolle und oft auch seltene Pflanze war, ist sie heute mittlerweile in einigen Regionen Deutschlands eine regelrechte Gefahr für die Obstbäume.

Entgegen landläufiger Meinung steht die Mistel nicht unter Naturschutz. Zu privaten Zwecken darf sie gepflückt werden. Jedoch mit dem Vorbehalt, dass der Baum dabei nicht beschädigt wird.

„Wer Misteln schneidet, hilft dabei, alte Streuobstbäume gesund zu halten. Damit bleiben auch die Spechthöhlen erhalten, die als Kinderstube für Gartenrotschwanz oder Steinkauz dienen“, rät Streuobstfreund und NABU-Ornithologe Stefan Bosch.

Die Beeren der Misteln sollten später allerdings besser im Hausmüll entsorgt werden, um nicht auch auf diesem Weg eine Verbreitung der Samen zu begünstigen.

B.W.-N.

Quellen: NABU, BUND

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Wiernsheim
NUSSBAUM+
Ausgabe 16/2024

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von Obst- und Gartenbauverein Wiernsheim e. V.
19.04.2024
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