Pressekonferenz im Landratsamt

Fällt der Kinderärztliche Bereitschaftsdienst? Es begann mit losen Gerüchten, die sich schnell verdichteten: Der Kinderärztliche Notfalldienst im...
Bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Mosbach wurde deutlich, dass man mit den Reformplänen der KVBW, denen der Kinderärztliche Bereitschaftsdienst im Neckar-Odenwald-Kreis zum Opfer fallen könnte, nicht einverstanden ist. V.l.: Dr. Susanne Herberg, Bürgermeister Roland Burger (Buchen), Oberbürgermeister Julian Stipp und Landrat Dr. Achim Brötel.
Bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Mosbach wurde deutlich, dass man mit den Reformplänen der KVBW, denen der Kinderärztliche Bereitschaftsdienst im Neckar-Odenwald-Kreis zum Opfer fallen könnte, nicht einverstanden ist. V.l.: Dr. Susanne Herberg, Bürgermeister Roland Burger (Buchen), Oberbürgermeister Julian Stipp und Landrat Dr. Achim Brötel.Foto: frh

Fällt der Kinderärztliche Bereitschaftsdienst?

Es begann mit losen Gerüchten, die sich schnell verdichteten: Der Kinderärztliche Notfalldienst im Neckar-Odenwald-Kreis soll entfallen und Betroffenen an die bestehenden Kinderkliniken in Heilbronn und Bad Mergentheim verwiesen werden. Ausgangspunkt dafür sind Reformbestrebungen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die ärztliche Bereitschaftsdienste insgesamt betreffen und zum Ziel haben, überall in Baden-Württemberg die Erreichbarkeit innerhalb einer gewissen Fahrzeit zu gewährleisten.

Dies trifft dann mitunter auch ländlich geprägte Landkreise, die bisher über eigene und gut funktionierende Bereitschaftsdienste verfügen. Besteht auf dem Papier eine „zu gute“ Versorgung, während sie in einem benachbarten Landkreis unter dem angestrebten Mindestniveau liegt, wird die gut funktionierende Struktur „angezapft“, um die schwächelnde zu stabilisieren – so lautet freilich nicht die offizielle Sprechart, aber man kann beim Blick auf die neue Verteilung der Standorte, welche die KVBW in einer Pressemappe veröffentlichte, zu diesem Eindruck gelangen. Der Neckar-Odenwald-Kreis ist darin bereits ein „weißer Fleck“, wie etwa Dr. Susanne Herberg, eine im hiesigen Bereitschaftsdienst engagierte Kinderärztin in Mosbach, mit gewisser Verärgerung feststellt.

Schriftwechsel

Angesichts der Dringlichkeit hat Landrat Dr. Achim Brötel in Abstimmung u. a. mit Mosbachs Oberbürgermeister Julian Stipp und dem Bürgermeister von Buchen, Roland Burger, zu einer Pressekonferenz eingeladen. „Die erste Information erhielt ich durch eine WhatsApp-Nachricht aus dem Main-Tauber-Kreis“, erklärte Landrat Brötel. Den Zuträger wollte er nicht nennen. Wenig später ging am 14.10. die offizielle Anfrage in der Sache an die KVBW. Einen weiteren Brief richtete am selben Tag auch Stipp an dieselbe Adresse.

Die Antwort der KVBW vom 21.10. erging an beide sowie an den Landtagsabgeordneten Peter Hauk (CDU) – bereits in der Anrede mit „Sehr geehrte Herren“ vermittelt die Stellungnahme stilistisch nicht unbedingt den Eindruck besonderer Wertschätzung. Viel mehr wird allgemein erklärt, dass man im Sinne des gesamten Bundeslandes handle. Auf Mosbach speziell wird im Schlusssatz eingegangen, wo es heißt, es bestünde dort weiterhin ein allgemeiner Ärztlicher Bereitschaftsdienst durch das Klinikum (Standort der NOK-Kliniken, A.d.R.) und die Versorgung bleibe somit „auf hohem Niveau gesichert“.

