Müde setzte ich mich auf meine beiden Eier. Es waren die ersten dieses Jahr, aber schon das siebte Paar in meinem kurzen Leben. Mein Partner war auf Futtersuche gegangen, während ich unsere Eier wärmte und kurz wegdöste. Die Stimmen der Menschen wurden zu einem leisen Rauschen im Hintergrund, bis eine davon plötzlich ganz nah kam. Erschrocken riss ich die Augen auf und plusterte mein graues Gefieder gekonnt auf – ich musste meine Eier unbedingt beschützen!
Unerschrocken von dem bisschen Plustern griff ich ins Nest und auch als die Taube anfing, mich zu schlagen, ließ ich mich nicht davon beirren. Nach ein paar Minuten war die Prozedur vorbei und ich hielt erleichtert zwei weitere Taubeneier in meiner Hand. Wenn sie doch nur wüsste, warum ich ihr das antun musste. Ich wollte nur das Beste für sie, so wie für die zahlreichen anderen Tauben, deren Eier mein Verein und ich schon erfolgreich getauscht hatten. Würde die Taube mich verstehen, würde ich es ihr vermutlich wie folgt erklären:
Vor tausenden von Jahren, als der Nutzen der Tauben für den Menschen relevant wurde, sei es als Nahrungsmittel, Dünger oder Kommunikationsmittel, begannen sie, die Tiere zu domestizieren. Über Jahrtausende hinweg züchteten sie ihnen einen Brutzwang an, der die Tauben dazu brachte, bis zu achtmal über das ganze Jahr verteilt zu brüten. Die Spuren dieser Zucht sind auch heute noch sichtbar, wenn man durch die Straßen geht und überall dort Tauben entdeckt, wohin das Auge reicht. Nur einen Ort sieht man eher selten – ein Taubennest mit Eiern. Als Nachfahren der Felsentaube sucht sich auch die Stadttaube steinähnliche Brutstätten und Nischen, um mit ein paar Stöckchen ein Nest zu bauen. In Städten wimmelt es nur so von derartigen Plätzen. Wenn wir mal das Glück haben, ein Nest zu finden, sind wir immer mit Eiattrappen aus Plastik ausgestattet, die wir den Tauben unterjubeln. Dabei müssen wir jedoch beachten, dass die Küken in den Eiern noch nicht zu weit entwickelt sind, was wir durch Durchleuchten der Eier mittels einer speziellen Lampe feststellen können. Sind sie das nicht, können wir unsere Eiattrappen in das Nest legen und die Taubeneier mitnehmen – so einfach kann man zwei sonst leidgefüllte Leben verhindern und die Brut der Tauben unterbrechen. Die Taubeneltern merken übrigens nicht, dass es Attrappen sind, und so bleibt unser Vorgehen erfolgreich.
Unser Ziel ist es, betreute Taubenschläge in Ettlingen zu errichten, in denen die Stadttauben versorgt und medizinisch überwacht werden. Da dann viele Tauben gesammelt im Schlag leben und dort überwiegend brüten werden, wäre es uns möglich, regelmäßig Eier auszutauschen und damit die Taubenpopulation tierschutzgerecht und nachhaltig unter Kontrolle zu halten.
Übrigens: Das mutwillige Entfernen oder Zerstören von Nestern brütender Tauben ist gesetzlich verboten. Bei Wildtauben ist sogar der Austausch der Eier nicht erlaubt, da sie unter Naturschutz stehen. Wenn ihr ein Taubennest entdeckt, sei es bei euch oder irgendwo anders, zögert nicht, uns Bescheid zu geben. Handelt es sich mit Sicherheit um eine Stadttaube, unterstützen wir euch gerne beim Eiertausch.
Könnt ihr euch auch vorstellen, uns persönlich zu unterstützen? In unserem Verein gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Mithilfe. Meldet euch gerne unter stadttaubenhilfeettlingen@gmail.com oder telefonisch unter 01575 5598131. Weitere Informationen findet ihr auch auf unserer Homepage www.stadttaubenhilfe-ettlingen.de.