Teil 1
Untergangsstimmung in Plankstadt? Welche Gaststätten schließen jetzt schon wieder? Wo können wir uns in Zukunft noch treffen? Wo können wir noch Familienfeste feiern – wie Hochzeiten, Erstkommunionen, Konfirmationen, Schülertreffen? Fragen, die das Gemeinschaftsleben der Menschen in Plankstadt betreffen und die alles andere als unwichtig sind!
Gerüchte machen die Runde, dass schon wieder mehrere Gaststätten schließen und tatsächlich ist es so, dass bis zum Jahresende 2024 die Pächter des Restaurants „Wintergarten“ (Tennis-Club), des Restaurants „Kleiner Plänkschter“ (Mehrzweckhalle) und der Pizzeria „Sapori“ (Feldwanz) ihre Verträge nicht verlängern werden. Ob und wie es mit der „Plänkschter Stubb“ (ehem. Weinküfer oder Café Dörsam) nach dem plötzlichen Tod des letzten Inhabers weitergeht, ist noch ungeklärt. Der Vertrag des „La Vite“ (Vogelpark) hingegen läuft noch mehrere Jahre.
Damit würden für Plankstadt noch übrigbleiben: das Restaurant „DIONYSOS“ (Gartenlaube), das TSG-Eintracht-Vereinshaus „EVIVA“ und das Restaurant und Eiscafé „ANKA“. Außerdem gibt es noch in der Schwetzinger Straße das türkische Restaurant „Jasmin1 Döner & Pizza““ sowie den „ASIA-Imbiss“. Der alte „Rosengarten“ wurde zum türkischen Pub & Bar „Cengiz Man“.
Plankstadt hat 10.600 Einwohner – und kaum noch Gaststätten!
Was ist da los? Nach Corona-Pandemie und zu damit verbundenen wirtschaftlichen Problemen kam der flächendeckende eklatante Mangel an Personal, der bis heute anhält und viele Wirte in Deutschland zum Aufgeben veranlasst hat. Wenn in diesen Tagen eine Gaststätte ihre Tore schließt, stehen auch keine potenziellen Nachfolger mehr Schlange – wer will in unsicheren Zeiten schon dieses Risiko einer Gaststätteneröffnung eingehen?
Da der Mensch in der Regel „ein gesellig Wesen“ war und ist, gehören Orte, wo man sich in geselliger Runde treffen kann, zu den ureigensten Kennzeichen menschlicher Zivilisation. Zwar dienten sie in alter Zeit nicht dem Zeitvertreib, sondern waren Kultstätten, Gerichtsplätze oder Orte politischer Versammlungen, aber da schon immer auf Arbeit die Erholung folgte, zum Ernst auch der Spaß gehörte und die Menschen nach getaner Arbeit nicht gleich auseinanderstrebten, entwickelten sich bald auch Orte oder Stätten, die nur der geselligen Begegnung dienten. Zeitlich gesehen konnte dies natürlich im Wesentlichen erst geschehen, nachdem es keine Leibeigenschaft und unfreie Bauern mehr gab, also grob gerechnet erst innerhalb der letzten 500 Jahre und hier auch landschaftlich recht unterschiedlich geprägt. In unseren Breiten waren das die Dorfgasthäuser, meist im Zentrum des Ortes in unmittelbarer Nachbarschaft von Kirche und Rathaus gelegen. Unterschiede sind auch bedingt durch die wirtschaftliche oder geographische Bedeutung eines Ortes, durch den Durchreiseverkehr oder sonstige ortsspezifische Gegebenheiten.
Erstmals berichtet die Plankstädter Ortsgeschichte im Jahr 1682 von einem Wirt namens Hans Jakob Weber, der vermutlich auf dem Eckgrundstück Eppelheimer Straße / Scipiostraße eine Wirtschaft betrieb; über die Art der Gaststätte ist nichts mehr bekannt. Aus dem Jahr 1713 sind zwei Wirtshäuser bekannt, wobei es sich bei einem um den späteren Pflug (Ecke Eppelheimer/Ladenburger Straße) handelte und etwa ab 1743 ist auf dem Gelände des Gasthauses Hirsch (neben dem Rathaus) eine Gaststätte bekannt.
Für die Erlaubnis zur Führung einer Gaststätte galten strenge Rechtsnormen. Das Recht, eine Wirtschaft zu führen, war entweder an ein Grundstück gebunden (Realrecht) oder an eine bestimmte Person (Personalrecht). Das Realrecht erlischt heute, wenn eine Wirtschaft über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr als solche geführt wird. Das Schildrecht galt für eine etwas anspruchsvollere Gaststätte, es wurde dem Haus oder dem Besitzer verliehen.
