Schutzgemeinschaft Filder e. V.
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Planfeststellungsverfahren zum Pfaffensteigtunnel: SG Filder erhebt Einspruch

Schutzgemeinschaft Filder cc G. Visintin, 70794 Filderstadt, gvisintin@aol.com, 0179/2050449, www.schutzgemeinschaft-filder.de Die Schutzgemeinschaft...

Schutzgemeinschaft Filder cc G. Visintin, 70794 Filderstadt, gvisintin@aol.com, 0179/2050449, www.schutzgemeinschaft-filder.de

Die Schutzgemeinschaft Filder e.V. schreibt in einer Presseerklärung Ende September 24: Wir sind empört über die weiter fortschreitenden Planungen zum bahnbetrieblich völlig unsinnigen Pfaffensteigtunnel. Sie hat deshalb, mit rechtsanwaltlicher Unterstützung* Anfang September 2024 Einspruch gegen das Planfeststellungsverfahren Pfaffensteigtunnel eingelegt. „Wir fordern eine öffentliche Anhörung!“, fordert der Vorstand der SG Filder. Die Behauptungen der DB AG und des Bundes als Kostenträger des Pfaffensteigtunnels zu den angeblichen Vorteilen dieser Tunnel-Lösung sind aus den folgenden Gründen falsch und größtenteils aus der Luft gegriffen:

1. Der geplante Pfaffensteigtunnel ist – neben dem Städtebauprojekt der Stadt Stuttgart – die Hauptursache für die mindestens 10- oder mehr Jahre lange Unterbrechung der bahnbetrieblich bedeutenden Gäubahn in Stuttgart-Vaihingen. Dazu Steffen Siegel, Vorsitzender der SGF: „Diese Unterbrechung einer wichtigen transeuropäischen Bahnstrecke ist für über 10.000 tägliche Fahrgäste der Gäubahn und des Zürich-IC eine nicht akzeptable Zumutung! Zudem verstößt sie gegen bilaterale Vereinbarungen zwischen Deutschland und der Schweiz.“

2. Durch die Baustelleneinrichtungen u.a. für die Einfahrrampen der Tunnelbohrmaschinen werden erneut landwirtschaftlich wertvolle Böden der Vorrangstufe 1 und 2 großflächig und vor allem dauerhaft geschädigt. Hinzu kommen erhebliche, langjährige Belastungen durch mindestens 100.000 Lkw-Fahrten zum Abtransport des Tunnelaushubs über das überlastete Straßennetz mit Lärm- und Staubbelastungen der Bevölkerung.

3. Der Pfaffensteigtunnel dient dem sogenannten „Deutschlandtakt“, anders, als die Bahn behauptet, nicht! Dem Deutschlandtakt nützt der Pfaffensteigtunnel vor allem deshalb nicht, weil jeder Taktfahrplan am Tiefbahnhof zerschlagen wird. Eisenbahnfachmann Frank Distel, Stellvertretender Vorsitzender der SGF: „Die Offenbarungseide der mangelhaften Leistungsfähigkeit der nur 8 Gleise des Tiefbahnhofs liefert die Deutsche Bahn selbst: zum einen durch die extrem störanfälligen über 100 täglichen Doppelbelegungen der engen Bahnsteige. Zum anderen durch das vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg geplante Nahverkehrsdreieck.“ In diesem Nahverkehrsdreieck sollen die künftig neu bestellten, wichtigen Pendlerzüge in Feuerbach, Vaihingen und Bad Cannstatt einmal starten bzw. enden. Frank Distel betont: „Damit wird der Deutschlandtakt erst recht verfehlt! Außerdem liegt das Wesen eines Hauptbahnhofs im Zusammentreffen aller Zugarten an einer zentralen Stelle für bequeme Umstiege auf kurzen Wegen.“

4. Durch die verkehrlich überflüssige Führung der Gäubahn über den Flughafen werden alle Gäubahnzüge zusätzlich durch den brandgefährlichen Fildertunnel und weiter in den brand- und überflutungsgefährdeten „Flaschenhals Tiefbahnhof“ gezwängt. Der Erhalt der Panoramastrecke für die Gäubahn würde dagegen den zu kleinen Tiefbahnhof wenigstens zum Teil entlasten.

Die Tunnelplanung zwischen Böblingen und Flughafen wird noch unverständlicher, wenn man den schlechten Umsteigekomfort für Fluggäste betrachtet. Diesen steht für den Weg zu den Flughafenterminals aus dem 27 Meter tief unter der Messepiazza liegenden neuen Messebahnhof keine einzige Rolltreppe zur Verfügung, nur 4 lahme Aufzüge und ein 10-stöckiges Treppenhaus. An der Oberfläche, mit schwerem Reisegepäck angekommen, müssen dann noch 200 Meter unter freiem Himmel zu den Terminals zurückgelegt werden. Steffen Siegel: „Viel bequemer ist bei Verbleib der Gäubahnen auf der Panoramastrecke ein Umstieg der Fluggäste in Stuttgart-Vaihingen, idealerweise am neuen Bahnsteig, in zwei S-Bahnlinien sowie ggf. einer Express-S-Bahn zum Flughafen. Ankunft dort, wie heute, trockenen Fußes direkt unter den Terminals.“ 5.

