Mindestens einmal im Jahr findet im Mosbacher Gemeinderat eine Polizeibefragung statt. Bei dieser gibt der Leiter des örtlichen Polizeireviers einen Überblick über die Sicherheitslage in Bezug auf Straftaten und stellt sich im Anschluss den Fragen der Stadträtinnen und Stadträte. Bei der Gemeinderatssitzung im November, die am Mittwochabend im Audimax der DHBW am Campus Lohrtalweg stattfand, kam diese Aufgabe dem noch relativ neuen Revierleiter Andreas Hammer zu.
Oberbürgermeister Julian Stipp begrüßte den Gast unter dem Tagesordnungspunkt vier der Sitzung mit dem Titel „Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023“. Integriert sollte Hammer Stellung beziehen zu einem Antrag der CDU-Stadtratsfraktion, welche die Stadtverwaltung um mehr Informationen zu dem Themenkomplex ersucht hatte.
Polizeirat Andreas Hammer stieg in seine Präsentation mit statistischen Werten für den räumlichen Zuständigkeitsbereich des Polizeireviers Mosbach ein, welches dem Polizeipräsidium Heilbronn untersteht. Zur vergleichenden Aufbereitung schickte er voraus, dass sich bei den meisten Zahlen in den vergangenen fünf Jahren relativ wenig verändert habe.
Mit insgesamt 907 erfassten Verkehrsunfällen lag das Jahr 2023 etwa zehn Prozent über dem Durchschnittswert seit 2019. Bei 77 Unfällen traten Personenschäden auf. Es resultierten daraus ein Todesopfer sowie zehn Schwer- und 78 Leichtverletzte. Die Zahl der Leichtverletzten liegt damit 21 Prozent unter dem Schnitt. Bei den Schwerverletzten sind es neun Prozent weniger.
Hammer wies darauf hin, dass es die Polizei immer häufiger auch im ländlichen Raum mit politischen Demonstrationen kleinerer und größerer Art zu tun bekommt, für welche auch Personal abgestellt werden muss. Im kommenden Jahr hoffe er ohnehin auf Verstärkung, da sich bereits über längere Sicht ein Bedarf angehäuft habe. Freigewordene Stellen bei einem Polizeirevier lassen sich schon wegen der strengen Regelungen des Beamtenrechts nicht so einfach und schnell nachbesetzen.
Einen Querschnitt gab Polizeirat Hammer zu den einzelnen Kategorien von Straftaten, die in Mosbach vorkamen. So habe man etwa im Feld der sexuellen Selbstbestimmung im Jahr 2023 vier Fälle von exhibitionistischen Handlungen vorliegen gehabt. In 13 Fällen ging es um Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie. Zweimal wurde wegen Vergewaltigung ermittelt und fünfmal aufgrund sexueller Belästigung.
Von 195 Körperverletzungsdelikten hatte man es 64-mal mit der Qualifikation zur gefährlichen oder gar schweren Körperverletzung zu tun. 73-mal ging es um Bedrohung, 17-mal um Nötigung und zwölfmal um Raubdelikte, deren zwei auf offener Straße bzw. Wegen oder Plätzen stattfanden.
Drogenmissbrauch ist weiterhin ein Thema, wobei wenn diese in absoluten Zahlen „durch die Cannabis-Legalisierung bereits deutlich zurückgeht“, so Hammer. 119 Rauschgiftdelikte wurden 2023 erfasst, von denen 28 das Handeltreiben mit verbotenen Substanzen betrafen.
Im Anstieg begriffen sind Vermögens- und Fälschungsdelikte. Den denkbar logischen Zusammenhang stellte Hammer über die Digitalisierung sowie die Qualität verfügbarer Technik her. Hier setze man besonders auf Präventionsprogramme, um gerade jüngere Menschen dafür zu sensibilisieren, welche Gefahren in der unüberlegten Nutzung von Smartphone und Internet liegen. „Man kommt hier schnell von Jugendstreichen zu erheblichen Straftaten“, stellte Hammer heraus.
