Liebe Leserinnen und Leser, heute früh setzte ich mich an den Computer und schaute während er startete durch das Fenster meines Arbeitszimmers. Die Sonne war gerade über den Berg gestiegen und lachte durchs Fenster. Und ich sah mit Erschrecken, was sich da den Winter hindurch an Staub und Dreck auf die Scheiben gelegt hat. Warum ist mir das nicht schon früher aufgefallen? Schnell ist klar: Das Fenster wird in den kommenden Tagen geputzt.
Der PC war hochgefahren und ich öffnete ein neues Dokument. Da fiel mir links auf dem Monitor ein Dreckfleck auf. Und dazu auch noch Fingerabdrücke und Spuren von zu feuchter Aussprache … ich wollte es gar nicht genauer wissen. Stattdessen nahm ich ein weiches Tuch und reinigte den Monitor. Ah genial, wie weiß das Dokument auf einmal strahlte! Danach machte die Arbeit gleich mehr Freude.
In der Mittagspause klicke ich mich durch die eine oder andere Nachrichten-Website. Ich lese auch die Kommentare zu den Artikeln. „O je, ist das dreckig“, musste ich da heute zum zweiten Mal denken. Doch jetzt klebte der Dreck nicht an der Außenseite des Monitors, sondern an dessen Innenseite. Ich lese, wie Menschen sich gegenseitig abwerten und beschimpfen. Für mich ist es so, als würde jemand die Kommentarleiste als Klo benutzen.
Irgendwie fühl ich mich auch angespuckt. Gut, dass da eine schützende Scheibe dazwischen ist. Wir sind in der Fastenzeit. Viele nutzen die 40 Tage bis Ostern, um abzunehmen oder für Wellness, für mehr Stille und fürs Gebet. Das ist okay. Und Verzicht und Fasten habe auch ich auf dem Schirm. Aber ich will mehr noch bildlich gesprochen die Monitorscheibe von außen und von innen wischen. Ich will die dreckigen Worte, die ich lese, mit einem weichen Tuch sauber wischen. Für mich ist dabei ein altes Kindergebet so ein weiches Tuch. Ich habe es für mich neu formuliert: „Ich bin zwar nicht mehr klein, aber ich bitte Dich, Gott, mein Herz mach rein, soll kein Dreck mehr drin sein als Deine Liebe allein.“ Ihr Pfarrer Ronny Baier