Am 28. Juli ging das Belcanto Opera Festival „Rossini in Wildbad“ mit einem stimmungsvollen Waldkonzert auf dem Sommerberg zu Ende. Anlass für den „Wildbader Anzeiger“ bei den Organisatoren und Hoteliers nach deren Eindrücken und Bilanz zu fragen.
Wie die Geschäftsführerin der Touristik Bad Wildbad GmbH, Stefanie Eisele, berichtet, wurden insgesamt 3241 Tickets verkauft, gegenüber 3170 im Vorjahr. Dies entspricht einem minimalen Zuwachs von 2,2 Prozent. Bei einem Gesamtkontingent von 4168 Tickets konnten somit 80 Prozent verkauft werden. „Wir liegen damit etwas besser als im Vorjahr, die Zahlen haben sich nach Corona weiter erholt, aber wir sind nicht zu 100 Prozent ausgelastet“, fasst die Geschäftsführerin der Touristik Bad Wildbad zusammen. Aufgrund der verkürzten Spielzeit werde man an die Ticketzahlen aus früheren Jahren nicht mehr herankommen. Dadurch seien letztendlich aber auch die Kosten zurückgegangen, etwa beim Transport und der Unterbringung der Künstler. Zu den ausverkauften Aufführungen gehörten laut Eisele die beiden Masterclass-Konzerte „Rossini & Co.“, das Konzert mit Marina Viotti sowie die Oper „L‘italiana in Algeri“. „Traditionell sind die Veranstaltungen im Kurtheater am schnellsten verkauft. Für die Italiana gab es kaum Restkarten, trotz der teilweise gewagten Anfangszeit von 10.45 Uhr. Alle drei Opern wurden mit großem Jubel aufgenommen. Standing Ovations scheinen – in Bad Wildbad wie in Krakau – beinahe zur Regel zu werden. Wir hatten zudem eine große Resonanz in den Medien, die erstaunlich positiv ausgefallen ist“, zeigt sich Intendant Jochen Schönleber zufrieden. Zum Eröffnungskonzert auf dem Baumwipfelpfad kamen 300 zahlende Gäste, bei einem Kontingent von maximal 450 Plätzen. So konnte man laut Eisele etwas großzügiger und ohne Sichteinschränkungen bestuhlen. Auch beim Waldkonzert sei man mit 180 Besuchern glücklich gewesen. In der über 400 Personen fassenden Trinkhalle habe es bei der Oper „Masaniello“, dem Ersatzkonzert zu „Zwei Gesichter von Gilbert-Louis Duprez“ und bei den Aufführungen des „Comte Ory“ noch freie Plätze gegeben.
„Aufgrund des tollen Wetters konnten die Outdoor-Veranstaltungen wie geplant stattfinden, wozu auch das gut besuchte Konzert auf dem Baumwipfelpfad gehörte. Der Vorverkauf beginnt rechtzeitig vor Weihnachten und da gibt es meistens schon einen ersten Ansturm, da die Tickets auch gerne verschenkt werden. Etwa zwei Wochen vor Festivalbeginn nimmt der Verkauf nochmals spürbar zu, auch Einheimische entscheiden sich eher kurzfristig. Selbst an der Abendkasse gehen noch etliche Karten raus. Wir sind somit ganz zufrieden, auch was die Belegung der örtlichen Hotellerie anbelangt“, freut sich Eisele. Insbesondere die Betreiber von Ferienwohnungen würden durch die Unterbringung von Ensemblemitgliedern zusätzliche Einnahmen erzielen. Auch die Rossini-Pauschalen der Touristik seien gebucht worden, in diesem Jahr unter anderem von einer größeren Reisegruppe, die mit dem Bus anreiste. Bei den Merchandising-Produkten liege man kurz vor und während des Festivals etwa beim doppelten Umsatz. „Viele möchten ein Mitbringsel erwerben“, so Eisele. Bei den Kosten sind laut Eisele keine großen Ausschläge nach oben oder unten zu erwarten. Zwar seien die Hotelpreise insbesondere aufgrund steigender Nebenkosten gestiegen, dies wirke sich jedoch nur minimal auf die Gesamtabrechnung aus.