„Fahrenbach ist ein heißes Pflaster“, stellte Andreas Hammer mit Blick auf ein Säulendiagramm mit leicht humorigem Unterton fest, wo die Betroffenheit von Gemeinden im Zuständigkeitsbereich des Mosbacher Polizeireviers verglichen werden. Die spontane Erheiterung im Saal löste der Polizeichef sogleich auf: „Die Häufigkeitszahlen werden über die Einwohnerzahl berechnet.“ Fahrenbach liegt in der Folge dieser statistischen Umrechnung von Straftaten pro 100.000 Einwohner mehr als doppelt so hoch wie Mosbach, mit 18.175 zu 5.902. Und dabei steht die Große Kreisstadt selbst auf Platz zwei – die geringste Häufigkeitszahl unter den 17 eigenständigen Gemeinden im Revier hat Limbach aufzuweisen (1.739).
Dass mit Blick auf das Stadtgebiet Mosbach die Gegenüberstellung mit einem ähnlich großen Mittelzentrum anderswo im Land interessant gewesen wäre, merkte Hammer selbst an. „Ich habe mich etwas schwergetan, eine vergleichbare Stadt zu finden“, erklärte er und unterstrich damit auch die ungewöhnlichen Gegebenheiten Mosbachs von Lage und Einwohnerzahl her, was Auswirkungen auf die Struktur insgesamt habe. „Wenn der Herr Oberbürgermeister mir eine ähnliche Stadt nennt, bereite ich das gerne für nächstes Mal vor“, fügte er lächelnd hinzu.
Die oft in Zusammenhang mit der Migrationspolitik thematisierte Herkunft von Straftätern griff Andreas Hammer in einer weiteren Grafik auf. Demnach waren unter den Tatverdächtigen im Jahr 2023 insgesamt 501 deutsche Staatsangehörige. 273 entfallen in der Statistik auf andere Nationalitäten, was 35,3 Prozent entspricht.
Abschließend resümierte der Revierleiter die allgemeinen „Messzahlen“ der Kriminalstatistik für Mosbach. Demnach wurden im Stadtgebiet 1.386 Straftaten erfasst, was einem Anstieg von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Aufklärungsquote liegt bei 70,2 Prozent. Insgesamt gab es 774 Tatverdächtige, unter denen 273 Nichtdeutsche waren, was 35,3 Prozent entspricht. 63 Tatverdächtige waren Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren.
Intensiver, als es in den vergangenen Jahren meistens der Fall war, nutzten die Stadträtinnen und Stadträte die Gelegenheit, Fragen direkt an den örtlichen Polizeichef zu richten. So wollte etwa Stadtrat Manfred Beuchert (CDU), selbst ehemaliger Kriminaldirektor, etwas mehr über die laufende Einbruchsserie wissen, von der überregional berichtet wird. Gleichzeitig stellte er den Antrag, dass regelmäßig ein solcher Lagebericht abgegeben werden sollte. OB Stipp erwiderte darauf, dass man das bisher schon tue und auch weiterhin so beabsichtige.
Hammer verwies zum Thema Einbrüche auf laufende Maßnahmen wie häufige Streifen. Verbunden würden diese auch mit kreativen Präventionsmaßnahmen, wie etwa dem Einwurf von Flyern durch gekippte Fenster, um darauf aufmerksam zu machen, wie einfach an betreffender Behausung ein Einbruch möglich gewesen wäre. Empfehlenswert sei, das Angebot der Polizei zu nutzen und sich erklären zu lassen, wie man die eigenen vier Wände bestmöglich gegen Einbruch schützen kann. Ferner wolle das Mosbacher Polizeirevier davon profitieren, dass in Kürze eine in den Bereich besonders relevante Fachabteilung des Polizeipräsidiums Heilbronn wegen dort laufender Renovierungen zeitweise nach Mosbach umzieht.
