Mutiger Pfarrer aus Erligheim

Samuel Döring, evangelischer Pfarrer in Erligheim, sorgte dafür, dass das Dorf am Ende des 2. Weltkriegs nicht zerstört wurde Von Cosima Kroll Erligheim...
Pfarrer Samuel Döring (links) mit Konfirmandinnen und Konfirmanden und Lehrer August Holder (rechts) um 1910
Pfarrer Samuel Döring (links) mit Konfirmandinnen und Konfirmanden und Lehrer August Holder (rechts) um 1910Foto: Kroll

Samuel Döring, evangelischer Pfarrer in Erligheim, sorgte dafür, dass das Dorf am Ende des 2. Weltkriegs nicht zerstört wurde

Von Cosima Kroll Erligheim hat es dem von 1909 bis 1951 ohne Unterbrechung amtierenden Seelsorger Samuel Döring zu verdanken, dass es von den anrückenden Alliierten nicht zerstört wurde.

Dank einer geschickten Taktik sorgte Döring zunächst dafür, dass sich keine SS-Truppen in der Gemeinde verschanzen konnten, wodurch eine Bombardierung Erligheims verhindert wurde. Durch seine Französischkenntnisse war es ihm später möglich, als Vermittler zwischen den französischen Besatzern und den Einwohnern Erligheims zu dienen. Da er gut Französisch sprach, wurde er von der französischen Kommandantur respektiert und konnte so eine humane Behandlung der Erligheimer Bürgerinnen und Bürger erreichen.

Samuel Döring selbst schreibt in seinen eigenen Aufzeichnungen, die er als Chronik für das Dekanat Besigheim anfertigte, dass am Nachmittag des 8. April 1945 zwei Soldaten in das Pfarrhaus kamen, um ihn zu befragen. Sie wollten von dem Erligheimer Seelsorger wissen, ob er Waffen besaß und welchen Beruf er ausübte. Als sie von ihm erfuhren, dass er Pfarrer sei, entfernten sie sich wieder unter höflichen Entschuldigungen. Einige Tage später wurde er zum Ortskommandanten bestellt und bekam dort den Auftrag, eine Bürgersammlung einzuberufen, um nach der Flucht des bisherigen Bürgermeisters einen neuen zu wählen.

Doch nicht nur in der Nachkriegszeit erfreute sich der Erligheimer Pfarrer Samuel Döring großer Beliebtheit. Während seiner gesamten Amtszeit wurde er sowohl in Erligheim als auch in den benachbarten Gemeinden sehr geschätzt. Während des Krieges betreute er neben seiner eigenen Gemeinde aushilfsweise auch die evangelischen Gemeinden in Freudental, Löchgau, Hofen, Kirchheim und Gemmrigheim. Man sah ihn deshalb während dieser Zeit fast nur auf dem Fahrrad – seinem damals einzigen Fortbewegungsmittel. Doch nicht nur wegen seines unermüdlichen seelsorgerischen Einsatzes war der Erligheimer Pfarrer beliebt, sondern auch wegen seines freundlichen Umgangs mit den Mitmenschen. Ganz egal, wer zu ihm mit Sorgen und Nöten kam, fand Verständnis, Rat und Trost. Stets hatte er ein offenes Ohr und fand die richtigen Worte und zur Freude der Kinder trug er immer eine Kasperlepuppe in seiner Jackentasche, mit der er die Kinder zum Lachen brachte.

Über seine seelsorgerische Tätigkeit hinaus engagierte sich der Erligheimer Pfarrer nicht nur für die Kirchengemeinde, sondern auch für die bürgerliche Gemeinde. Die erste große Renovierung der Erligheimer Kirche in den Jahren 1912 und 1913 fiel in seine Schaffensperiode. Und wenn es an einem Organisten mangelte, dann sprang der musikalische Pfarrer kurzerhand selbst ein und setzte sich während der Gottesdienste an die Orgel. Zu verdanken sind ihm auch die akribisch angefertigten Aufzeichnungen zur Erligheimer Ortsgeschichte, die auch heute noch wertvolle Hinweise geben. Kurz vor Vollendung seines 90. Lebensjahres starb er schließlich 1968 nach kurzer Krankheit. Es ist also nicht verwunderlich, dass zur Erinnerung an diesen engagierten Seelsorger die Tagespflegeeinrichtung, die in direkter Nachbarschaft zum ehemaligen Pfarrhaus 2005 in Erligheim eröffnet wurde, den Namen Samuel Dörings trägt.

Ein weiterer großer Name, nämlich der von August Holder, ist mit der Geschichte Erligheims untrennbar verbunden. Heute kennen die meisten Erligheimer den Namen nur in Verbindung mit der gleichnamigen Straße und der nach ihm benannten August-Holder-Halle. August Holder übte wie bereits sein Vater das Lehrerhandwerk aus. 1893 trat er seine Arbeitsstelle in Erligheim an. Über seinen Beruf als Lehrer hinaus fand er Freude an der schwäbischen Volksdichtung und an der Ortsgeschichtsschreibung – beides ließ ihn zum Schriftsteller werden. Sein Hauptwerk „Die Geschichte der schwäbischen Dialektdichtung“, veröffentlichte er 1896. Drei Jahre später folgte unter anderem ein schwäbisches Sing- und Vortragbuch unter dem Titel „Alleweil vergnügt“. Sein Hauptaugenmerk legte er jedoch auf die Ortsgeschichtsschreibung. Hier trug er unermüdlich Ereignisse, Geschichten und Erzählungen durch Nachforschen und Befragen zusammen. August Holder interessierte sich jedoch nicht nur für die Geschichte der Gemeinde Erligheims, sondern auch für die des Zabergäus. So kam es im Dezember 1899 zur Gründung des heute noch bestehenden Zabergäuvereins in Güglingen. August Holder wurde zum Schriftführer gewählt und übte dieses Amt bis zu seinem Tode aus.

In den vierteljährlich erscheinenden Ausgaben des Zabergäuvereins veröffentlichte er selbst Aufsätze und Arbeiten. Auch im Ruhestand war der rührige Lehrer weiterhin als Heimatforscher tätig und hielt den Zabergäuverein während des Ersten Weltkriegs am Leben. Bis zu seinem Tod im Jahr 1918 war er verwurzelt in der schwäbischen Heimat und stolz, Schwabe zu sein. Folgerichtig hängt denn auch im Foyer der nach ihm benannten Gemeindehalle ein Bild von ihm mit der Widmung: „Zu sein ein Schwabe/Ist auch eine Gabe“.

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Ausgabe 21/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
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