Von Joachim Klaehn
Sie sind im Flow – die Jungs vom Neckar: An diesem Sonntag (16.30 Uhr/live ab 16.15 Uhr bei Dyn) beginnt die Halbfinalserie zwischen Meister FC Bayern Basketball und Außenseiter MLP Academics Heidelberg. Für die Kurpfälzer ist es eine rundum tolle Sache, sich gegen das EuroLeague-Team aus der Isarmetropole beweisen zu können. Heidelbergs „Akademiker“ haben in diesem Prestige-Duell gar nichts zu verlieren.
Verdienter Lohn
Die Jansson-Schützlinge verdienten sich das erstmalige Erreichen ins Halbfinale durch ein 3:1 im Viertelfinale gegen die NINERS Chemnitz. Im Heimspiel konnten sie durch ein souveränes 92:64 (48:41) die bisherige Saison krönen. Die Art und Weise beeindruckte – Kapitän Mikesell und Co. zermürbten die Sachsen mit ihrer Intensität. Schlüssel war einmal mehr die Defensive. Sie kontrollierten die Chemnitzer Leistungsträger über drei Viertel – brachten den Tabellenvierten der BBL-Hauptrunde dadurch völlig aus dem Rhythmus, sodass gegen Ende der immer einseitiger werdenden Partie nur noch Schaulaufen und Feiern angesagt war.
Wie gehen die Heidelberger die Serie gegen das Münchner Starensemble an? Academics-Headcoach Danny Jansson beschreibt die Konstellation aus Sicht der Universitätsstädter folgendermaßen: „Wir sind der Underdog in dieser Serie. Es ist eine gute Ausgangslage für uns, weil wir absolut nichts zu verlieren haben. Wir können uns darauf konzentrieren, Basketball zu spielen, Spaß zu haben und unsere Geschichte so lange weiterzuschreiben, wie wir können.“ Und ordnet die hochkarätige Mannschaft des Hauptrunden-Primus gleich mit ein: „Natürlich hat München große individuelle Qualität, sie sind gut gecoacht und in den Playoffs haben sie den alleinigen Fokus auf die nationale Liga. Sie haben viele Spieler mit Erfahrung. Es wird brutal schwierig, aber auf der anderen Seite muss es einen Grund geben, wieso wir so weit gekommen sind. Wir gehen in dieses Spiel, werden Spaß haben und werden nach Spiel eins analysieren, wo wir stehen.“
Im Wohnzimmer des FC Bayern
Spiel eins ist gleich ein erstes Highlight. Denn es findet dort statt, wo die erfolgsverwöhnten Bajuwaren inzwischen am liebsten agieren. In ihrem neuen Wohnzimmer fühlen sich die Roten sehr wohl. Der SAP Garden ist der wohl modernste Sporttempel in Deutschland. In der EuroLeague bekamen die Fans basketballerische Feinkost gegen Europas Crème de la Crème geboten. Der FC Bayern entschied 14 seiner insgesamt 18 Heimauftritte (inklusive das Play-In-Match gegen Roter Stern Belgrad) im „Garden“ für sich.
Dennoch reichte es am Ende nicht für die anvisierten Playoffs. Und da das Kollektiv von Headcoach Gordon Herbert sensationell im BBL-Pokal-Halbfinale gegen Final-Four-Ausrichter und Pokalsieger SYNTAINICS MBC (93:95) ausschied, bleibt dem amtierenden Meister nur noch eine Chance auf einen Titelgewinn in der deutschen Liga.
Bayern weiß um die Brisanz des David-Goliath-Duells. Zwar konnte man die Heidelberger in der regulären zweimal bezwingen – 87:59 in der SAP Arena Mannheim, 87:78 im BMW Park -, doch letztlich herrschen in den Playoffs andere Voraussetzungen. München wird eine unliebsame Überraschung unbedingt vermeiden wollen und die MLP Academics auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Gordon Herbert sagte im Laufe dieser Woche über den Kontrahenten: „Coach Danny Jansson macht einen exzellenten Job, sein Team ist eng beisammen und hat einige individuell sehr gute Spieler in den Reihen. Sie spielen gerade ihren besten Basketball, mit viel Energie und Athletik. Wichtig für uns ist, dass wir diese Woche vor allem auf uns schauen und uns konzentriert vorbereiten. Es sind dann acht Tage Pause nach unserem letzten Spiel, wir müssen also sehr fokussiert arbeiten und am Sonntag zu 100 Prozent bereit sein – es liegt an uns.“
Renaissance am Neckar
Die Renaissance des Ex-Rekordmeisters aus Heidelberg ist den Münchnern nicht entgangen. Seit dem Aufstieg 2021 der MLP Academics begegnen sich zwei Gründungsmitglieder der Bundesliga von 1966/1967 regelmäßig wieder im deutschen Oberhaus. Seitdem gab es acht Duelle, sechs davon gingen an den FC Bayern Basketball, immerhin zweimal gelang den MLP Academics jeweils eine sportliche Sensation – nämlich das 89:78 am 4. Mai 2023 in München und das 89:82 am 21. April 2024 in Mannheim.
Paul Zipser und Erol Ersek mit FCB-Vergangenheit
Zwei der aktuellen Heidelberger Profis besitzen eine Bayern-Vergangenheit: Da ist insbesondere Paul Zipser zu nennen, der sich in den vergangenen Wochen enorm steigerte und jüngst seinen Kontrakt bis 2026 verlängerte. Und auch der ehemalige FCBB-Youngster Erol Ersek durchlief die Schule des Vorzeigeklubs, der 2024/2025 über den am tiefsten besetzten Kader aller 17 Erstligisten verfügt und deshalb zurecht von allen anderen Klubs auf den Favoritenschild gehoben wird.
Auf dem Papier können die Korbjäger von ratiopharm ulm dem vermeintlichen „Überflieger“ am ehesten Paroli bieten, insofern sind auch die Rollen im anderen Halbfinale zwischen den „Uuulmern“ und den FIT/One Würzburg Baskets (3:2 in der Serie gegen die Basketball Löwen Braunschweig) relativ klar verteilt.
Kurzum: Der FC Bayern Basketball ist hinreichend vor den Emporkömmlingen der MLP Academics gewarnt – und die MLP Academics fühlen sich wie die wehrhaften Gallier aus einem berühmten Dorf, das der römischen Übermacht Widerstand leistet. Bei Bedarf gibt es für Asterix und dessen Kumpane Zaubertrank. Mal schauen, was sich „Druide“ Danny Jansson zusammenbraut …
Fernsehen:
Die Partie wird ab 16.15 Uhr live bei Dyn übertragen.