Redaktion NUSSBAUM
76703 Kraichtal

Rathaussturm Kraichtal

Das Kraichtaler Rathaus in Hand Kerschdekipper Voller Erfolg für die Narren: Bis zum Aschermittwoch wurden alle neun Stadtteile von den Narren regiert,...
Die „Uneroiser Kerschdekipper“ vor dem Rathaus.
Die „Uneroiser Kerschdekipper“ vor dem Rathaus.Foto: hjo

Das Kraichtaler Rathaus in Hand Kerschdekipper

Voller Erfolg für die Narren: Bis zum Aschermittwoch wurden alle neun Stadtteile von den Narren regiert, nachdem Bürgermeister Tobias Borho zusammen mit Amtsleiter Thomas Feßler am vergangenen Freitagmorgen in einer konzertierten Aktion entmachtet und abgeführt wurde.

Um „Schlag 11.11 Uhr“ begann die von langer Hand eingefädelte Aktion in der „Hauptstadt Minze“. Zu diesem Zeitpunkt schwebte der nichtsahnende Verwaltungschef mit seinen Untertanen in einer launigen Polonaise durch die Rathausgemächer, frei nach dem Motto „Der Zug hat keine Bremse“. Doch er hatte die Rechnung ohne die Gelb-Blauen Fastnachter gemacht.

Zwischenzeitlich hatten sich die Rädelsführer von der 1. Kraichtaler Faschingsgesellschaft „Uneroiser Kerschdekipper“ mit Präsident Markus Oberst vor dem Rathaus zusammengerottet und Verstärkung von den vielköpfigen Kraichtaler Freibeutern „Black Minionz – Schrecken des Kraichbachs“ geholt. Mit ihrem riesigen Piratenschiff waren sie unter lautstarkem Getöse bis fast vor die Eingangstür der Festung gefahren und hatten „Klar zum Entern“ ausgerufen. Als die Nachricht vom bevorstehenden Führungswechsel hinter den festlich geschmückten Mauern ankam, war es bereits zu spät und der Spaß hatte ein Ende.

Borho am Marterpfahl

„Kerschdekipper“-Sitzungspräsident Klaus Baumeister verkündete unter dem Gejohle der zahlreich versammelten Zaungäste auf der Straße: „Der Bürgermeister ist eingekreist. Wir haben ihn entdeckt. Ich glaub', er hat sich in seinem Bau versteckt.“ Kurzerhand wurde Borho in ein Holzjoch gesteckt, zusammen mit dem gefesselten Hilfs-„Sheriff“ Feßler ins Freie geführt und am Marterpfahl am Treppenaufgang festgebunden.

„So Bürgermeister. Jetzt hemm ma dich un deine Scherge“, gaben die Rathausstürmer die Parole aus. Und weiter: „Die Bürger sind total frustriert, weil uff dem Rathaus wird nur noch dahinvegetiert. Drum sinn jetzt die Narre do. Mir hen nämlich erkannt, hier läufts nemme so!“ Man habe sich mit Kraichtals schrecklichsten Piraten vereint, „um den Laden hier in den Griff“ zu bekommen.

Windräder nur in Gelb und Blau

Ihre Feststellung: „Ganz Kraichtal wird seit Dezember getrennt durch ä Brick, aber das juckt eich em Rothaus koi Stick. Die Leit misse riesige Umwege fahre. Die meischte davon gehen vorbei am Rothaus. Un du gucksch als Bürgermeischder oifach naus und denksch was ä Glick, dass i mit mein Fahrrad fahren kann uff dere Brick.“

Von der Sporthalle, die wieder zu einer Mehrzweckhalle werden solle, bis zur Windkraft, „die bewegt die Leit. Do isch neme so viel mit Jubel, Trubel, Heiterkeit“, reichten die Forderungen der entschlossenen Horde, die sodann gipfelten: „Wenn die Windräder komme misse, mit ihrem Bau, dann wisse die Narren alle ganz genau – wenn schon, dann in Gelb und Blau. Helau!“ Da lächelte für einen kurzen Augenblick sogar die Sonne durch die Wolken.

Des „Rothaus“ wird zum „Narrehaus“

Letztlich lautete die Forderung des närrischen und potenziell neuen Stadtkommandanten: „Des Rathaus isch ab jetzt von uns Narre besetzt. Bürgermoischder, guck net so entsetzt. Ihr habt doch a sonscht ä Narrehaus – un de Schlissel ricksch du uns jetzt raus.“ In seiner Gegenargumentation versuchte der abgesetzte, zitternde Rathauschef seine Haut zu retten und verkündete rasch einen 12-Punkte-Plan, der bei den Jecken und Rädelsführern jedoch keine Zustimmung fand. Dass Bürgermeister für alles zuständig seien, immer alles besser wissen würden und rund um die Uhr im Einsatz seien, wurde vom Narrenvolk mit lauten Pfiffen bedacht.

Auch dass ein Verwaltungschef Politiker, Beamter, Einzelkämpfer und sogar Privatperson sei, fand bei der Gegenseite kein Echo und man schritt zur Tat: „Bürgermoischder, jetzt isch Schluss und du waisch, was komme muss. Du gibsch uns jetzt den Schlüssel von deim Rothaus und die Narre schmeiße eich jetzt alle naus. Hier regiert ab jetzt und heit, nur noch Jubel, Trubel, Heiterkeit.“ Während der tollen Tage habe ein neuer Maßnahmenkatalog Gültigkeit.

Borho übergibt den Schlüssel

Nach diesem heftigen Wortgefecht sahen die erbärmlich aussehenden Verteidiger anhand der zahlenmäßigen Übermacht keinen Ausweg aus der brenzligen Lage und ergaben sich der Übermacht. Borho gab klein bei und wies Katharina Kimmich vom Hauptamt zähneknirschend an, den Schlüssel abzugeben. Am Ende hatten sich jedoch wieder alle versöhnt und feierten ausgelassen in den närrischen Hallen bei einem Umtrunk mit „Weck, Worschd und Wei“ die fünfte Jahreszeit. (hjo)

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Kraichtalbote
Ausgabe 10/2025

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05.03.2025
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