NUSSBAUM Trainerschule

Mythos Ausdauertraining im Jugendtraining

„Ausdauertraining im Kinder- und Jugendbereich – neu gedacht: spielerisch, altersgerecht und wissenschaftlich fundiert.“
Ein Junge dribbelt mit seinem Ball zwischen vielen Hütchen
Junge beim Ausdauertraining im FußballFoto: Anpfiff ins Leben/Simon Hofmann

Einleitung

Ausdauertraining gilt im Kinder- und Jugendtraining seit Jahrzehnten als unverzichtbares Fundament. Es gibt kaum einen Trainer, der nicht irgendwann auf lange Dauerläufe oder die berüchtigten Waldläufe zurückgegriffen hat. Doch mittlerweile ist bekannt, dass dieser Ansatz längst überholt ist. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – und ihr Körper reagiert völlig anders auf Belastungen. Ihr Herzschlagvolumen ist geringer, die Atemökonomie noch nicht ausgereift und die Energiebereitstellung erfolgt fast ausschließlich aerob. Hinzu kommt, dass Motivation und Spaß zentrale Faktoren sind: Monotone Belastungen führen häufig zu Demotivation oder gar zu einem frühen Drop-out aus dem Sport. Ein modernes Ausdauertraining für Kinder und Jugendliche muss deshalb abwechslungsreich, spielerisch und entwicklungsorientiert gestaltet sein.

Waldläufe auf dem Prüfstand

Ein besonders geeignetes Beispiel ist der klassische Waldlauf. Über Jahrzehnte war er das Sinnbild für Grundlagenausdauer, heute aber passt er kaum noch zu den Bedürfnissen junger Athleten. Monotones Laufen durch den Wald fördert weder Motivation noch Bewegungseffizienz. Der Wald selbst hingegen bleibt ein idealer Erlebnisraum – besonders für Jüngere: Staffelläufe über Wurzeln und Hügel, Orientierungsspiele mit kleinen Ausdauerintervallen oder Hindernisparcours verbinden Naturerlebnis und Bewegung. Für ältere Jugendliche gilt dagegen: Die sportartspezifische Fitness lässt sich meist besser direkt auf dem Platz oder in der Halle entwickeln – angepasst an die jeweilige Disziplin.

Wissenschaftliche Perspektive: Was die Forschung sagt

Wissenschaftliche Erkenntnisse stützen diese Perspektive. So zeigt Rowland (2005), dass Kinder zwar über eine beachtliche aerobe Kapazität verfügen, die anaerobe Leistungsfähigkeit jedoch deutlich eingeschränkt ist. Längere hochintensive Dauerbelastungen sind daher weder effizient noch sinnvoll. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Entwicklung koordinativer Fähigkeiten. Malina et al. (2004) betonen, dass gerade im Kindesalter das neuronale Anpassungspotenzial besonders hoch ist. Das bedeutet: Bewegungsabläufe, Laufökonomie und technische Fertigkeiten lassen sich hier besonders effektiv schulen. Trainer können diesen Vorteil nutzen, indem sie Ausdauerbelastungen mit koordinativen Elementen verbinden – etwa durch Lauf-ABC, kleine Parcours oder Ballspiele mit wechselnden Anforderungen. So entsteht nicht nur eine verbesserte Ausdauer, sondern auch eine solide motorische Basis, die später jede sportartspezifische Technik erleichtert.

Altersgerechte Unterschiede: Erlebnis vs. Leistung

Nicht jedes Kind profitiert gleichermaßen von denselben Trainingsformen. Bei jüngeren Kindern (bis ca. 12 Jahre) steht das Erlebnis im Vordergrund. Ein Waldlauf kann hier Sinn machen – nicht als monotones „Kilometerfressen “ , sondern als Abenteuer mit Naturhindernissen, Orientierungselementen oder Schatzsuchen. Der Reiz der Umgebung unterstützt Motivation und Kreativität. Bei älteren Jugendlichen hingegen, die bereits leistungsorientierter trainieren, sollte Ausdauertraining stärker in sportartspezifische und spielerische Formen überführt werden. Das können Intervallspiele, Spielformen mit Ball oder Wettkämpfe in Kleingruppen sein. So wird die Grundlagenausdauer geschult, ohne dass Monotonie oder Motivationsverlust entstehen.

Die passende Übung macht den Unterschied

Gerade bei jüngeren Kindern eignen sich Fangspiele, Parcours oder Abenteuerläufe besonders gut. Mit etwa zehn Jahren befinden sich Kinder im sogenannten ersten goldenen Lernalter, in dem sie Bewegungen besonders leicht aufnehmen und variantenreich umsetzen können. So lässt sich spielerisch eine große Bewegungsvielfalt fördern. Bei älteren Sportlern sollten kurze intensive Spielformen eingebaut werden, um die anaerobe Ausdauerfähigkeit zu verbessern. Es können aber auch Staffel- oder Intervallläufe, genauso wie Spielformen mit Ausdauercharakter genutzt werden.

Fazit: Ausdauer neu denken

Wer Ausdauertraining im Kinder- und Jugendalter neu denkt, legt den Grundstein für leistungsfähige und vor allem begeisterte Sportler von morgen. Trainer sollten hierbei auf die Wissenschaft hören – und aus Ausdauertraining ein Erlebnis machen, das motiviert, stärkt und nachhaltig wirkt. Ob Halle, Platz oder Wald: Entscheidend ist, wie kreativ Trainer die Inhalte vermitteln, wie sehr sie koordinative Reize einbauen und ob die Kinder Freude an Bewegung entwickeln. Denn genau diese Freude ist die Basis für jede sportliche Entwicklung.

Good to know

Aerobe Ausdauer ermöglicht langanhaltende Belastungen, da die Energie durch eine vollständige Sauerstoffversorgung bereitgestellt wird. Anaerobe Ausdauer hingegen kommt bei kurzen, intensiven Belastungen zum Einsatz, wobei die Energie ohne ausreichende Sauerstoffzufuhr über Laktatbildung gewonnen wird (vgl. Weineck, 2007).

Quellen

  • Bailey, R. et al. (2009). Physical activity as an investment in personal and social change: the human capital model. Journal of Physical Activity & Health, 6(1), 1–16.
  • Malina, R. M., Bouchard, C., & Bar-Or, O. (2004). Growth, Maturation, and Physical Activity. Human Kinetics.
  • Rowland, T. W. (2005). Children ’ s Exercise Physiology. Human Kinetics.
  • Weineck, J. (2007). Optimales Training. Spitta.

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