Er ist der 1. Vorsitzende der Freien Wähler Neckargemünd, sitzt seit 2014 im Gemeinderat und führt ein IT-Unternehmen: Steffen Wachert. „Ich wurde tatsächlich schon öfter gefragt, warum ich freiwillig und unentgeltlich die öffentliche Toilette am Neckarlauer putze. Die Antwort ist einfach: Ich bin überzeugt, dass es für ein lebendiges und schönes Neckargemünd mehr braucht als politische Reden und Anträge. Es braucht Menschen, die anpacken. Und wenn jeder nur ein kleines bisschen beiträgt, lässt sich schon viel bewegen.“
Die „Neckarfrische“ – wie der Bereich am Neckarlauer inzwischen liebevoll genannt wird – sei ein besonderer Ort geworden. „Ein Treffpunkt für Junge und Alte, für Touristinnen und Einheimische, für Kaffeetrinker, Radfahrer, Wartende und Feierabendgenießer.“ Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Tätigkeit? „Als Gemeinderat möchte ich Vorbild sein. Ich nehme mir jeden Tag etwa 20 bis 30 Minuten, um die Toilette zu reinigen. Mein Büro ist nur zwei Minuten entfernt – das lässt sich gut in den Alltag integrieren. Die Reinigungsutensilien habe ich selbst besorgt, das Verbrauchsmaterial wie Seife, Toilettenpapier und Handtücher stellt die Stadt. Auch die Mülleimer leere ich täglich – damit nichts überquillt – und führe den Inhalt zur Mülltonne neben dem Häuschen, die regelmäßig von der Stadt geleert wird.“
Das ist noch nicht alles: „Darüber hinaus kümmere ich mich um den gesamten Aufenthaltsbereich: Ich stelle morgens die Sonnenschirme auf und mache sie abends wieder zusammen, richte die Liegestühle ordentlich aus und räume sie bei Bedarf auf – denn der Platz wird deutlich besser genutzt, wenn er einladend vorbereitet ist. Besonders freut mich, dass ich mit diesem Engagement nicht allein bin: Inzwischen sind wir zu sechst, die sich regelmäßig um die ‚Neckarfrische‘ kümmern.“ Die kleine Gruppe tauscht sich regelmäßig über eine WhatsApp-Gruppe aus.
„Wenn morgens mal der Steinstrand abgespritzt werden muss, übernimmt das Claudia Blender – sie wohnt gleich nebenan.
Wenn ein Stuhl kaputt ist oder etwas repariert werden muss, ist Peter Schnurr sofort zur Stelle.“ Schnurr habe auch neulich kurzerhand einen Baum, der nach einem Sturm umgestürzt ist, zersägt und so hingelegt, dass die Stadt ihn problemlos abholen konnte. „Jochen Karl hilft regelmäßig und zuverlässig, wenn etwas gebraucht wird“, lobt Wachert weiter die Teamarbeit, die zum Nachahmen einlädt.
Wachert habe das Ganze bewusst nicht an die große Glocke gehängt, „weil es in Neckargemünd viele andere Menschen gibt, die sich still und ehrenamtlich einbringen, ohne je genannt zu werden. Ich finde, wir sollten in unserer Stadt insgesamt mehr Augenmerk auf dieses oft unsichtbare Engagement legen – egal ob im sozialen Bereich, in der Nachbarschaft, im Verein oder eben bei der Gestaltung öffentlicher Plätze.“
„Ganz wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch zu sagen: Die Stadt Neckargemünd hat auf Antrag des Gemeinderats finanzielle Mittel im Haushalt bereitgestellt, um bei Bedarf eine professionelle Reinigung zu beauftragen. Bürgermeister Jan Seidel hat mir auch sehr deutlich signalisiert, dass ich jederzeit aufhören kann – das ist also kein Muss. Im Moment aber macht es mir nichts aus, es stört mich nicht in meiner Arbeit – im Gegenteil. Diese 20 bis 30 Minuten raus aus dem stressigen IT-Alltag sind oft die beste Zeit des Tages.“ Auch, weil Wachert dadurch mit Menschen ins Gespräch komme, die er sonst nie oder nur selten in Ruhe treffen würde.
„Anfangs waren einige der umliegenden Gastronomen dem Toilettenhäuschen eher skeptisch gegenüber eingestellt. Inzwischen sagen viele, dass es eine echte Entlastung ist – gerade morgens, wenn viele Radtouristen unterwegs sind. Statt in die Gaststätten zu gehen, nutzen sie nun das Häuschen.“ Den Vergleich mit der großen Nachbarstadt brauche Neckargemünd übrigens nicht zu scheuen; so meint Wachert mit einem Augenzwinkern: „Wir brauchen keine Tonnen Sand wie Heidelberg, um unseren Neckarlauer gemütlich zu machen – unsere alten Sandsteine tun’s auch. Und die Reinigung fällt dadurch gleich viel leichter.“