
Im Mittelalter und bis in die frühe Neuzeit war in vielen Teilen Europas der 6. Dezember der Tag, an dem Kinder Geschenke oder Süßigkeiten erhielten. An diesem Tag wird bis heute des Heiligen Nikolaus von Myra gedacht, der der Überlieferung nach als besonders wohltätiger Bischof galt. Die Kinder sollten durch die Geschenke an die Heiligenverehrung herangeführt werden.
Doch diese prominente und beliebte Rolle, die man dem Heiligen Nikolaus zugeschrieben hatte, verlor im Verlauf der Reformation stark an Bedeutung. Grund war, die strikte Ablehnung der Heiligenverehrung durch die Reformatoren.
Besonders Martin Luther wird eine zentrale Rolle bei der Abschaffung des Heiligen Nikolaus als Gabenbringer zugeschrieben. Er ersetzte ihn auch in seinem eigenen kinderreichen Haushalt in den 1530er Jahren durch eine andere Symbolgestalt, die es zwar zu dieser Zeit im Volksglauben schon gab, die aber noch nicht die prominente Rolle innehatte, die Luther ihr verlieh. Gemeint ist das Christkind, das durch Luther zum Gabenbringer für die Kinder aufstieg. Und dieses Christkind kam an Weihnachten, dem Fest der Geburt Christi. Ursprünglich war Luthers Christkind der neugeborene Erlöser, doch diese enge Verbindung wurde durch das Brauchtum der nachfolgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte immer mehr aufgelöst.
Das Christkind entwickelte sich zu der uns allen bekannten kindlichen, blondgelockten und engelsähnlichen Gestalt, die, ohne je gesehen zu werden, in der Nacht vor Weihnachten die Geschenke für die Kinder brachte. Die engelsgleiche Darstellung hat ihren Ursprung vermutlich in weihnachtlichen Umzugsbräuchen und Krippenspielen, bei denen häufig eine Engelsschar von einem „Christkind“ angeführt wurde. Zunächst verbreitete sich diese neue Tradition natürlich vor allem in den von der Reformation geprägten Regionen. Das Christkind war ursprünglich evangelisch. Doch im Laufe der Zeit adoptierten zunehmend die katholischen Gegenden das Christkind, während sich in den evangelisch geprägten Regionen eine neue Gestalt als Gabenbringer etablierte, die dem Christkind Konkurrenz machte, und zwar der Weihnachtsmann. Er entstand im 19. Jahrhundert aus den alten Nikolausbildern und machte sehr schnell als neuer Gabenbringer Karriere. Zum ersten Mal erwähnt wird er in dem Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" von Hoffmann von Fallersleben (1835). Der österreichische Maler Moritz von Schwind zeichnete ihn 1847 als bärtigen Alten.
Diese Bilder hatte der deutsche Auswanderer Thomas Nast im Kopf, als er 1863 in den USA den "Santa Claus" erfand – eine Mischung aus deutschem Nikolaus, holländischem Sinterklaas und englischem Father Christmas, mit dickem Bauch und Pelzhaube. Diese Vorstellung hatte sich bis 1930 auch in Deutschland so weit durchgesetzt, dass etwa die Hälfte der Kinder an den Weihnachtsmann glaubten. Seit den 1920er-Jahren ist der Weihnachtsmann rot-weiß gekleidet. Dies machte ihn zum idealen Maskottchen für Coca-Cola: Ab 1931 gestaltete der Grafiker Haddon Sundblom jährliche Werbekampagnen für die Getränkefirma, die die neue – alte – Weihnachtsfigur weltweit verbreiteten. Doch egal, ob der Heilige Nikolaus, das Christkind oder der Weihnachtsmann die Geschenke bringt – wichtig für uns alle sollte sein, dass im Schenken die von bedingungsloser Liebe getragene Zuwendung für unsere Nächsten im Mittelpunkt steht.
Liebe Mitglieder des Geschichtsvereins, liebe Urbacherinnen und Urbacher,
im Namen des Vorstands wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein frohes, gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest sowie einen guten Start in ein gesundes und glückliches Jahr 2026.
Joachim Wilke