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Ortsgeschichte im Bild Nr. 263: 700 Jahre AVE MARIA-Glocke

Die älteste Entringer Glocke wurde in den 1950-er Jahren vom Glockensachverständigen liebevoll als das Großmütterle unter den hiesigen Glocken bezeichnet....
Entringer Dreiglockenschlag-Mechanismus
Entringer Dreiglockenschlag-MechanismusFoto: Zeichner: Kurt Rockenbach

Die älteste Entringer Glocke wurde in den 1950-er Jahren vom Glockensachverständigen liebevoll als das Großmütterle unter den hiesigen Glocken bezeichnet. Die Fachwelt ist sich darin einig, dass sie in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts gegossen wurde. In jener Zeit hatte das Kloster Bebenhausen den Entringer Fronhof zusammen mit dem Patronatsrecht über den Vorgängerbau unserer heutigen Michaelskirche erworben. Auf dem Turm dieser romanischen Vorgängerkirche mit Grundriss in Kreuzform war sie und zumindest das spätere Schulglöckle läutbar aufgehängt.

Die nun 700 Jahre alte Glocke hat – wie es damals üblich war – eine etwas dünnere Rippe als ihre jüngeren Schwestern. Deshalb ist auch ihr Klang etwas feiner.

Die lateinische Inschrift an der Schulter ist in frühgotischen Großbuchstaben ausgeführt und lautet:
O REX GLORIE CHRISTE VENI CVM PACE + AVE MARIA +

= König der Ehre, Christus, komme mit Frieden! - und der Mariengruß.

Unter den Glockeninschriften des Mittelalters ist keine so häufig wie diese.

Das AVE MARIA geht zurück auf Bonaventura, der 1262 seinen Ordensbrüdern beibrachte, sie sollen die Gläubigen ermahnen, beim Abendläuten durch ein dreimaliges AVE MARIA das große Geheimnis der Menschwerdung Gottes zu verehren. Dieser Läutebrauch hat sich in Europa durchgesetzt und bis heute erhalten. Mancherorts spricht man vom Angelus-Läuten, in Erinnerung der Botschaft des Engels an Maria, sie werde den Sohn Gottes gebären.

Im protestantisch gewordenen Entringen wurde dieses Läuten weiter gepflegt und ist heute vielen noch bekannt als das „Uffa-Märge-Läuten“. Gemeint ist das Läuten der Abendglocke. Allgemein war bekannt: „Bis es märgelet, dürfet d Kender uff dr Gass sei“.

Seit 1494 hängt die 700-Jährige an ein- und demselben Platz im Glockenstuhl, der damals, wegen Beschaffung der „Großen Glocke“, aus Eichenholz neu gezimmert wurde.

Weil in den beiden Weltkriegen auch Entringer Glocken abgeliefert werden mussten, war AVE MARIA von 1942 bis 1948 die einzige Glocke auf dem Turm. Damit aber auch in dieser Zeit die Viertel- und die ganzen Stunden vom Kirchturm hörbar angeschlagen werden konnten, hat Schlossermeister Karl Hipp unter Mithilfe von Fritz Bühler die alte AVE MARIA mit zwei zusätzlichen Schlaghämmern versehen, die vorher am Schulglöckle und an der Großen Glocke angebracht waren.

Kurt Rockenbach hat im November 1946 diesen Zustand zeichnerisch festgehalten und mit „Entringer Dreiglockenschlag-Mechanismus“ betitelt.

Außer dem 700-jährigen Jubiläum werden auch 4 kleinere Glocken-Jubiläen begangen: Kreuz- und Zeichenglocke sind 70, Große Betglocke und Dominika sind 7 Jahre alt. Beim Glockenkonzert aus diesem Anlass am Pfingstsonntag ab 10.15 Uhr wird u. a. auch der Entringer Dreiglockenschlag-Mechanismus nachgeahmt.

Reinhold Bauer

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Ammerbuch
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Ausgabe 23/2025
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