Teil 2 (Fortsetzung)
Die Gaststätte „Zur Rose“ in der Schwetzinger Straße, an deren Platz sich heute das Gesundheitshaus Hagenauer wurde 1860 von Johann Peter Gaa II. als Gaststätte und Metzgerei gegründet, und der Wirt musste, um zur Konzession zu gelangen, auch Möglichkeiten zur Beherbergung nachweisen. Auch die Nachfolger mussten zusehen, dass das Geschäft floriert und entwickelten für die damalige Zeit schon originelle „Marketing-Methoden“: So berichtete mein Großvater vom Rose-Wirt Georg Michael Gaa, der sich zu der Tageszeit, als die Arbeiter aus dem Unterdorf auf dem Weg zum Bahnhof waren, mitten auf die Kreuzgass’ (Kreuzung Ladenburger/Eisenbahn-/Eppelheimer/Schwetzinger Straße) stellte – das war beim damaligen Verkehrsaufkommen noch kein Problem – und mit lauter Stimme verkündete: „Strömt herbei, ihr Völkerscharen, denn das Bier hat abgeschlagen – bei Georg Michael Gaa im Gasthaus ‚Zur Rose‘ zu Plankstadt“. Überliefert wurde auch der Spruch „In der Ros’, do isch da Deifel los; do gibt’s gebredelde Kadoffel, Knoche uhne Soß’!“ Ein weiterer Spruch war: „Zum Rosewert, zum Rosewert, do gääne ma nimmi nei, der meschd im Ort die gläänschde Werschd und hot in sauere Wei!“ So war das in alter Zeit! Später, in den 60er Jahren, als der ebenfalls legendäre Fichtners-Michl die Wirtschaft führte, wurde sie in eine Diskothek mit Namen „Waggon-Wheel“ umfunktioniert, in der der spätere Immobilienmakler Wolfgang Rettig als Disc-Jockey fungierte. – Die Metzgerei wurde schon 1955 aufgegeben, der Gaststättenbetrieb schloss 1969.
Weiter gehört zu den nicht mehr existierenden Gaststätten auch der „Rote Schneider“ in der Wilhelmstraße, wo sich bis vor wenigen Jahren die Metzgerei Wettstein (zum Schluss Filiale der Metzgerei Back) befand. Dieses Gasthaus mit Metzgerei wurde 1924 von Wilhelm Schneider eröffnet und schloss 1984 als Pizzeria mit dem Mario als Wirt.
Die traditionsreiche Gaststätte „Zum Adler“ in der Schwetzinger Straße, bereits im Jahre 1838 durch Hermann Treiber gegründet, hatte seine Hoch-Zeit unter Adlerwirt Karl Treiber und seiner Frau Magda und hat danach vielfache Veränderungen erfahren, bis letztlich das gesamte Adler-Areal abgetragen und durch das heutige Dienstleistungsgebäude mit Sparkasse, Arztpraxen, Ergo-Therapie und Wohneinheiten neu gestaltet wurde.
Zu den originellsten Gasthäusern in Plankstadt gehörte zweifelsfrei der alte „Erbrinzen“ im Waldpfad vor dem Bau der Metzgerei Engelhardt. Es ist heute eigentlich gar nicht mehr vorstellbar, dass im alten Erbprinzen links vom Eingang zu bestimmten Zeiten der Arzt Dr. Deussen hinter einem Bretterverschlag ordinierte. Das wäre doch auch was für heutige Zeitgenossen: Das Wartezimmer ist gleichzeitig Gaststube und die Wartezeit lässt sich wohlig bei einem Glas Bier oder auch zweien erträglich gestalten. Fraglich ist nur, ob da die Krankenkassen auch mitspielen würden! – Es ist jammerschade, dass die Wandmalereien in der Gaststube im Laufe der Renovierungen verloren gegangen sind. Zum Glück hat Altbürgermeister Werner Weick sie gesammelt und Eugen Pfaff hat sie im Heimatbuch verewigt, so dass wir uns wenigstens auf diesem Wege noch daran erinnern können.
