Das Aus der Ampel-Regierung in Berlin ist besiegelt, der Termin für Neuwahlen steht fest. Wie reagiert die Lokalpolitik auf das Ende der Koalition? Und gibt es Sorgen im Rathaus aufgrund ausbleibender Entscheidungen? Die Hemsbacher Woche hat bei nachgefragt.
Marlies Drissler, Vorsitzende und Fraktionsvorsitzende von Pro Hemsbach, sieht das Ende der Koalition aus SPD; Grünen und FDP für richtig. „In der schwierigen Situation, in der sich Deutschland und Europa derzeit befinden, brauchen wir eine stabile und innovative Regierung. Die Ampel scheint nicht mehr in der Lage zu sein, ihrer Regierungsverantwortung gerecht zu werden“, sagt Drissler. Sie halte es daher für den richtigen Weg, Neuwahlen herbeizuführen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Klefenz ist überzeugt, dass nun wichtige Veränderungen bevorstehen. Nicht zuletzt, da die letzten Monate unter der Ampel seiner Meinung nach „nicht immer im Sinne von Fortschritt und Einigkeit“ verlaufen seien. Wichtig sei, so Klefenz, dass der Übergang ruhig und geordnet abläuft und die richtigen Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden. „Es sollte hier nicht um persönliche Interessen oder parteipolitische Streitereien gehen, sondern um das Wohl des Landes und seiner Menschen“, so der Fraktionsvorsitzende. Die CDU im Gemeinderat hoffe, dass die kommenden Entscheidungen verantwortungsvoller und bürgernäher ausfallen als zuletzt. „Unser Ziel ist es, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik zu stärken und gemeinsam Lösungen zu finden, die unserem Land und damit auch unserer Stadt wirklich zugutekommen“, so Klefenz abschließend.
Interessant ist, wie unterschiedlich jene die Situation beurteilen, deren Parteien in der Regierung saßen. Für Thomas Embach, Vorsitzender und Fraktionsvorsitzender Grün-Bunte Liste, war abzusehen, dass die Konstellation so nicht bleibt. „Dass es aber so lange mit der FDP geht, hat mich gewundert“, schiebt er in seiner Erklärung nach. Er schaut wie Klefenz in die Zukunft. „Jetzt muss Deutschland handlungsfähig und ein verlässlicher Partner sein. Jetzt nehmen wir den Wettbewerb um eine gute Zukunft fürs Land auf. Es geht es um Frieden in Freiheit, Klimaschutz, Gerechtigkeit, Wohlstand. Es geht um ein starkes, solidarisches Europa. Jetzt ist der Beginn eines neuen Kraftimpulses. Deutschland hat eine große Stärke, aus dieser Stärke heraus können wir es schaffen“, zeigt er sich schon fast im Wahlkampfmodus.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Wörmann-Wiese hat derweil einen Schuldigen für den Bruch ausgemacht. „Christian Lindner hat der CDU/CSU mit seinem Papier zur Wirtschaftspolitik ein Koalitionsangebot gemacht und dabei vergessen, dass er bereits einen Koalitionsvertrag mit der SPD und den Grünen hatte“, findet sie klare Worte. Die Entlassung des Finanzministers sei nur folgerichtig, Bundeskanzler Olaf Scholz hat in sehr schwierigen Zeiten Kurs gehalten, ist sie überzeugt. „Die Unterstützung der Ukraine, Klimaschutz, Unterstützung der Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit kosten Geld und sind mit der strikten Einhaltung der Schuldenbremse nicht zu finanzieren“, schlägt sie sich auf den Kurs von SPD und Grünen in Berlin. Aus ihrer Sicht sei es jetzt an den Abgeordneten der anderen demokratischen Parteien, zu zeigen, ob sie vier Monate blockieren, oder ob sie entsprechend ihres Amtseids ihren Amtspflichten gewissenhaft erfüllen und damit ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden.
Gänzlich anders bewertet die FDP die Situation. „Der Vorstand des FDP-Ortsverbands Hemsbach sieht, wie die FDP im Bund auch, die Notwendigkeit einer schnellen und echten Wirtschaftswende in unserem Land. Dirigistische und planwirtschaftliche Ansätze des Kanzlers und des Wirtschaftsministers, die bedingungslos auf Schulden aufgebaut sind, stehen einer Wirtschaftswende und einer nachhaltigen positiven wirtschaftlichen Entwicklung im Wege“, heißt es in der Stellungnahme des Ortsverbands. Der schiebt die Verantwortung für das Scheitern der Koalition SPD und Grünen zu. Von deren Seite sei keine Bereitschaft erkennbar gewesen, sich mit den von Christian Lindner vorgelegten Reformvorschlägen zu den verschiedenen Themen auseinanderzusetzen. „Stattdessen setzt man hier weiterhin auf Klientelpolitik und Planwirtschaft“, so der Vorwurf. Das Ampel-Aus, heißt es weiter, könne daher nur begrüßt werden.
In der Chefetage des Rathauses ist man nicht überrascht. „Die Koalition war zum Scheitern verurteilt“, sagt Bürgermeister Jürgen Kirchner. Allerdings war es aus seiner Sicht mit Blick auf die Wahl in den USA einer der ungünstigsten Zeitpunkte, sie scheitern zu lassen. „Wir dürfen kein Vakuum entstehen lassen, dass dann durch extremistische Parteien besetzt wird“, warnt er. Wird der Bruch in Berlin auch die Kommunen treffen, weil sich Entscheidungen nun verzögern? „Kommunen sind das Warten ja gewohnt“, sagt Kirchner mit unverkennbarem Sarkasmus. Aber natürlich brauche es Entscheidungen, gerade weil einige bundesweit von Bedeutung sind, schiebt er dann nach. „Der Haushalt ist schon etwas, was auf die Kommunen niederschlägt“, kommt der Bürgermeister auch auf das Thema zu sprechen, dass am Ende für das Aus in Berlin sorgte.
Jetzt stehen Neuwahlen ins Haus, geeinigt haben sich SPD und CDU auf den 23. Februar 2025. Für Jürgen Kirchner ein annehmbarer Termin. Zeit genug, um alles zu organisieren und auch Wahlhelfer zu finden, ist er sich sicher. (cs)