Die Schreibblöcke und Laptops liegen bereit, die Ohren sind aufgesperrt und der Workshop beginnt. Trotz der grauen Sportklamotten vieler Teilnehmenden geht es heute allerdings nicht aufs Spielfeld: Die Trikots gehören zur NUSSBAUM Trainerschule. Hier sind die wissbegierigen Sportler zur Weiterbildung.
In dem gemeinsamen Projekt von Anpfiff ins Leben e.V. (AiL) und der Nussbaum Stiftung geht es darum, neben sportlichen Qualifikationen auch pädagogische Kompetenzen auszubauen. Mit diesem Angebot, das 2025 zum dritten Mal stattfindet, können sich die Trainer kostenfrei über mehrere Seminare hinweg weiterbilden – abwechselnd digital über Webinare und in Präsenz in St. Leon-Rot oder Rottweil. Der Inhalt des ersten Workshops hat die Rolle und Aufgaben eines Jugendtrainers nach den Leitlinien von AiL vermittelt. Im zweiten Workshop am Standort von Nussbaum Medien in St. Leon-Rot geht es um den Umgang mit kritischen Situationen im Handlungsfeld Trainer und Spieler.
Referentin Tabea Finke von AiL hat mit Projektleiter Sebastian Schulz gemeinsam die Trainerschule konzipiert. Sie begrüßt die aufmerksamen Teilnehmenden mit dem sportlichen Du, was durchgängig untereinander genutzt wird. Ohne große Umschweife geht es direkt ins Thema: Wie meistert man als Trainer kritische Situationen? Eine Theorie-Einführung gibt Einblicke in das Reiz-Reaktions-Modell, mit dem Trainer ihr Verhaltensrepertoire reflektieren – welches Fehlverhalten von Spielern triggert sie? Wie meistert man den Umgang mit Jugendspielern, die schwieriges Verhalten an den Tag legen?
„Der Trainingsalltag ist nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen“, sagt Finke. Das kann und soll er auch gar nicht sein, denn auch negative Gefühle der Spieler und Trainer haben ihre Daseinsberechtigung. Der konstruktive Umgang damit ist der Schlüssel und eines der Kernthemen des Seminars. Daher geht es vom Frontalunterricht schnell in den Austausch über – ein Leichtes für die Teilnehmenden, da sie sich durch vorherige Workshops schon kennen und jeder aus dem Trainingsalltag eine passende Geschichte zu erzählen hat. Zum Aufwärmen soll jeder mit seinem Sitznachbar Erlebnisse aus dem Vereinsleben austauschen, wo es zu kritischen Situationen kam. Was tut man zum Beispiel als Trainer, wenn ein Spieler wutentbrannt das Feld verlässt? Was fällt auf, wenn das eigene Vorgehen reflektiert wird? Vergangene Lösungsansätze werden eifrig diskutiert und Beispiele der Gruppe vorgetragen.
Beim Workshop sind verschiedene Sportarten vertreten, seien es Fußball, Handball, Eishockey, Leichtathletik oder Boxen. Doch so unterschiedlich die verschiedenen Disziplinen sein mögen: Die Trainerschule zeigt einmal mehr, dass die pädagogischen Herausforderungen in jedem Verein und jeder Sportkategorie gleich sind – ob auf Eis oder Kunstrasen gespielt wird, ist dabei nebensächlich.
Nach dem ergiebigen Austausch in der großen Runde geht es mit einer kleinen Theorie-Einheit weiter, gefolgt von dem Schritt in die Praxis. Die Teilnehmenden werden in Gruppen eingeteilt und bekommen pro Team ein kurzes Beispielvideo, in dem ein kniffliges Erlebnis aus dem Trainerleben dargestellt wird. Die Fälle sind simuliert, aber lebensnah. Die Gruppen stecken ihre Köpfe zusammen, um Lösungen für die gezeigten Situationen zu erarbeiten, die anschließend im Plenum besprochen werden.
Die NUSSBAUM Trainerschule setzt mit ihrem pädagogischen Schwerpunkt da an, wo eine reguläre Trainerausbildung oft nicht hingeht. „Ich würde es jedem empfehlen“, sagt Eishockey-Trainer André Löffler vom EHC Wiesloch über die Weiterbildung. Er wurde von seinem Vereinsvorstand, der die Trainerschule im Vorjahr absolviert hat, auf das Angebot hingewiesen. „Hier lernt man viel für den Trainingsalltag! Meine C-Lizenz habe ich bereits, aber die Pädagogik kommt dort bei weitem nicht so zur Geltung.“ Der dritte Präsenz-Workshop dieses Jahres wird das Thema „Elternsituationen“ in Angriff nehmen. Ein Seminar, das verspricht, genauso hilfreich zu sein wie die vorherigen.
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