Hier einige Spruch-Beispiele aus dem Erbprinzen: „Komm herein, du edler Gast, wenn du Geld im Beutel hast. Hast du Geld, dann setz‘ dich nieder, hast du kein‘s, dann geh gleich wieder.“ – „Abends vull, morgens null.“, – „Lieber Gast, halt’s Maul, ist der Wein auch faul, ist der Wein auch schlecht, die Etikette war echt.“ – „Nach alter Sitt‘, in deutscher Mitt‘, kommt trinkt euch alle Sorgen quitt!“ – „Bier und Wein wird nicht getauft, weil der Wirt gern selber sauft.“ – „Mancher möchte gern trinken und essen, aber er hat das Arbeiten vergessen!“ – „Los ma des e weg.“ – Solche Wandmalereien gab es auch andernorts, bekannt geworden sind in badischen Gasthäusern auch Malereien mit Motiven aus der Zeit der Badischen Revolution von 1848, mit denen Bürger ihren Willen nach mehr Freiheit und Demokratie demonstrierten. – Im alten Welde-Bräu in Schwetzingen, dem „Grünen Laub“, war der aufmunternde Spruch zu lesen: „Ess‘ und trink‘ solang Dir’s schmeckt, schon zweimal ist uns s‘ Geld verreckt!“ oder die Aufforderung an den Gast „Leg’s Krügl um, dann kriegst noch eens!“
In den meisten Gaststätten befanden sich die sanitären Anlagen noch im Hof in der Nähe des Mistlochs und der Ställe – „Pissoir im Hof“ oder „Zu den Aborten“ stand meist wenig galant auf einem Emailleschild. Damentoiletten waren seltener und oft an versteckten Orten im Haus; es ist anzunehmen, dass es sich dabei auch oft um die Privattoilette der Wirte handelte. Offenbar lohnte sich der Einbau einer getrennten Damentoilette nicht immer, da diese nur an wenigen Tagen im Jahr wie z. B. an Kerwe die Gasthäuser zusammen mit ihren Männern besuchten. Wenn – was selten genug vorkam – Kinder mit ins Gasthaus durften, so fanden diese meist eine Spielgelegenheit draußen; ein Umstand, der heute vielen Kindern sichtlich und hörbar fehlt, beobachtet man ihr Verhalten in Gaststätten. Zu den meisten Nachmittagsstunden fand man Kartenspieler-Gruppen in den Wirtschaften. Gespielt wurde beileibe nicht nur Skat. Beliebte Spiele waren auch Schafkopf und „G‘selles“, im Erbprinzen trafen sich die „Bulle-Brüder“, eine Kartenrunde (das Spiele nannte sich „Bulles“) um den Mitsche-Schorsch und den „Sesslers-Spetz“ (Alois Sessler) mit heute weitgehend unbekannten Spielen, die keiner mehr erklären kann.
Eine Wirtschaft, so alt wie das Jahrhundert, ist auch der „Rosengarten“ oder wie sie früher hieß „Restauration zum Rosengarten“. Das Gasthaus hatte nach früheren Maßstäben eine sehr günstige Lage, denn die meisten, die aus dem Unterdorf zum Bahnhof mussten, passierten die Stelle, da lag es nahe, mal einen Halt einzulegen. Der Tanzsaal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Kino, den „Rosengarten – Lichtspielen“, umgebaut. Nach dem Ende des Plänkschter Kinos wurde im umgebauten Kinosaal noch einige Jahre die Diskothek „Filmstudio“ betrieben; heute befindet sich dort ein Wohnhaus, die alte Wirtschaft „Zum Rosengarten“ wird heute als türkische Gaststätte „Cengisman“ betrieben.