Stadtrat Martin Reiland (Grüne) stellte fest, dass die Kriminalität insgesamt „stagniert“, während das Sicherheitsgefühl vieler Menschen trotzdem eher nachlasse. Von Andreas Hammer wollte er wissen, ob er „eine Idee“ habe, woran das liegen könnte. Dieser entgegnete mit einer kurzen, fiktiven Geschichte des unbedarften „Lieschen Müller“ auf abendlichem Spaziergang.
„Der Rahmen macht viel aus, was das Sicherheitsgefühl betrifft“, so Hammer. Personen, vielleicht nur etwas zu ausgelassen feiernde Jugendliche auf Sitzbänken in dunkler Umgebung, könnten ein Bedrohungsgefühl auslösen, obwohl meist gar keine reale Gefahr besteht. Überhaupt sei in Mosbach in Bezug auf Straßenkriminalität sehr sicher. Sinn machen könne es an manchen Stellen, für mehr Beleuchtung zu sorgen sowie Sauberkeit zu verbessern.
Stadtrat Dr. Gunter Leibfried (FW) sprach dem Revierleiter sowie den Polizeikräften insgesamt seinen Dank für deren tägliche Arbeit aus, was durch das gesamte Plenum sowie von den Zuschauerplätzen mit Beifall bekräftigt wurde.
Einen zum Themenkomplex ergänzenden Vortrag hielt im Anschluss die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes der Stadt Mosbach, Evelyne Wörner-Zemelka. Als Ortspolizei fällt ein Teil des thematischen Komplexes der öffentlichen Sicherheit auch in die Zuständigkeit der Stadtverwaltung selbst.
Wörner-Zemelka ging dabei insbesondere auf die bekannte Problematik in Zusammenhang mit schwierigen Jugendlichen ein. Eben darauf habe man dieses Jahr mit einer neu konzipierten Struktur der Jugend-Sozialarbeit reagiert. Und diese hätte durch die neuen „Streetworker“ auch bereits beachtliche Erfolge erzielt. Es sei „Vertrauen aufgebaut“ und damit die wichtigste Basis geschaffen worden. Allerdings sei aufgefallen, dass es „fast immer dieselben Jugendlichen“ sind, die auffallen, so Wörner-Zemelka. Nicht selten kämen sie mitunter von größeren Städten, so dass man oft gar nicht wisse „warum sie immer wieder den Weg hier herfinden“, schilderte sie.
Dennoch sehe man sich insgesamt auf dem richtigen Weg. Wörner-Zemelka sprach dabei von einer „guten Zusammenarbeit mit der Polizei“, so dass die Maßnahmen koordiniert ablaufen und sich ergänzen. Beim Rechts- und Ordnungsamt könne man sich zur Aufgabenerfüllung auf insgesamt fünf Vollzeitkräfte stützen.
Erste Auswertungen haben inzwischen ebenfalls stattgefunden, was den neuen „Hinweismelder“ auf der Internetseite www.mosbach.de betrifft. In der Tat seien über diesen insbesondere Wünsche nach einer verbesserten Beleuchtung „dunkler Ecken“ gewünscht worden, was insoweit mit den Ausführungen von Polizeirat Andreas Hammer korrespondiert.
Manfred Beuchert (CDU) erkundigte sich, ob die Hinweisgeber auch eine Rückmeldung bezüglich deren Eingaben erhalten. Evelyne Wörner-Zemelka verneinte dies, abgesehen von einer Eingangsbestätigung. Alle Hinweise seien jedoch erfasst worden und man werde diesen nachgehen, erklärte sie.
Oberbürgermeister Stipp dankte für die Vorträge sowie für die offene Diskussion im Anschluss. Der Bedeutung des Themas der öffentlichen Sicherheit sei man sich bewusst und wolle weiterhin – unter Einbezug des Gemeinderatsgremiums – den regelmäßigen Austausch mit dem örtlichen Polizeirevier pflegen. (frh)
(In Kasten)
Weitere Berichterstattungen zu der umfänglichen Novembersitzung des Mosbacher Gemeinderats folgen voraussichtlich in der nächsten Ausgabe des Mosbacher Stadtanzeigers.