In der gut besuchten Turnhalle der Hebelschule, dort, wo sonst die Grundschüler sportlich aktiv ihre Schulstunden verbringen und Mitglieder der Sportgemeinde abends trainieren, fand am vergangenen Sonntag der diesjährige Neujahrsempfang von Stadtverwaltung und Verkehrsverein statt. Für den Verkehrsverein übernahm die Vorsitzende Jutta Böhler die offizielle Begrüßung der Ehrengäste und der zahlreichen Hemsbacherinnen und Hemsbacher. Die Grüße der Verwaltung und des Stadtrates übernahm Bürgermeister Jürgen Kirchner, der in seiner teilweise sehr emotionalen Rede das abgelaufene Jahr Revue passieren ließ und Ziele für die Zukunft formulierte.
Bevor der Rathauschef das Mikrofon übernahm, traten die Weinhoheiten an das Rednerpult. Weinkönigin Svenja I. und ihre Prinzessinnen Larissa und Melina erzählten launig über ihre Regentschaft im vergangenen Jahr, erinnerten sich an ihre bisher über 20 Termine mit dem für sie wohl beeindruckendsten Besuch des Festes in Groß-Umstadt. Aber auch in Hemsbach hatten sie zahlreiche Möglichkeiten der Mitgestaltung. Für Weinkönigin Svenja I. gab es einen besonderen Höhepunkt, als ihr Bruder Nils vom Kerwe- und Heimatverein sich den Kerweparre bei einer Bühnenshow „erspielt“ hat.
In seinem Rückblick auf das abgelaufene Jahr ging Rathauschef Kirchner auf die Ereignisse in der Welt ein: Kriege auf der ganzen Welt, Klimawandel und Klimakatastrophen sorgten für eine dauerhafte Krisenstimmung: „Es war in weiten Teilen eine Achterbahnfahrt der Eindrücke.“ Kirchner nannte das „vergangene Jahr auch ein äußerst problematisches Wahljahr“. Nicht nur die Europawahl mit Siegen rechter Parteien in europäischen Ländern, die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg: „Die Demokratie gerät unter Druck.“ Hinzu kommt das Wahlergebnis in den USA mit dem Sieg von Donald Trump: „Das lässt nichts Gutes erwarten.“ Bürgermeister Kirchner erwartet für die kommenden Jahre als eine der größten Aufgaben, die Demokratie zu bewahren. Besonderer Handlungsbedarf besteht bei den Kommunen, „denn sie sind die Heimat der Demokratie“. In Hemsbach, so Kirchner, wurde einiges unternommen, um eine starke Demokratie zu erhalten. Die Demonstration mit über 500 Teilnehmern gegen Rechts oder die Aktivitäten des Fördervereins Ehemalige Synagoge, der im letzten Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feierte, alles das beweist, dass Hemsbach für ein starkes „Nie wieder ist jetzt“ eintritt.
Hemsbach erfüllt mit der Aufnahme von Menschen auf der Flucht eine kommunale Pflichtaufgabe, die von vielen Ehrenamtlichen unterstützt wird. Zwischenzeitlich sind die Möglichkeiten für eine dezentrale Unterbringung erschöpft. Ein Beschluss des Gemeinderates hat die Möglichkeit, eine Containersiedlung aufzubauen, verhindert. „Ein Dach über dem Kopf ist aber Voraussetzung für erfolgreiche Integrationsarbeit“, stellt Kirchner fest und erklärt, dass in Hemsbach viele hauptamtliche und ehrenamtliche Kräfte unermüdlich im Einsatz dafür sind.
„Wir sind nicht auf Rosen gebettet“, beschreibt Kirchner die Haushaltssituation, hat aber dennoch die gute Nachricht, dass der diesjährige Haushalt aus „heutiger Sicht“ ohne Kreditaufnahme auskommen wird. Dennoch fordert er Bund und Land auf, nicht die vielen Förderprogramme aufzulegen, die nur die Kommunen belasten: „Stattet die Kommunen so aus, dass sie handeln können – wir wissen vor Ort am besten, wie wir das Geld sinnvoll einsetzen.“ Im vergangenen Jahr wurden die Teilsanierung der Goetheschule, Sanierung einiger Ortsstraßen und die Bachverdolung in der Bachgasse durchgeführt. Eine Million Euro werden Baumaßnahmen kosten, um den Bahnhof barrierefrei zu machen, die Feuerwehr wird ein neues Löschfahrzeug erhalten und die Hans-Michel-Halle wird zum Teil saniert. Am Wiesensee wird es einige Maßnahmen geben. Dazu gehören Einbau einer Wärmepumpe am Gewöhnungsbecken und Montage von Sitzgelegenheiten im Bereich der Duschen.