Beteiligung gefordert

Die Empfänger vor Ort können den Aussagen der KVBW wenig abgewinnen. „Es ist mir keine Kassenärztliche Vereinigung bekannt, die so handelt, wie die in Baden-Württemberg“, erklärte Brötel, der auch Präsident des Deutschen Landkreistages ist. Das Verhalten des Landes-Sozialministeriums empfinde er derzeit ebenfalls eher als „Hände in den Schoß legen“. LR Brötel verwies dabei auf die dem Ministerium zustehende Rechtsaufsicht über die KVBW.

Letztlich stellt diese jedoch keine inhaltliche Weisungsbefugnis dar, sondern betrifft eher die Sicherstellung, dass Gesetze eingehalten werden. In einer Pressemitteilung des Landesministeriums stellt der zuständige Minister Manfred Lucha (Grüne) ferner heraus, dass der Bundesgesetzgeber den Ländern die rechtlichen Möglichkeiten bei der Reform des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes „stark eingeschränkt“ habe.

„Kahlschlag“

Landrat Brötel widersprach Luchas Interpretation deutlich. Zumindest hätte umfassend geprüft und beteiligt werden müssen, so Brötel. Seitens der KVBW sei es eine „reine Basta-Politik“. Und OB Stipp ergänzte, dass er sich am meisten über deren „schlechten Stil“ ärgere. Ein Gespräch über eine geplante Reform habe es vor wenigen Monaten gegeben – weitere seien für den Fall konkreter werdender Eckpunkte zugesagt gewesen, jedoch nicht erfolgt.

Bürgermeister Roland Burger erinnerte an die Schließung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Buchen bereits im Oktober des Vorjahres. Mosbach liege auch als Kreisstadt geografisch doch eher am Rande des Neckar-Odenwald-Kreises und sei insofern bereits für viele eine enorme Fahrzeit. Was nun geschehe, sehe er als weiteren, von Stuttgart her kommenden „Kahlschlag“ gegen den ländlichen Raum.

Dezentrales System

Man werde mehr oder weniger „vor vollendete Tatsachen gestellt“, beklagt auch die Ärztin Dr. Herberg. Sie habe den Eindruck, dass es den Verantwortungsträgern nicht bewusst sei, dass der Dienst im Raum Mosbach nur deshalb so gut funktioniere, weil die Ärzteschaft eng zusammenarbeite und den Dienst dezentral organisiert. Es wird auf eigene Praxisräume gesetzt und das dort verfügbare „Handwerkzeug“ genutzt, was die Effizienz erheblich steigere.

„Wir sind hier einfach anders“, stellte Herberg heraus, die auch Nachteile für den Standort im Werben um Nachwuchsmediziner/innen kommen sieht, wenn hier kein lokaler Kinderärztlicher Bereitschaftsdienst mehr vorgehalten würde. Sie betonte, dass man auch den Sonderfall berücksichtigen müsse, dass die Strukturen im Neckar-Odenwald-Kreis so entwickelt wurden, weil hier keine Kinderklinik vorhanden ist. Zu befürchten stünden zudem steigende Einsatzzahlen der Notfalldienste.

Protestaktionen

Ebenso wies Dr. Herberg darauf hin, dass bereits mit Bekanntwerden der Gerüchte die ersten Eltern bei ihr „auf der Matte gestanden“ hätten und Unterschriftenaktionen starten wollen. Sie selbst halte den vehementen Protest ebenfalls für nötig, sollten die Pläne in der beschriebenen Form umgesetzt werden. Allerdings habe sie auch darum gebeten, noch etwas zu warten. Falls keine tragfähigen Lösungen gefunden werden, wolle man koordiniert vorgehen.

Ob es dazu kommt, dürfte wesentlich davon abhängen, wie die KVBW ihre Planungen konkretisiert. Und welches Zeitfenster dafür vorgesehen ist. (frh)

Ein pädagogisches Spielzeug in der Mosbacher Praxis der Kinderärztin Dr. Susanne Herberg, die auch im dezentral organisierten Kinderärztlichen Bereitschaftsdienst Neckar-Odenwald tätig ist (Archivaufnahme).
Ein pädagogisches Spielzeug in der Mosbacher Praxis der Kinderärztin Dr. Susanne Herberg, die auch im dezentral organisierten Kinderärztlichen Bereitschaftsdienst Neckar-Odenwald tätig ist (Archivaufnahme).Foto: frh
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