
Im Rahmen der Reihe „Museum frei Haus – Kultur da, wo Du bist“ präsentiert das Museum der Stadt Schwetzingen im November ein ungewöhnliches Erinnerungsstück aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs: eine bemalte Schießscheibe zum Lehrlings-Abschlussschießen des Reichsbahnausbesserungswerks Schwetzingen vom 10. September 1940.
Auf den ersten Blick wirkt das Objekt mit seiner grünen Landschaft und den vier bunten Fasanen wie ein harmloses Jagdmotiv. Doch die rund 20 Einschusslöcher, versehen mit den Namen der Schützen, erzählen eine andere Geschichte – die eines Ausbildungsabschlusses junger Lehrlinge inmitten der Kriegsjahre.
Das Reichsbahnausbesserungswerk, kurz R.A.W., war damals der größte Arbeitgeber Schwetzingens. Über 1.000 Beschäftigte arbeiteten hier an der Instandsetzung von Lokomotiven und Güterwaggons. Auch zahlreiche junge Männer erhielten dort eine handwerklich-technische Ausbildung – zu einer Zeit, in der selbst berufliche Rituale wie das sportliche Schießen zunehmend in den Dienst der nationalsozialistischen Gemeinschaftsideologie gestellt wurden.
Mit dem Namen des besten Schützen, Eduard Kurz, festgehalten am unteren Rand, wurde das Stück zu einer Art Erinnerungsmedaille in Scheibenform. Die Schießscheibe erinnert heute an die enge Verflechtung von Arbeit, Freizeit und Propaganda im Schwetzingen der 1940er Jahre – und an eine Generation junger Menschen, die in einer von Krieg und Ideologie geprägten Welt ihren Berufsweg begann. Zu sehen ist das „Objekt des Monats“ übrigens in der Stadtbibliothek Schwetzingen. Die Kooperation von „Museum frei Haus“ und Bibliothek bringt Geschichte sichtbar in den Alltag, zentral, kostenfrei und für alle zugänglich.
„Museum frei Haus – Kultur da, wo Du bist“ bringt während der Umbauphase des Karl-Wörn-Hauses spannende Objekte, Aktionen und Geschichten direkt zu den Menschen – auf Märkte, in Schulen und an öffentliche Orte. Denn Geschichte gehört nicht nur ins Museum, sondern mitten ins Leben. Weitere Informationen unter: www.visit-schwetzingen.de/museum-frei-haus. (red)