Dass Schweinehaltung nicht ganz geruchsfrei zu haben ist, müsste einem 62-jährigen Oberlehrer eigentlich bekannt sein. Wahrscheinlich waren ihm aber in diesem Wissen die hiesigen Bauernkinder etwas voraus. Mitteilungsfreudig haben sie sicherlich von diesem neuen Gerüchle, hie und da in Verbindung mit einem Gegrunze aus den Tiefen des Schulhauses (hinter der Entringer Kirche), daheim erzählt.
Jedenfalls kommt am 9. März 1920 gegen Ende der Sitzung aus der Mitte des Gemeinderates zur Sprache, der Schulvorstand, Oberlehrer Süßer, halte im Souterrain des Schulhauses ein Schwein. Über die Beweggründe Süßers kann nur spekuliert werden. Die legendären goldenen Jahre setzten ja erst Mitte der Zwanziger ein; und die Zeit davor war geprägt von zum Teil hoher Inflation und auch von Engpässen bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Vielleicht war eben – wie bei vielen anderen Familien auch – bei Süßers einfach der Schmalhans Küchenmeister?
Schultheiß Alfred Krohmer (1892-1949), der als Nachfolger von Friedrich Frey (*1877) erst seit 3 Wochen im Amt ist, protokolliert unerschrocken weiter: Der Gemeinderat hat gegen die Erstellung eines Schweinestalls durch Oberlehrer Süßer – auf seine Kosten – an einem geeigneten Platz in der Nähe des Schulhauses nichts einzuwenden. Die Bestimmung des Platzes für den Schweinestall ist von gemeinderätlicher Genehmigung abhängig, falls derselbe auf Gemeindeeigentum erstellt werden soll. Im Souterrain des Schulhauses darf jedoch kein Schwein gehalten werden.
Offensichtlich war aber in die „schwebende Sache“ keine Bewegung gekommen. Der Gemeinderat drohte dann sogar damit, beim Oberschulrat wegen Versetzung des Oberlehrers vorstellig zu werden – wovon dann im Juli 1920 wieder Abstand genommen wurde. Die Gründe, die damals zu dem Gesuch Anlass gaben, sind auf das Verhalten des Oberlehrers Süßer auf den Beschluss vom 8. Juni 1920 – wonach das [...] Schwein außerhalb des Schulhauses untergebracht werden soll – zurückzuführen. Das Schwein befindet sich bis zum heutigen Tage [24. Juli] noch im Souterrain des Schulhauses.
Nach der Ernte wollte der Gemeinderat das Schulhaus besichtigen und alsdann weitere Verfügung treffen … Es ist anzunehmen, dass Oberlehrer Süßer die Sache einfach „ausgesessen“ hat und das Schwein schließlich geschlachtet wurde, damit wieder Frieden eingekehrt ist. Die Geschichte jedoch hat sich gut über ein halbes Jahr hingezogen und somit im Flecken für reichlich Gesprächsstoff gesorgt … und Herr Süßer blieb im Amt, bis er 1925 als 67-Jähriger von Martin Freitag abgelöst wurde.
Das Untergeschoss des alten Schulhauses war sehr geräumig. Der gewölbte Keller in der nordöstlichen Ecke lag vollständig unter der Erdoberfläche, während die anderen Räume des Souterrains ziemlich oben kleine Fenster hatten.
Reinhold Bauer