Künstler Anselm Kiefer (80) hat sein Elternhaus in Rastatt so umbauen lassen, wie er es in seiner Kindheit von 1951 bis 1957 erlebt hat. Nach Angaben einer Sprecherin wurden eine Terrasse auf einem Anbau entfernt und zwei einst zugemauerte Fenster wieder dort eingefügt, wo sie früher waren.
Im Innern seien Balken und Strohdecken saniert, alte Fensterläden, Türen, Türschwellen und die Holztreppe restauriert worden. Die Arbeiter hätten Heizkörper, Teppiche und künstliche Bodenbeläge herausgenommen, um ein massives Holzparkett zu verlegen, das dem damaligen entspreche.
Nun können Interessierte das Haus Kiefer freitags und samstags besuchen. Zur Eröffnung vor wenigen Tagen kam der Bildhauer und Maler persönlich in seine alte Heimat. Er gilt als einer der größten zeitgenössischen Künstler.
Die Eröffnungsausstellung zeigt Werke aus den 1970er und 1980er Jahren, von denen einige etwa im Centre Pompidou in Paris, in der Royal Academy of Arts in London und im Israel Museum in Jerusalem zu sehen waren. «In diesen frühen Werken sind zentrale Themenkreise angelegt, die im künstlerischen Oevre von Anselm Kiefer bis heute immer wieder aufgegriffen und weiterentwickelt wurden: Landschaft, Geschichte, Mythologie und Poesie, im besonderen Gedichte von Paul Celan, Victor Hugo und Walther von der Vogelweide», heißt es in einer Mitteilung.
Kiefer wurde am 8. März 1945 kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) als Sohn eines Wehrmachtsoffiziers im Luftschutzkeller eines Krankenhauses geboren. Anfang der 1950er Jahre zog seine Familie in die Nähe von Rastatt, wo er das Gymnasium besuchte.
In Freiburg studierte er Rechtswissenschaften und Romanistik, bevor er sich dort der Bildenden Kunst zuwandte. Seine künstlerische Ausbildung setzte er später in Karlsruhe fort. 1992 verließ Kiefer Deutschland und ließ sich in Frankreich nieder. 2019 kaufte er nach Angaben des Ateliers Anselm Kiefer sein Elternhaus - eine ehemalige Schule - im heutigen Rastatter Ortsteil Ottersdorf.
Kiefer besuchte der Sprecherin zufolge vor Jahren das Haus mit Wim Wenders. Der Regisseur sei vom Gebäude und seiner Nähe zum Rhein so angetan gewesen, dass er im Kinderzimmer von Anselm Kiefer und am Rheinufer Szenen für seinen Film «Anselm – Das Rauschen der Zeit» (2023) drehte.
Der Rhein bei Ottersdorf und der Auenwald seien wichtige Bezugspunkte gewesen, berichtete Kiefer nun der dpa. «Vom Haus aus war der Rhein zu Fuß in einer halben Stunde erreichbar. Ich bin dort in meiner Kindheit sehr viel Fahrrad gefahren und geschwommen.»
Die Dieselmotoren einer Fähre, die Deutschland mit Frankreich verband, habe man gehört, noch bevor der Fluss zu sehen war. «Die Grenze zum anderen Land war eine changierende, denn im Frühjahr mit der Schneeschmelze schwoll der Fluss an, trat über seine Ufer und breitete sich so aus, dass der Keller des Hauses mit Wasser aus dem Rhein angefüllt war.»
Beim Gang zum Rhein sei man an gesprengten Bunkern vorbeigekommen, schilderte er. «Die gesprengten Bunker waren im Winter Erhöhungen in der Landschaft und dienten den Kindern als Schlittenhügel. Im Sommer wechselten sie in deren Schutz ihre Kleider, um zu schwimmen.»