
In der letzten Woche verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig acht Stolpersteine zum Gedenken an Opfer der NS-Diktatur in unserer Stadt.
Wir beginnen heute mit der Veröffentlichung der Biografien der Ermordeten.
Karl-Friedrich Schweigert wurde am 4. September 1886 in Ettlingen geboren. Herr Schweigert war seit dem 29. März 1924 in der Heil- und Pflegeanstalt Hub in Ottersweier, heute Klinikum Mittelbaden. Sein Name steht auf einer Transportliste aus der Hub nach Grafeneck am 10. Juli 1940. An diesem Tag wurde Herr Schweigert in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet. Aus Gründen der Vertuschung wurde von den Tätern das fingierte Todesdatum 24. Juli 1940 angegeben.
Er wurde Opfer der „Aktion T4“. Zum nationalsozialistischen Programm gehörte auch die Forderung nach Rassenhygiene. Durch Ausmerzung sogenannten unwerten Lebens sollte eine höherwertige, gesunde Rasse erreicht werden. So wurden innerhalb eines einzigen Jahres – 1940 bis 1941 – 526 Patienten der Hub (das waren mehr als 60 % der Bewohner der Pflegeanstalt) nach Grafeneck auf der Schwäbischen Alb deportiert und dort im Rahmen des Euthanasie-Programms vergast.
Otto Frank wurde am 18. November 1873 in Ettlingen geboren. Am 9. November 1901 schloss er die Ehe mit Marie Frank geb. Strittmatter in Ettlingen. Am 13. Februar 1934 kam er in die Heil- und Pflegeanstalt Illenau in Achern. Er wurde von der Pflegeanstalt Rastatt über die Zwischenanstalt Zwiefalten in die Tötungsanstalt Grafeneck „verlegt“ und dort am 9. Mai 1940 ermordet. Aus Gründen der Vertuschung wurde von den Tätern das fingierte Todesdatum 31. Mai 1940 angegeben.
Otto Frank wurde Opfer der „Aktion T4“. In Folge des Ersten Weltkriegs waren Heil- und Pflegeanstalten wie die Illenau hoffnungslos überfüllt. Im Fehlglauben, geistige Erkrankungen seien vererbbar, wurden zahlreiche Patienten gegen ihren Willen sterilisiert, sodass sie fortan zeugungsunfähig waren. Hinzu kam die „Euthanasie“. „Euthanasie“ ist griechisch und bedeutet so viel wie der „gute Tod“. Im Kontext der erschütternden Morde des „Dritten Reiches“ ist dieser Begriff ein irreleitender Euphemismus, eine Beschönigung der grausamen Realität, um die Wahrheit zu vertuschen.
Auch in Achern wurden Nazi-Verbrechen solcher Art in die Wege geleitet. Doktor Arthur Schreck, der letzte Illenau-Direktor, übernahm im Frühjahr 1940 die Anstalt Illenau mit dem erbarmungslosen Auftrag, die Räumung der Heil- und Pflegeanstalt durchzuführen. Er genoss zu diesem Zeitpunkt bereits den Ruf als der „Schreck der Heil- und Pflegeanstalten“.
Er sollte die Anzahl von ca. 600 Patienten auf ca. 300 verringern. Vom Schreibtisch aus urteilte er über die Patientenfälle und legitimierte mit seinem Gutachten die Tötung der Kranken, die daraufhin in grauen Bussen der Gemeinnützigen Krankentransport GmbH (GEKRAT) mit verkalkten Scheiben nach Grafeneck transportiert und dort vergast wurden.
Josef Kistner wurde am 4. Oktober 1889 in Elchesheim geboren. Er war katholisch und ledig. Als Beruf gab er an: Heilkundiger.
Josef Kistner hatte eine normale Kindheitsentwicklung und kam in Elchesheim zur Schule. Er habe gut gelernt. Einmal hat er eine Klasse wiederholt und wurde nach der 7. Klasse aus der Volksschule entlassen. Dann arbeitete er in einer Ziegelei. Von 1915 bis 1918 war er Heeressoldat im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg arbeitete er bei Bauern in Bietigheim, später in Ettlingen. Er war auch in einem Sägewerk und in einer Färberei tätig. 1926 musste er für zwei Jahre ins Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung. Er hatte nach der Auffassung des Schöffengerichts Karlsruhe ein Mädchen, das an Tuberkulose litt, behandelt, das dann an Herzlähmung gestorben war. Der Verurteilte habe dafür gesorgt, dass die junge Frau sich nicht in ärztliche Behandlung begeben habe. Sie hätte sonst gesund werden können.
Josef Kistner betrieb Heilkunde in Rastatt und Baden-Baden. Er hatte seine Tätigkeit als „christliche Heilswissenschaft“ angemeldet. Seit 1935 betrieb er eine Praxis in Ettlingen in der Pforzheimer Str. 51. Bei seiner Untersuchung wird er beschrieben: „Er treibt Heilkunde in völlig urteilsschwacher und kritikloser Weise. Es fehlen ihm auch dafür alle Voraussetzungen.“ „Kistner versteht von Krankheit und Heilkunde, Augendiagnose und Magnetismus nichts. Seine diesbezüglichen Angaben gegen die Patienten sind als Schwindel anzusehen. Wegen seiner zweifellos bestehenden unverantwortlich ausgeübten Suggestivkraft bedeutet er eine schwere Gefahr für die Gesundheit und das Leben der sich ihm Überlassenden.“
1935 ordnete das Bezirksamt Ettlingen seine Unterbringung in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau an. Seine Unfruchtbarmachung wurde durchgeführt. Die Rechnung des Städtischen Krankenhauses Rastatt betrug 41,10 RM. Josef Kistner wurde am 23. Mai 1940 über Zwiefalten nach Grafeneck verlegt und dort im Rahmen der „Aktion T4“ im Gas ermordet.