Montbéliard benennt Straße nach Holocaust-Überlebendem Pierre-Michel Kahn
Bürgermeisterin Andrea Schwarz spricht bei der Ehrung in der französischen Partnerstadt
Bürgermeisterin Andrea Schwarz war am vergangenen Samstag, 6. September, in Ludwigsburgs französischer Partnerstadt Montbéliard bei einer Ehrung für den Holocaust-Überlebenden Pierre-Michel Kahn dabei. Im neuen „Quartier des Hauts du Près-la-Rose“ wurde eine Straße nach dem fast 93-Jährigen benannt. Auch in Frankreich ist es unüblich – und damit eine besondere Ehre – wenn Straßen nach noch lebenden Personen benannt werden.
Pierre-Michel Kahn war im Mai dieses Jahres anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft in Ludwigsburg zu Gast. Dort erzählte er bei einer Veranstaltung im Kulturzentrum seine Geschichte: Er stammt aus einer jüdischen Familie in Montbéliard. Im Jahr 1944 wurde er auf Befehl des Vichy-Regimes gemeinsam mit seinen Eltern ins Gefängnis gebracht. Von dort wurden seine Eltern nach Auschwitz deportiert und ermordet. Er selbst konnte durch den Einsatz einer im Widerstand tätigen Bürgerin Montbéliards, Lou Blazer, aus dem Gefängnis befreit werden.
Bei der Ehrung am vergangenen Wochenende erzählte er in sehr bewegender Weise, dass er sich noch genau daran erinnert, wie die Männer an die Tür klopften und sie beinahe einschlugen. Wie die jüdischen Familien wie Schwerverbrecher ins Gefängnis gebracht wurden, darunter vier kleine Mädchen. Und wie seine Eltern ihm, dem elfjährigen Jungen, zuredeten und am Ende befahlen, mit der fremden Frau, Lou Blazer, mitzugehen. Es war das letzte Mal, dass er seine Eltern gesehen hat.
Neben Pierre-Michel Kahn und Montbéliards Bürgermeisterin Marie-Noëlle Biguinet sprach auch Andrea Schwarz bei der Straßenbenennung. In ihrer Rede auf Französisch würdigte sie Pierre-Michel Kahn als engagierten Vermittler der Geschichte. Seine Berichte seien eine lebendige Mahnung und ein unverzichtbarer Beitrag für ein künftiges Miteinander in Frieden und Vielfalt.
„Die Städtepartnerschaft zwischen Montbéliard und Ludwigsburg ist ein Symbol für Versöhnung und gemeinsames Engagement, aus der Geschichte zu lernen und eine friedliche, respektvolle Zukunft zu gestalten“, so Schwarz. „Wir als deutsche Stadt haben ein besonders großes Maß an Verantwortung, das Erinnern an die Opfer des Holocausts aufrechtzuerhalten und uns für eine Zukunft der Toleranz einzusetzen.“
Daher freue sich die Stadt Ludwigsburg sehr auf Pierre-Michel Kahns erneuten Besuch im November anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht. Dieses Treffen werde die Erinnerungskultur weiter stärken.
Andrea Schwarz betont: „Ich bin sehr dankbar für die Einladung zur Ehrung für Pierre-Michel Kahn. Es ist keine Selbstverständlichkeit, an einem solchen Tag als Vertreterin einer deutschen Stadt neben ihm zu stehen und sprechen zu dürfen. Sein Einsatz für Frieden, Menschlichkeit und Respekt sind beispielgebend. Ich bewundere ihn sehr für sein Engagement und seine menschliche Größe.“