Von Joachim Klaehn
Kurz zusammengefasst:
Unglaublich, aber wahr: Die MLP Academics Heidelberg stehen nach dem 92:64 (48:41) gegen die NINERS Chemnitz im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft und treffen ab Sonntag auf den FC Bayern Basketball. Damit ist zum ersten Mal seit knapp 50 Jahren wieder die Vorschlussrunde erreicht.
Vor 4.428 Zuschauern im SNP dome beenden die Kurpfälzer die Viertelfinalserie in der easyCredit Basketball Bundesliga mit 3:1. Es ist ein krachender Abschluss eines Duells, das in den ersten drei Partien sehr eng gewesen ist. Doch im vierten Vergleich mit Chemnitz setzen sich die Jansson-Schützlinge kurz vor dem Seitenwechsel erstmalig ab. Vor allem dank des Bewegungskünstlers Michael Weathers, der bereits nach zwei Vierteln 16 Punkte auf dem Konto hat und dessen wilde Entschlossenheit sich auf seine Teamkollegen überträgt.
In den Teilabschnitten drei und vier schalten die MLP Academics den Turbo ein, während dem Kollektiv von Rodrigo Pastore fast gar nichts mehr gelingt. Die NINERS brechen völlig ein, wohingegen die Hausherren über deutlich mehr Power und Energie verfügen. Schlüsselfaktor ist unterdessen die exzellente Defensive, die Heidelberg aufs Parkett zaubert. Die Academics setzen ihre Kontrahenten ständig massiv unter Druck, lassen sie damit nie richtig zur Entfaltung kommen - sieht man von den ersten 17 Minuten (35:35) ab, die auf beiden Seiten von Kampf und hektischen Aktionen geprägt sind.
Am Ende ist es ein in dieser Form nicht erwarteter souveräner Erfolg, der punkt 20.31 Uhr am Dienstagabend unter Dach und Fach ist. Die Academics-Fans singen: „Halbfinale, Halbfinale, olé, olé, olé!“ und „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“. Nach dem finalen Buzzer im SNP dome wird von Hallensprecher Kevin Gerwin die Vertragsverlängerung von Paul Zipser bis 2026 bekannt gegeben. Und es wird nochmals gejubelt – und ausgelassen gefeiert.
Zahlenspiegel:
Viertelergebnisse: 26:23, 22:18, 19:7 und 25:16. Elementarer Unterschied sind die Rebounds (50/25), gerade bei den Abprallern am offensiven Brett (17/7!) wissen die MLP Academics zu überzeugen. Zweier: 24/37 zu 15/28; Dreier: 7/27 zu 7/31; Fieldgoalquote: 48/37 Prozent; Freiwürfe: 23/35 zu 13/19; Assists: 17/10; Steals: 11/13; Turnover: 17/19.
Auffälligste Akteure:
Michael Weathers ist der beste Spieler auf dem Feld. Der Dynamo der Heidelberger macht alles und kann alles. Und wenn mal etwas schief läuft, dann holt er sich den Ball wieder. Smart spielt Kapitän Ryan Mikesell – ein selbstbewusster Leader. Das Duo wird durch Playmaker DJ Horne und Dunking-König Bakary Dibba bestens unterstützt. Darüber hinaus tragen Marcel Keßen (9 Punkte, 9 Rebounds) und Paul Zipser (11 Rebounds!) ihren Part zum süßen Erfolgserlebnis vor heimischer Kulisse bei. Im NINERS-Trikot überzeugt hingegen kein Profi so wirklich. Die Mannschaft kann nicht mehr dagegenhalten und macht aus Frust anfängerhafte Fehler. Die Chemnitzer wirkten im vierten Playoff-Match so, als ob sie nicht an sich glauben würden.
Statistiken:
MLP Academics: Weathers 24 (1 Dreier), Mikesell 19 (3), Horne 19 (1), Dibba 14 (1), Keßen 9 (9 Rebounds), Ersek 3 (1), Zipser 2 (11 Rebounds), O‘Brien 2, Würzner, Vengert, Rietsch.
NINERS Chemnitz: Yebo 12 (1), Gilyard 10 (2), Lansdowne 8, Bailey 7 (1), Jefferson 7 (2), Garrett 7 (1), Tischler 6, Bedime 4, Nkamhoua 3, Koppke (DNP), Gregori (DNP).
Statements:
„Im Vergleich zum letzten Spiel hat man diesmal auch gemerkt, dass Chemnitz schwere Beine hatte. Es war definitiv nicht das schönste Spiel und es sind einige Fehler passiert. Aber ich denke, wir haben heute Konstanz gezeigt und immer dann, wenn beide Teams irgendwie auf den Boden der Tatsachen zurückgefallen sind, haben wir ein bisschen mehr Gift gezeigt und die Kontrolle über das Spiel gewonnen. Am Ende haben wir uns immer wieder reingehängt, haben defensiv gut gespielt und ich glaube, dass Chemnitz in der zweiten Halbzeit die Energie ausgegangen ist. Jetzt sind wir unter den ersten Vier.“ – Danny Jansson, Headcoach der MLP Academics
„Ich möchte nicht nur dem Team gratulieren, sondern auch Danny Jansson und Alex Vogel. Sie haben einen großartigen Job gemacht, das Team zusammenzustellen. Ich möchte auch Matthias Lautenschläger gratulieren. Wir haben die letzten zehn Jahre gegen Heidelberg gespielt. Wir haben gesehen, wie sie sich entwickelt haben, wie sie vor 500 Zuschauern in der ProA gespielt haben, wie sie eine neue Arena bekommen haben, vor fast 4.500 Fans spielen und wie sie nach einer sehr schwierigen letzten Saison jetzt das Halbfinale erreicht haben. Ich bin nicht zufrieden damit, dass mein Team unser Ziel nicht erreicht hat. Aber da wir es nicht geschafft haben, bin ich froh, dass das Team, das es geschafft hat, Heidelberg ist. Sie verdienen das, sie wollten das und haben das über die meisten Teile der Serie gezeigt, sie wollten es mehr. Ich wünsche ihnen viel Erfolg für die nächste Serie und auch für die nächste Saison.“ – Rodrigo Pastore, Headcoach der NINERS
„Ich fasse es noch gar nicht. Die letzten Wochen waren einfach crazy. Man realisiert gar nicht, dass wir jetzt im Halbfinale stehen. Vor allem nach letzter Saison, die echt nicht gut war. Aber was wir dieses Jahr hier aufgebaut haben, ist wirklich unglaublich. Es war klar, dass es nicht einfach wird und dass wir wahrscheinlich auch ein Spiel verlieren werden. Die erste Halbzeit im letzten Spiel war einfach zu schlecht, aber wir wussten, dass wir eigentlich immer die Nase vorne hatten in dieser Serie. Wir wollten heute unbedingt den Sack zumachen, also ich glaube keiner von uns wollte nochmal nach Chemnitz fahren, weil ein fünftes Spiel ist natürlich nochmal tough. Deswegen haben wir heute nochmal alles gegeben und es hat gereicht. Es ist einfach nur geil.“ – Marcel Keßen, Center der MLP Academics
Nächstes Spiel:
Playoff-Halbfinale, 1. Juni, 1. Spiel (Sonntag, 16.30 Uhr): FC Bayern Basketball - MLP Academics Heidelberg.