Was für ein Auftakt zum diesjährigen Patrick-Lengler-Cup. Die Hütte, die altehrwürdige Schwetzinger Nordstadthalle war freitags schon lange vor Beginn bis unters Dach und in den Garagen gefüllt. Gleiches galt für den folgenden Finaltag und auch bei den drei Jugend-Turnieren um den erstmals ausgetragenen Karlheinz-Urschel-Cup. Denn so nah kommen die Fans zum Beispiel in der Mannheimer SAP-Arena ihren Handball-Idolen nicht und auch nach den jeweiligen Spielenden war den Andrang nach Autogrammwünschen und Fotos riesengroß.
Erwartungsgemäß setzten sich in den Semifinals die Favoriten dann durch. Die Rhein-Neckar-Löwen gewannen gegen Gastgeber HG Oftersheim/Schwetzingen mit 46:28 (23:14). FA Göppingen bezwang den TV Großwallstadt, siegte 37:27 (16:12). Der TVG wehrte sich gegen seinen höherklassigen Gegner zwar länger, war em Ende dann doch auch relativ chancenlos. Trainer André Lohrbach war allgemein dennoch nicht unzufrieden. Nur „der zweifache 0:5-Lauf vor und der Pause war nichts, aber FAG ist da dann personell doch besser besetzt.“ Im Kampf David gegen Goliath setzte HG-Trainer Christoph Lahme in der Offensive über volle 60 Minuten auf die 7-gegen-6-Variante. RNL-Coach Maik Machulla setzte eine 5:1-Deckung mit teilweise Robert Timmermeister auf der Spitze dagegen. Dabei agierten die Hausherren wahlweise mit zwei Kreisläufern oder vier Mann im Rückraum. Und zunächst wehrte sich der David mächtig. Er hatte aber auch etwas Pech. Wenn die heimischen Keeper einen Ball hielten, endete der Abpraller entweder bei einem Löwen oder es wurde Siebenmeter gepfiffen. Trotzdem setzte Kapitän Marc Kern vom Kreis das 7:7 (12.), Linksaußen Max Barthelmeß markierte mit einem Dreher gegen David Späth noch in der gleichen Minute das 8:8. Machulla nahm nach einer Viertelstunde seine erste Auszeit.
Danach wurde es wegen etlicher HG-Angriffsfehler etwas einseitig (10:14 und 11:16), was im Gegenzug Lahme zum Timeout zwang. Zur Pause waren es dann doch schon neun Tore Rückstand. Und der Start in den zweiten Durchgang misslang völlig. „Zu ungeduldig“ agiere sein Team, bemängelte früh Kern. Aber vorne lief nicht mehr viel zusammen (15:28). Der Effekt des siebten Feldspielers war verpufft, der Anfangsschwung, das Überraschungselement war vorbei. Zwischendurch bremste beispielsweise Dani Baijens sogar das Tempo ein, damit auch die Gäste ihre Auftaktsequenzen ausprobieren konnten. Schließlich war es ihre erste Vorbereitungspartie. Etwas Schwung brachte noch einmal der Einsatz der jüngeren HG-Spieler wie Sinan Antritter und Henri Hell, aufzuholen war aber nichts mehr und Lahme wurde das Ergebnis dann doch etwas zu deutlich, wie an seiner Gestik noch während des Spiels erkennbar wurde. Seine Jungs grämten sich jedoch nicht. Linkshänder Leon Haase meinte vertretungsweise für seine Kollegen: „Gegen solche Kaliber zu spielen hat richtig Spaß gemacht. Das war doch mal etwas völlig anderes als unser übliches Niveau.“ Im Spiel um Platz 3 standen sich gestern also nun Großwallstadt und HG gegenüber. Das Finale bestritten die Rhein-Neckar-Löwen gegen ihren Ligarivalen FA Göppingen.
