Liebe Leserinnen und Leser, ich freue mich mit unseren Glaubensgeschwistern in Peru und dort besonders in unserer Partnergemeinde Churin über die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum neuen Papst. Denn auch wenn der neue Papst in den USA geboren wurde, so besitzt er doch seit langem die peruanische Staatsbürgerschaft und ist von seinem Denken und Handeln her auf jeden Fall weit eher Peruaner als US-Amerikaner. Der Leiter des Partnerschaftsbüros unserer Erzdiözese in Lima, Jürgen Huber, berichtet, dass die Wahl von Papst Leo dort aufgenommen wurde, „als hätte Peru die Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen, die Freude ist riesig, die Menschen sind begeistert, dass ihr 'einfacher' Bischof aus Chiclayo jetzt plötzlich Papst geworden ist.“
Die Wertschätzung des neuen Papstes für seine langjährige peruanische Wahlheimat bringt auch eine Begegnung in der Woche nach seiner Wahl in Rom zum Ausdruck. Eine peruanische Journalistin übergab dem neuen Papst bei der Audienz für Medienleute aus aller Welt einen Schal aus peruanischer Alpaka-Wolle, den Frauen aus einkommensschwachen Anden-Dörfern gewebt haben.
Der Papst bedankte sich mit den Worten: „Erwarten Sie bald Neuigkeiten von mir in Peru.“ Das lässt viele Menschen in Peru hoffen, dass Papst Leo XIV. in naher Zukunft Peru besuchen wird, wo er ja von 2014 bis Anfang 2023 als Bischof von Chiclayo wirkte.
Sein enger Freund César Piscoya, der viele Jahre mit ihm im Bistum Chiclayo zusammenarbeitete, beschreibt Papst Leo als menschennahen, zugewandten und visionären Kirchenmann, der großen Wert auf Einheit und Mitverantwortung legt: „Er sagte zu mir: ‚César, wir müssen in Einheit arbeiten. Unsere Leute, unsere Gemeinschaft, unser Bistum müssen verstehen, wie wichtig es ist, gemeinsam Verantwortung zu tragen'.“ Und dementsprechend hat Papst Leo als Bischof von Chiclayo bei der Erneuerung und Evangelisierung seines Bistums ein gemeinsames Arbeiten von Priestern, Ordensleuten und Laien gefördert.
Das war gewiss eine Herausforderung, denn als er sein Amt als Bischof von Chiclayo antrat, war dieses nach über 60-jähriger Präsenz des Opus Dei sehr klerikal geprägt. Bischof Prevost hat nach Amtsantritt sofort damit begonnen, Laien zu fördern, ihnen Verantwortung zu übertragen und den Rücken zu stärken. Darin sah er eine seiner Kernaufgaben.
Und wie César Piscoya betont, begann sein Freund auch schnell damit, Frauen an strategisch wichtigen Stellen einzusetzen – in Entscheidungsfunktionen, nicht nur im Hintergrund. Unter Bischof Prevosts Leitung wurden pastorale Teams mit durchschnittlich acht Laien pro Pfarrei ins Leben gerufen. Wenn man das auf etwa 50 Pfarreien der Diözese Chiclayo hochrechnet, ergibt das eine beeindruckende Zahl engagierter Laien. Auch wenn ich nicht erwarte, dass Papst Leo XIV. zeitnah das Priesteramt für Frauen öffnet, ermutigt mich doch, dass unter seiner Leitung als Bischof in Peru die Rolle der Frau im kirchlichen Leben eine sichtbare Aufwertung erfuhr.
So wurde etwa die Caritas von Chiclayo unter seiner Amtszeit von einer Frau geleitet – ebenso wie die katholische Universität Santo Toribio de Mogrovejo. Dass die Vorstellungen des neuen Papstes von einer synodalen Kirche – eine Kirche, die gemeinsam auf dem Weg ist – stark vom peruanischen Kontext geprägt ist, steht außer Frage. Während seiner Zeit als Leiter der Mission der Augustiner in Chulucanas und seiner Zeit als Bischof von Chiclayo hat Papst Leo XIV. verstanden, dass die Kirche sich gerade den Armen und den Leidenden zuwenden muss.
Hoffen lässt mich auch der Führungsstil des neuen Papstes, den sein enger Freund als dialogisch, offen und partizipativ beschreibt. Papst Leo XIV. lud nicht nur seinen Diözesanklerus zu regelmäßigen Konferenzen ein, sondern auch die Laien. Entscheidungen wurden gemeinsam getroffen. Während es in Peru in etlichen Diözesen sehr viele klerikalistische Priester gibt, ist das in Chiclayo anders. Der schon erwähnte Jürgen Huber betont, dass viele der jungen Priester in Chiclayo, die in der Zeit von Prevost ausgebildet wurden, offen und synodal eingestellt sind: „Das liegt daran, wie Bischof Prevost sein Priesterseminar aufgebaut und organisiert hat. Die Augustiner setzen stark auf Bildung, auch hier in Peru.“ Damit machte sich der heutige Papst in konservativen Kreisen nicht nur Freunde.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und in Gaza freut es mich besonders, dass sich unser neuer Papst besonders für den Frieden starkmacht. Als Vizepräsident der peruanischen Bischofskonferenz hat er sich schon in Peru in besonderer Weise für Frieden und Gerechtigkeit eingesetzt. Für Leo XIV. ist klar, dass es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und Dialog gibt und dass der Friede dort beginnt, wo alle Gläubigen Verantwortung übernehmen – gemeinsam. Der neue Papst folgte schon als Missionar und Bischof seinem Ordensgründer: „Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Bischof.“ Ich bin sicher, er wird dies auch als Papst tun. Ein hoffnungsvoller Weg beginnt. Ihr Pfarrer Ronny Baier