6. Die Nutzen-Kosten-Berechnung der Bahn für den Bundesverkehrswegeplan ist durch Zusammenschalten des Tunnelprojekts mit dem Südabschnitt des zweigleisigen Gäubahnausbaus ein Taschenspielertrick, um das Ergebnis über den Schwellenwert 1 der Wirtschaftlichkeit zu heben. Damit wurde sowohl die Öffentlichkeit (der Steuerzahler!) als auch der Bundestag getäuscht und der Bund zur Kostenübernahme für den Pfaffensteigtunnel gebracht. Aus den für die Nutzen-Kosten-Rechnung bagatellisierend angesetzten Kosten von 970 Millionen Euro werden realistisch am Ende mindestens 2,5 Milliarden Euro! Zudem wurden, wie schon bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, Güterzüge eingerechnet, die jedoch niemals durch diesen Tunnel fahren werden!

7. Der Pfaffensteigtunnel trägt erheblich zur Verschärfung der Gefahr eines Zugbrands im Tunnel bei. Stuttgart 21 besteht schon nach bisheriger Fehlplanung aus 59 km engen, brandgefährlichen Tunnelröhren. Nun sollen dazu via Pfaffensteigtunnel rund 23 km weitere dazukommen. Kommt noch der sogenannte „Nordzulauftunnel“ zwischen der Schnellbahnstrecke Stuttgart-Mannheim und dem Tiefbahnhof in Stuttgart-Mitte mit weiteren 20 km dazu, summiert sich das brandgefährliche Alleinstellungsmerkmal von Stuttgart 21 mit der weltweit extremsten Tunneldichte am Ende auf über 100 km. Das ist im Blick auf die Gefahrenabwehr des Artikels 2 des Grundgesetzes nicht zu verantworten. Auch beim Pfaffensteigtunnel sind wieder nur die Mindestanforderungen der Regelwerke des Brandschutzes vorgesehen. Mehr noch: Diese Mindestanforderungen stützen sich auf die gefährlich irreführende Behauptung der Bahn, es stünden 250 Meter Fluchtweg zwischen den Fluchtstollen zur Verfügung. Abgesehen davon, dass auch 250 Meter für panisch fliehende Fahrgäste, Kinder und Behinderte auf den viel zu schmalen Fluchtwegen viel zu lang sind, verdoppelt sich die Strecke noch, falls ein in Brand geratener Zug zufällig mit dem Brandherd vor einem der 500 Meter auseinanderliegenden Fluchtstollen zum Stehen kommt.

8. Mitverantwortlich für die planerischen Irrwege bei Stuttgart 21 ist die Stadt Stuttgart mit ihrem klimaschädlichen Städtebauprojekt, dessen Kosten für Baufeldräumung und öffentliche Infrastruktur nach ersten Schätzungen mit 1,6 Milliarden Euro der Stadt über den Kopf wachsen! Es müsste für eine verantwortbare, mittelfristige Haushaltsplanung im Interesse der Stadt liegen, die viel zu teuren Bauflächen zu reduzieren. Dies ermöglicht den Erhalt einer ausreichenden Zahl oberirdischer Gleise für einen leistungsfähigen und zukunftstauglichen Hauptbahnhof und bedeutet zugleich den Erhalt der Panoramastrecke bis zum heutigen oberirdischen Kopfbahnsteig im Stuttgarter Hauptbahnhof auf Dauer. Das wichtige Notfallkonzept für die S-Bahn bliebe so ebenfalls erhalten und der astronomisch teure Pfaffensteigtunnel sowie die langjährige Unterbrechung der Gäubahn wären hinfällig. Angesichts dieser Erkenntnisse müsste auch bei der Stadt Stuttgart ein Umdenken einsetzen! Die Stadt müsste im Übrigen auch größtes Interesse an den so wichtigen Standortfaktoren durch einen nachhaltig funktionierenden Hauptbahnhof haben.

9. Die Schutzgemeinschaft Filder fordert auf jeden Fall eine öffentliche Anhörung im Planfeststellungsverfahren Pfaffensteigtunnel! Leider ist die öffentliche Anhörung heute keine Selbstverständlichkeit mehr, seit es das neue Planungsbeschleunigungsgesetz gibt. Damit steht es im Ermessen der Planungsbehörde, ob die Einsprüche öffentlich verhandelt werden oder nicht.

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Wolfschlugen
NUSSBAUM+
Ausgabe 39/2024

Orte

Wolfschlugen

Kategorien

Panorama
Tiere, Natur & Umwelt
von Schutzgemeinschaft Filder e. V., Ortsgruppe Wolfschlugen
25.09.2024
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