Betrachtet man heute die Besucherzahlen der meisten Gaststätten in Plankstadt, so mag man kaum glauben, dass in früheren Zeiten, als den Menschen das Geld noch nicht so locker saß, die Wirte in Plankstadt ihr Auskommen hatten. – Aber – und das lässt sich gerade bei ausländischen Wirten gut beobachten – Grundlage der funktionierenden Gastwirtschaft war auch die Tatsache, dass die Familienmitglieder alle fest in den Betrieb miteingebunden waren und auf fremdes, und damit entsprechend zu honorierendes Personal, weitgehend verzichtet werden konnte. Nur bei besonderen Gelegenheiten, wenn viele Gäste zu erwarten waren – wie an Kerwe oder bei Hochzeiten – verpflichtete der Wirt kurzfristig für diesen Tag Bedienungen. Es waren meist immer dieselben Frauen, von denen man beispielsweise sagte „die hot als frieher im Adler uffgetroare“ und die sich so ein Zubrot verdienten.
Als die Gaststätte „Zum Eichbaum“ (Ecke Ludwig-/Leopoldstraße) schloss, endete eine fast 125-jährige Wirtshausgeschichte. Die erste Eintragung finden wir am 4. März 1878 mit dem Wirt Wilhelm Moos. Moos bekam bei der Konzessionserteilung gleich Schwierigkeiten, weil er ursprünglich den Eingang von der Leopoldstraße her haben wollte. Da sich dort jedoch ein öffentlicher Brunnen befand, hatte der Gemeinderat Bedenken, da so „dem Brunnen leicht Unreinlichkeiten zugeführt werden könnten“. Deshalb musste Moos den Eingang zum Lokal in das Keesgriebengässel, die heutige Ludwigstraße verlegen. Über die ganze Zeit hinweg gehörte der Eichbaum zu den traditionsreichen Gaststätten im Ort. Im ersten Viertel des vergangenen Jahrhunderts war er in wechselnden Händen; unter anderem war Friedrich Saam Wirt, der 1919 dann den „Kaiserhof“ (Zum Stern) übernahm. In den Konzessionsakten finden wir unter anderem auch Johann Georg Berlinghof, Anna Maria Berlinghof, Adam Klein II., Kätchen Wagner und Jean Knapp. Durch seinen Saal war der Eichbaum für die Plankstadter Vereine immer von Bedeutung; seit 1968 war er Sängerheim des GV Liederkranz. Unvergessen die Wirtin Adelgunde Berlinghof, die den Eichbaum 1934 übernommen hatte (gestorben 1968), die bei den Gästen so beliebt war, dass man nicht in den Eichbaum, sondern einfach „Zur Gunda“ ging. Heimatforscher Eugen Pfaff berichtet von einem Bohnenkaffee-Nachmittag im Jahr 1949 im Eichbaum, was in dieser an Genussmitteln so armen Zeit etwas ganz Besonderes war. Den Bohnenkaffee hatte Herman Rey aus Amerika geschickt. Auch dieses Gasthaus ist aus dem Ortsbild verschwunden.
Dieser Rückblick mag auch als Einblick auf ein verändertes gesellschaftliches Verhalten einer veränderten Bevölkerung geben. Soziologen und Freizeitforscher verglichen dieses Verhalten mit der Zeit des Biedermeier (etwa 1815–1848), eine Zeit, in der auch ein Rückzug der Menschen ins Privatleben zu beobachten war; Ähnliches erleben wir heute auch wieder – wenn auch aus anderen Beweggründen.
Die Familie ist mehr in den Mittelpunkt gerückt – mit all ihren Tätigkeiten und gemeinsamen Aktionen. Nicht mehr am Stammtisch, sondern in der Familie und mit Freunden werden Gespräche über wichtige Fragen des Lebens geführt. Es hat ein Einstellungswandel mit dem Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, zur Ruhe zu kommen, stattgefunden. Oberflächlicher Spaß ist auf dem Rückzug – spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001! Die Menschen ziehen sich mehr zurück. Dass sich solche veränderten Einstellungen natürlich auch auf den Wirtshausbesuch auswirken, ist von Nord- bis Süddeutschland zu beobachten – sogar im traditionsreichen Bayern werden die Dorfgasthäuser immer seltener. Unser Plankstadt bildet da also keine Ausnahme – auch wenn das noch so sehr bedauert wird!
Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar