NUSSBAUM+
Tiere, Natur & Umwelt

PiWis als Chance für den Weinbau

Frühling und Frühsommer 2024 brachten richtig viel Regen. Auch wenn das Wasser den Reben beim Wachsen hilft und die Bodenvorräte wieder auffüllt, bringt...
Der tiefrote „Regent“ ist wohl die bekannteste Rebsorte aus der Reihe der PiWis, der pilzresistenten Rebsorten
Der tiefrote „Regent“ ist wohl die bekannteste Rebsorte aus der Reihe der PiWis, der pilzresistenten RebsortenFoto: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

Frühling und Frühsommer 2024 brachten richtig viel Regen. Auch wenn das Wasser den Reben beim Wachsen hilft und die Bodenvorräte wieder auffüllt, bringt die Feuchtigkeit den Wengertern ein Problem: ein erhöhtes Pilzrisiko. Gefürchtet sind besonders Falscher und Echter Mehltau oder die Grauschimmelfäule. Besonders ungut ist die Kombination von Wärme und Feuchte. Deshalb wird gespritzt. Und weil der Regen die Mittel immer wieder abwäscht, wird wiederholt gespritzt …

Doch die Kombination aus Hitze und Regen in der Vegetationsperiode wird wohl künftig eher die Regel sein. Dass ein Mehr an Pestizideinsatz nicht die Antwort sein kann, das dürfte klar sein - Stichworte hier: Rückgang an Biodiversität, Belastung von Boden(leben) und Gewässern, Gesundheitsschutz. Von allen Anbaukulturen in Deutschland wird in Apfel-Plantagen am häufigsten gespritzt: 20- bis 30-mal pro Saison (z. B. Südtirol, aber auch Bodensee-Region). Auf Platz 2 folgt aber gleich der Weinbau mit durchschnittlich 17 Mal (Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung, Pestizidatlas 2022). Im Bier und im Honig, auf Obst und Gemüse, im Gras auf Spielplätzen und sogar im Urin und in der Luft – überall lassen sich mittlerweile Spuren von Pestiziden aus der Landwirtschaft nachweisen.

PIWIs verbinden Widerstandskraft mit gutem Geschmack

Eine Stellschraube im Weinbau der Zukunft kann die Umstellung auf PiWis sein. PiWi, das ist das Kürzel für pilzwiderstandsfähige Rebsorten. Es sind gezüchtete Rebsorten, die eine besonders starke Widerstandskraft gegen die Rebkrankheiten Echter und Falscher Mehltau aufweisen. Sie müssen gar nicht mehr bzw. nur noch selten gespritzt werden. Entstanden sind sie durch die klassische Kreuzung von amerikanischen Wildreben, die natürlichen Resistenzen gegen die genannten Erreger mitbringen, und europäischen Weinreben (Vitis Vinifera), die für hohe Weinqualitäten stehen. Das Resultat sind neue, nachhaltige Rebsorte, die den guten Geschmack mit der hohen Widerstandskraft verbinden. Sie helfen den Winzerinnen und Winzern, die Umwelt zu schonen. Übrigens ist dies nicht neu: Bereits vor etwa 150 Jahren wurden in Frankreich Rebsorten mit amerikanischen Wildarten gekreuzt und angebaut.

Welche Vorteile haben PiWis?

Laut den Experten des deutschen Weininstituts gibt es klare Vorteile der PiWis: Mensch und Umwelt profitieren von der Reduktion der Pflanzenschutzmaßnahmen, denn die liegt um bis zu 80 Prozent. Entsprechend werden Treibstoff, C02-Ausstoß und Bodenverdichtungen verringert - und natürlich auf Erzeugerseite Geld und Zeit gespart. Und Weinkonsumierende können sich auf neue Geschmackserlebnisse freuen.

Welche PiWis gibt es?

Zu den PiWis zählen heute Cabernet Blanc, Solaris, Souvignier Gris, Muscaris und Regent. Weitere Sorten sind: Cabernet Cortis, Calardis Blanc, Laurot, Satin Noir und Sauvignac. Zwar wurden 2022 in Deutschland erst knapp 3 Prozent (2.700 Hektar) der angebauten Rebflächen mit PiWis bepflanzt, aber der Anteil steigt rasant – eben wegen der Auswirkungen der Klimakrise auf den Weinbau. Waren die Sorten anfangs auf den Öko-Weinbau beschränkt, bauen sie nun auch immer mehr konventionell wirtschaftende Betriebe an. Flächenmäßig die Nase vorn hat die rote Rebsorte „Regent“, die hierzulande bereits seit 1995 im Anbau ist. Entstanden sind diese tiefroten, farbkräftigen und gerbstoffbetonten Weine mit Aromen von Kirschen, Zwetschgen und roten Beeren durch die Kreuzung: Silvaner x Müller-Thurgau x Chambourcin. Regent-Weine werden häufig auch im Holz oder als Rosé ausgebaut. Als Beispiel auf Seiten der Weißweine sei der Sauvignac genannt. Er ist aus einer Kreuzung von Sauvignon Blanc, Riesling und einem so genannten Resistenzpartner hervorgegangen. Heraus kam ein aromatischer Weißwein mit feinen Aromen von Maracuja, Aprikose und Apfel. Der „Sauvignac erinnert sowohl an die Eleganz eines Rieslings mit einem Hauch Limone oder an eine ausdrucksstarke Scheurebe mit Aromen von schwarzer Johannisbeere“, so das Deutsche Weininstitut.

Zum Wohle!

Na, neugierig geworden? Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Kennenlernen dieser neuen Weinsorten. Bedenken Sie: Sie können mit dem Genuss nicht nur diese nachhaltige und umweltschonende Weinerzeugung unterstützen, sondern auch die Offenhaltung von Steil- und Terrassenlagen als wichtige Trockenbiotope unserer Kulturlandschaft – und die Erzeugerfamilien.

Erscheinung
Beilsteiner Mitteilungen – Amtsblatt der Stadt Beilstein
NUSSBAUM+
Ausgabe 33/2024
von BUND Ortsgruppe Beilstein
16.08.2024
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.
Orte
Beilstein
Kategorien
Panorama
Tiere, Natur & Umwelt
Meine Heimat
Entdecken
Themen
Kiosk
Mein Konto