Lobende Worte fand sie auch für das Catering an den Spielstätten sowie die stimmungsvollen Lichterketten entlang der Enz, die noch von der Enzanlagenbeleuchtung herrührten. „Hierzu haben wir so manche positive Rückmeldung bekommen“, meint sie. Eine sehr gute Entwicklung nimmt laut Schönleber das Angebot im Kinder- und Jugendtheaterbereich. In diesem Jahr zeigte ein junges Ensemble aus Mitgliedern der Akademie BelCanto Ausschnitte aus Rossinis märchenhafter Oper „Cenerentola“ (Aschenputtel) bei der Englischen Kirche. „Mehr als sechs Aufführungen konnten wir angesichts des späten Festivaltermins vor den Sommerferien nicht anbieten. Die Aufführung kam sehr gut an – so wie bereits der 'Barbier von Sevilla' im Vorjahr. Alle Schulen, welche diesen gebucht hatten, waren wieder dabei“, so die Bilanz des Intendanten. Mit zu den größten Herausforderungen bei der Planung und Durchführung des Festivals zählt Schönleber das überwiegend neue Team, das die vielfältigen Aufgaben mit Enthusiasmus und mit Bravour gemeistert habe: „Das war über die Maßen erfreulich. So viele freundliche, aber enthusiastische Mitarbeiter. Einfach toll!“ Die Basis für das Festival in Bad Wildbad ist für den Intendanten jedoch nach wie vor zu schmal. „In vielerlei Hinsicht müssen wir uns breiter aufstellen, sonst besteht Gefahr, dass der größere Partner (Krakau), der sich bislang ruhig verhielt, uns irgendwann einfach schluckt. Laut Schönleber wird das nächste Rossini-Festival in Bad Wildbad vom 17. bis 27. Juli 2025 stattfinden. Zum Programm möchte er sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. „Wir arbeiten dran“, meint er. Man darf also gespannt sein.
Für Mohamed Mokni bedeutet das Festival einen Gewinn für Bad Wildbad. „Es bringt Leben in die Stadt und schafft eine besondere Atmosphäre. Bad Wildbad hat sich mit den Festspielen auf internationalem Parkett einen Namen gemacht, mit Besuchern aus Frankreich, Holland, Italien und der Schweiz. „Was hier läuft, ist Perfektion und besser als in Pesaro, die Gäste sind begeistert und machen sich auch mal schick für einen Opernabend. Wir haben zwar zehn Prozent unserer Stammgäste verloren, aber fünf Prozent neue Gäste gewinnen können“, lautet seine Bilanz. „Einige der älteren Gäste können nicht mehr kommen“, begründet der Inhaber von Mokni’s Palais Hotel & SPA den Rückgang. „Wir nehmen während des Festivals nur Rossini-Gäste bei uns auf. Diese haben kaum Zeit für Ausflüge und geben ihr Geld daher vorzugsweise vor Ort aus. Dass sie dabei durchaus ausgabefreudig sind, kann Mokni bestätigen. „Das Restaurant 'Toscana Due' hatte während des Festivals zwar weniger Gäste als im Vorjahr, aber mehr Umsatz gemacht“, meint er. Nur wenige der Rossini-Fans kämen auch mal unterjährig in das Heilbad. Doch wer einmal überzeugt sei, buche rechtzeitig im Voraus seine Tickets und seine Hotelzimmer, beschreibt er das typische Verhalten der Stammgäste. Der Hotelier bedauert, dass die Proben zu den Opern ins polnische Krakau verlagert wurden. „Früher haben sie in Bad Wildbad geprobt, blieben bis zu vier Wochen hier, was für die örtlichen Betriebe natürlich wesentlich lukrativer war, aber auch Leben in die Stadt gebracht hat“, führt er aus. „Wir sollten uns nicht auf dem bisher Erreichten ausruhen, sondern eine noch bessere Vermarktung anstreben“, regt er an.
Auch sein Kollege Wolfgang Richter vom Hotel „Rothfuss“ würde weitere Investitionen in das Marketing begrüßen, um den Bekanntheitsgrad zu steigern. Zudem sei die Webseite von „Rossini in Wildbad“ nicht SEO-optimiert, was in seinen Augen äußerst wichtig sei.
Auch für Schönleber sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, neue Publikumskreise zu erschließen. „Der Radius in Bad Wildbad ist begrenzt, aber wir hatten dieses Jahr durchaus auch neue Gäste. Wir müssen unbedingt das Potenzial der Hotels hier in der Region anzapfen, um gehobene Touristen auch im Umkreis anzulocken“, schlägt er vor. (kf)