So spielte die HG: Fauerbach, Berghoffer; Barthelmeß (5), Antritter (2), Kern (6), V. Hulak, Suschlik (1), Schmid, Nauß (1), Burmeister (2), Bösing (2), Hammarberg (3), Haase (3), Muth (1), Hell (1), Ferger (1).
RNL: Späth, Jensen; Larson (2), Timmermeister (2), Nothdurft (6), Jacobsen, Sandell (3), Heymann (1), Steenaerts (9), Móré (6), Groetzki (2), Thrastarson (4), Jaganjac, Baijens (7), Aspenbäck (1), Kohlbacher (3).
Für Lohrbach, den TVG-Coach kam die Begegnung gerade recht. Oftersheim/Schwetzingen sei ein anderer Test als Göppingen, da werde eine andere Spielweise praktiziert. Und die Hausherren schienen seinen Leuten zu liegen (0:4), bis Sebastian Bösing zur Erleichterung der heimischen Fans den ersten HG-Treffer setze. Doch teilweise war der Vorwärtsdrang etwas vogelwild, weshalb Lahme, der diesmal nun im 6-gegen-6 spielen ließ, mit einer Auszeit reagierte. Der Erfolg der Aussprache blieb offensiv überschaubar, jedoch wuchs der Rückstand nicht weiter an (9:12), was seinerseits die Unterfranken mit einem Timeout quittierten. Mit einer verbesserten Defensivleistung wurden die Kurpfälzer bis zur Pause distanziert (16:22).
Die HG setzte anschließend auf eine 3:2:1-Deckung mit Florian Burmeister auf der Spitze. Weiterhin haperte es jedoch im eigenen Abschluss. Und gegen die pfeilschnellen TVG-Gegenangriffe half diese Umstellung wenig. Es wurden von Großwallstadt dann sogar Kabinettstückchen produziert, wie ein sehenswerter Nolook-Pass von Halbrechts an den Kreis zum 17:27. Irgendwie muss sich ja der Niveauunterschied zwischen Profitum und Amateurbereich dokumentieren, so wie in diesem Zwischenergebnis. Die nächste HG-Besprechung sorgte dafür, dass die Partie bis zum Ende bei 30:42 fast ausgeglichen verlief, obwohl Lahme seinen nachrückenden Kräften in seinem Ensemble aus dem Unterbau ihre Anteile an der Partie gewährte. Die bedankten sich mit einem Kempa von Linksaußen Mungkorn Nauß auf Henri Hell auf der halbrechten Position.
So spielte die HG: Fauerbach, Berghoffer; Barthelmeß (2), Antritter, Kern (3), V. Hulak, Suschlik (1), Schmid, Nauß (1), Burmeister (4), Bösing (6), Hammarberg (4), Haase (1), Muth (6), Hell (1), Ferger (1).
TVG: Shchurov, Minerva; Klenk (2), Gempp (4), Eisenträger (4), Redkyn (5), Wullenweber (6), Battermann (4), Skaarnaes (2), Stark (1), Horner, Buck (2), Zimmer (1), Schalles (11).
Das Endspiel zwischen den Erstligisten verlief im ersten Durchgang relativ torarm, mit leichtem Vorteil für die Schwaben, letztlich fast ausgeglichen (11:13). Dieser kleine Vorsprung hatte auch nach der Pause Bestand, bis die Badener zum 17:17 (42.) ausglichen. Die Spannung steigerte sich bei wechselhaftem Verlauf ins schier Unermessliche. Die Entscheidung schien gefallen als Tim Nothdurft zum 25:23 einwarf (54.), das 26:23 folgen ließ. Doch das war nicht das Ende. FAG kam zurück. 26:26 stand es in der Schlussminute. Edwin Aspenbäck warf den Siegtreffer, weil ein von Göppinger Seite nicht akzeptiertes Stürmerfoul das knappe Match beendete. Die Siegerehrung geriet im Andenken des zu früh verstorbenen Patrick Lengler etwas emotional. Emotional war auch der Abschied von HG-Physiotherapeut Chris Gervers, der seine letzte Begegnung absolviert hatte. (mj)