In Sachen Betreuung hat sich im vergangenen Jahr eine deutliche Entspannung ergeben. Mit der Eröffnung des „Zwergenhauses“ und der Einrichtung einer neuen Waldgruppe konnten weitere Betreuungsplätze geschaffen werden. Das „Regenbogenland“ hat im letzten Jahr mit einem Sommerfest seinen 50. Geburtstag gefeiert und eine neue Leitung erhalten.
Hemsbach hat im letzten Jahr ein Integriertes Klimaschutzkonzept verabschiedet, als Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe für Klimaschutzaktivitäten. Entsiegelung von Flächen, dafür mehr Grün und Bunt helfen, das Klima zu verbessern. Da hat die Stadt einiges verändert: mehr Stauden halten Einzug und neue Baumpflanzungen wurden vorangetrieben. „Für die bisherigen klimafreundlich gestalteten Maßnahmen wurden wir vom Baden-Württemberger Verkehrsministerium als ´Straßenoase 2024´ ausgezeichnet“, erklärte Kirchner.
Zukünftig werden mit Photovoltaikkomponenten etwa 1.000 Quadratmeter Parkplatzfläche am Wiesensee überdacht, um saubere Stromerzeugung zu nutzen.
Nach einer langen Wartezeit ist entschieden, dass auf dem Minera-Gelände am westlichen Ortseingang neben der bestehenden Tankstelle und Waschanlage eine Bäckerei mit Drive-In-Schalter entstehen wird. Auch in der Gastronomie gab es Veränderungen. Mit der „Auszeit“ beim TC65, dem „Noah“ am Wiesensee, dem „Hermannshof“ in der Hüttenfelder Straße, sowie dem „Strammen Max“ und „Tines Café“ im alten Ortskern hat sich das Angebot vergrößert. Dagegen wurde der renommierte Watzenhof geschlossen. Mit dem Glasfaserausbau wird derzeit an einer der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen gearbeitet.
Unmut gab es bei den Bürgermeistern von Hemsbach und Laudenbach: die mutwillige erneute Zerstörung und Beschädigung des Jugendplatzes finden kein Verständnis, „sie machen wütend und traurig zugleich“: „Mit grenzenloser Dummheit ist das doch nicht zu erklären.“
Bürgermeister Kirchner wollte nicht nur mahnen, fordern und Unmut äußern, „denn es gibt auch viel Positives zu berichten“. Dazu gehören die vielen Menschen, die sich in Vereinen, Initiativen, in den Hilfsorganisationen und sozialen Einrichtungen vorbildlich engagieren: „Ohne den Einsatz der ehrenamtlichen Aktiven wäre unser Leben um einiges ärmer“. Kirchner stellte ein großes Engagement in Hemsbach fest, um die Stadt lebens- und liebenswert zu machen. Das zeugt für ihn von einem besonderen Zusammenhalt. Das ist etwas, was er in den sozialen Medien vermisse. Da werden Entscheidungen des Gemeinderates kritisiert oder verurteilt. Kirchner fordert dazu auf, nach Fakten zu urteilen und dann eine Meinung zu bilden: „Gehen wir hier mit gutem Beispiel und als Vorbilder voran.“ Vorbilder waren es auch, die im letzten Jahr gestorben sind: Volker Pauli, der für 24 Jahre die Geschicke seiner Heimatstadt leitete, Alt-Stadtrat Rainer Schulz-Bauerhin, Walter Gauch, bekannt als „Mister Wassergymnastik“ und Alfred Lohrbächer, tragende Säule des Männergesangsvereines Liederkranz.
Die Gestaltung des musikalischen Rahmenprogramms übernahmen Petra Arnold-Schultz und Jürgen Schultz, bekannt als Duo „Die Schultzes“ aus Weinheim. Mit Gitarre und Kontrabass stimmten sie mit ihrer Musik auf das Jahr 2025 ein. Dank richtet Bürgermeister Jürgen Kirchner abschließend „an alle, die sich an der Vorbereitung für diesen Empfang beteiligt haben“. Es folgte ein von Rathausmitarbeiterin Heike Pressler zusammengestellter Jahresrückblick als Lichtbildvortrag. (bn)