Sehr geehrter Herr stellvertretender Bürgermeister Kopp,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat,
sehr geehrte Damen und Herren in der Verwaltung,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
reden wir nicht um den heißen Brei herum: Die Zahlen, die uns heute vorliegen, sind furchtbar. Katastrophal wäre vermutlich das treffendere Wort.
Der Haushaltsentwurf, den wir heute beraten, ist – nüchtern betrachtet – eigentlich nicht genehmigungsfähig. Und das hat zentrale, leider größtenteils externe Gründe:
• Das Konnexitätsprinzip, das besagt „Wer bestellt, bezahlt“, wird systematisch verletzt.
• Die Löhne im öffentlichen Dienst sind stark gestiegen.
• Die Kreisumlage wurde deutlich angehoben.
• Und ausgerechnet beim Finanzausgleich erhalten wir nun weniger Geld vom Land, da offenbar von einer geringeren Einwohnerzahl ausgegangen wird.
All diese Faktoren – wir betonen das ausdrücklich – können wir als Kommune nicht beeinflussen. Es ist eine strukturelle Unterfinanzierung, für die wir nicht verantwortlich sind.
Deshalb sagen wir es heute ganz klar: Bund und Land müssen den Kommunen endlich wieder ausreichend Mittel zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig können wir vor Ort nicht einfach an der Gebührenschraube drehen. Die Bürgerinnen und Bürger in Bad Liebenzell zahlen bereits Höchstsätze – mehr ist nicht zumutbar.
Leider sind wir inzwischen auch überregional in den Schlagzeilen – der SWR hat berichtet, Focus Online hat unsere sehr hohe Pro-Kopf-Verschuldung thematisiert.
Das ist das Ergebnis einer jahrelangen Entwicklung – einer Hypothek der Vergangenheit.
Immerhin – und das wollen wir nicht verschweigen – sind dadurch wichtige Investitionen in unsere Infrastruktur möglich geworden: Unsere Schulen und Kindergärten sind überdurchschnittlich gut ausgebaut, und es laufen aktuell wichtige Bau- und Sanierungsmaßnahmen für unsere Bildungseinrichtungen. Das ist ein echtes Plus – für unsere Kinder, für unsere Zukunft.
Aber: Wir haben in den vergangenen Jahren keinen Konsolidierungsprozess angestoßen, der diesen Namen verdient. Erst seit wenigen Wochen arbeitet eine Haushalts-Arbeitsgruppe an konkreten Einsparvorschlägen.
Zu spät.
Aber: Immerhin. Besser spät als nie.
Der Verlust im Jahr 2022 betrug rund 750.000 Euro – das war noch vergleichsweise harmlos. Heute – 2025 – stehen wir bei einem Minus von ca. 6 Millionen Euro im Ergebnishaushalt.
Eigentlich müssten wir diesem Haushalt die Zustimmung verweigern.
Aber: Es ist komplizierter.
Wir tragen Verantwortung – gegenüber unseren städtischen Angestellten, deren Löhne bald nicht mehr gezahlt werden könnten, wenn wir keine Genehmigung für weitere Liquiditätskredite erhalten. Verantwortung auch gegenüber unseren Handwerksbetrieben, die auf ausstehende Zahlungen warten.
Der vorliegende Haushaltsentwurf ist das Ergebnis intensiver Beratungen: Die Ausschüsse haben getagt, es wurde gestrichen, wo es nur ging. Der Gemeinderat hat mehrfach über diesen Entwurf beraten. Es wurden z. B.: schon Ausgaben von über einer halben Million für Personalkosten gespart.
Die Sparvorschläge, die jetzt aktuell umgesetzt werden können, sind erschöpft. An weiteren wird intensiv gearbeitet, diese werden sich aber erst im kommenden Haushalt finanziell positiv auswirken.
Wenn wir den Haushalt heute ablehnen, können notwendige und sinnvolle Anschaffungen nicht getätigt werden. Wir stehen seit einem Monat unter Haushaltssperre – das bedeutet: Es werden nur noch absolut notwendige Ausgaben getätigt. Die nun endlich im Haushaltsentwurf stehende Lösung für einen Bolzplatz oder Renovierungen an Spielplätzen gehören leider nicht dazu.
Darüber hinaus hat sich dieses Gremium – völlig zu Recht – darauf verständigt, keine neuen Stellen in der Stadt zu schaffen. Frei werdende Positionen bleiben unbesetzt. Auch in der Verwaltung werden wir drastisch sparen müssen und haben diesen Prozess auch schon begonnen. Ebenso werden wir beginnen müssen, städtische Liegenschaften zu verkaufen.
Das Geld ist – ganz offen gesagt – schlicht und einfach: aus.
Trotz dieser Lage möchte ich auch betonen:
Wir sehen unsere Verantwortung. Wir wollen handlungsfähig bleiben.
Deshalb wird die UL-Fraktion in dieser Abstimmung ein differenziertes Votum abgeben: Drei unserer Mitglieder werden dem Haushaltsentwurf aus Verantwortung zustimmen. Zwei werden ihn ablehnen, weil sie überzeugt sind, dass ein echter Neuanfang nur durch eine Ablehnung eingeleitet werden kann. Zwei weitere Mitglieder werden sich enthalten, da sie die Problematik erkennen, aber keine eindeutige Entscheidung treffen können.
Ich appelliere an alle im Gremium: Lasst uns gemeinsam nach kreativen Lösungen suchen, wie wir im laufenden Betrieb sparen können – ohne unsere Stadt komplett lahmzulegen.
Vielen Dank.
Katrin Heeskens
Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der UL, Bad Liebenzell, 29.04.2025