Auch für die Eröffnung neuer Gaststätten galten strenge Normen; grundsätzlich wurde der Bedarf in der Gemeinde geprüft; üblicherweise galt „400 Seelen pro Gaststätte“. Im Laufe der Zeit wurden die Bestimmungen immer vielfältiger; so musste schon 1878 der Gastraum eine Mindestgröße und -höhe haben, Ventilationsvorrichtungen waren vorgeschrieben und der „Abtritt musste mindestens zwei Sitze habenund gut belüftet sein“. Den Ruhetag einer Gaststätte kennt man seit 1941 und ab 1956 durfte die Bedürfnislage nicht mehr geprüft werden, weil sie dem Grundrecht auf freie Berufswahl widersprach.
Der Pflug erhielt 1772 das Realrecht; 1828 wurde das Schildrecht verliehen und das Gasthaus „Zum goldenen Pflug“ bestand bis ins Jahr 1938. Das Gasthaus „Zum goldenen Hirsch“, das seit 1908 im Besitz der Familie Heid ist, erhielt 1782 das Realrecht und 1828 das Schildrecht. Im ehemaligen Jesuitengut, dem späteren Helmlinghaus, war die Straußwirtschaft „Zum goldenen Ochsen“ des Gerichtsmannes Friedrich Berlinghof; als Gasthaus bestand es bis zum Jahr 1832. Ein Nachfahre des ersten Ochsenwirtes richtete später in der Schwetzinger Straße 54 eine Wirtschaft gleichen Namens ein; auch Peter Berlinghof, der „Peterles-Metzger“ gehörte zu den Nachkommen.
Wer erinnert sich eigentlich noch an die Gsthäuser „Zum Kaiserhof“, das „Bürgerstüb’l“, an den alten „Erbprinzen“ oder an den „Löwen“, den „Pflug“, den „Badischen Hof“, die „Bahnhofs – Gaststätte“ (im Volksmund „Beim Schwarzkeppl“ genannt), das „Lamm“, den Eichbaum, das „Café Gärtner“, die „Rose“ und die „Krone“, die „Sonne“ das "Rathaus-Café“ und wie sie alle hießen? Aus dem „Kaiserhof wurde der „Stern“, aus der Krone das „Café Bogart“, das längst auch der Vergangenheit angehört; das „Bürgerstübl“ in der Moltkestraße wurde als ehemaliges Parteilokal der Plankstädter NSDAP verständlicherweise nach dem Krieg nicht wiedereröffnet.
All diese Wirtschaften schlossen nach und nach ihre Pforten; manchmal sind sogar die Häuser verschwunden wie beim Löwen, beim Pflug oder beim Rathaus-Café. Wer weiß eigentlich noch, dass im Haus Schwetzinger Straße 59, neben dem ehemaligen Schuhhaus Wolpert, das Café Springer war? Hans Kiefer übernahm diesen Betrieb, bevor er in den Engel in der Eisenbahnstraße wechselte. Die Gaststätte „Feldwanz“ in der Hebelstraße ging aus der Gaststätte „Zur Baugenossenschaft“ hervor und es ist anzunehmen, dass die Gaststätte zunächst als Kantine für die Bauarbeiter beim Bau der Eisenbahnersiedlung 1919 entstanden ist. - Als in den 60er-Jahren aus dem Eiscafé Fiammelli am Sportplatz die „G’nickschuss-Bar“ wurde, konnte man sich im Etablissement selbst mit dieser Bezeichnung eine blutige Nase einhandeln. Andererseits gab es schon immer Namensumschreibungen für die Wirtschaften, die im Volksmund ganz selbstverständlich waren, wie z. B. "„bei der Gunda“ für den „Eichbaum“, „beim Max“ für den „Erbprinzen“, „beim Seppl“ für den Löwen oder „beim Blem“ für den „Badischen Hof“. Zwiespältig war es schon wieder, wenn man in den 60er-Jahren statt in den „Löwen“ „zum Ruß“ ging; Karl Gaa hörte seinen Unnamen nicht allzu gerne. Wie wir daraus aber sehen, fand oftmals eine Identifikation zwischen Wirten und der von ihnen betriebenen Gaststätte statt, die natürlich auch darauf schließen lässt, dass es sich meist nicht um zeitweilige Pächter, sondern um die Besitzer mit langer Familientradition handelte.
Beim Bericht über die vielen alten Plänkschter Wirtschaften, die der Vergangenheit angehören, ist eine kleine Geschichte über das Gasthaus „Zur Rose“ interessant, die jedoch den Lesern nicht vorenthalten werden soll.
Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar
Fortsetzung im nächsten Gemeindemitteilungsblatt