
Für Jazz- und Weltmusikfans ist er ein Star, der in Minta, Kamerun geborene Bassist, Sänger und Komponist Richard Bona. Er ist ein neugierig Reisender, hat viele Länder besucht, dort gespielt und manchmal auch gelehrt und er hat mit vielen international renommierten Jazzgrößen zusammengearbeitet. Jetzt kam der Grammy-Gewinner, der gut und gerne große Konzerthallen füllt, schon zum zweiten Mal nach Schwetzingen in die Wollfabrik und nahm sein Publikum mit auf eine fröhliche und manchmal nachdenkliche Reise in seine bunte, weite Welt.
Schon als Richard Bona die Bühne betrat, wurde er stürmisch begrüßt, denn in dem Publikum waren echte Fans, darunter viele Landsleute von Richard Bona. Etliche Konzertbesucher*innen hatten eine weite Reise auf sich genommen, um ihn zu sehen. Das Set begann funky mit dem von Bona verfassten Stück „Kalabancoro“, nach dem Namen einer kleinen Stadt in Mali; es ist ein Lied über Dinge, die vernachlässigt und vergessen werden. Richard Bona ist ein politisch reflektierender Mensch. So hatte er die Idee zu diesem Stück, als gerade der Krieg im Irak ausbrach. Er kam zu dem Schluss, dass wir immer noch in einer Welt leben, in der Macht Recht ist! – Auch das nächste Stück, ein sanft gesungenes Lied, enthielt Gesellschaftskritik: „Te Misea (A Scream To Save The Panet)“. Unterhaltsamer ging es weiter mit „Please don’t stop“, bei dem der junge französische Trompeter Alexandre Herichon ein sensationelles, verspieltes, fast schon verrücktes Solo hinlegte. Ihm folgte Ciro Manna, ein klassisch ausgebildeter Neapolitaner, und spielte ein rockiges Solo auf der E-Gitarre. Ungewöhnlich war das Solo des Drummers, denn er bearbeitete nicht einfach virtuos sein Instrument, während die anderen schwiegen, sondern das Schlagzeug wurde sozusagen zum führenden Instrument, während die anderen ihm quasi einen Klangteppich mit einfachem Muster zugrund legten, auf dem sich der Schlagzeuger dann entfalten konnte.
Richard Bona ist nicht nur Musiker, sondern auch Entertainer. Das nächste Stück verknüpfte Bona mit einem Rätsel: Wer den Titel errate, der bekomme ein Richard-Bona-T-Shirt. Es war ein ruhiges, getragenes Stück ohne Text, erfuhr bald eine Steigerung in Bezug auf Virtuosität, Instrumentierung und Lautstärke; hier konnte sich Keyboarder Michael Lecoq als Solist hervortun – und irgendwie erinnerte er ein bisschen an Zawinul, den großen, aber nie vorlauten Jazzpianisten aus Österreich. Und tatsächlich erriet ein Besucher den Namen: „Dreamland“ – und er bekam sein T-Shirt. Eine Reise nach Indien inspirierte Bona zu dem nächsten Song „Shiva Mandra“; es wies einen Flair von orientalischer Musik auf, Bona sang auf Duala, der Sprache seiner Heimat, und ergänzte den Text durch kleine rhythmische Silben und löste damit Sprache auf, um sie zu purer Musik zu machen. Und gleichzeitig war seine Botschaft eindeutig: „Peace is to have the capacity of embracing the difference“ (Frieden bedeutet, die Fähigkeit zu haben, den Unterschied anzunehmen). Das sagt ein Mann, der in seiner Heimat Kamerun wegen seiner Gesellschaftskritik zu Persona non grata wurde und nunmehr in den USA lebt, wenn er nicht wieder – wie jetzt – auf Welttournee ist.
Nach der Pause lud Richard Bona zum Tanz direkt vor der Bühne ein, und das großenteils afrikanische Publikum ließ sich das nicht zweimal sagen. Aus Rhythmen wurden schöne Bewegungen, aus Musik wurde pure Lebensfreude. „Bisso Baba – Always together“. Das Richard Bona Quintett spielte noch vier Stücke, eine Zugabe. Ein Konzert, dessen musikalisch hohe Qualität unbestritten ist. Nach fast zwei Stunden Musik stellte sich Bona dem Publikum für kleine Gespräche, Selfies, Autogramme, T-Shirts- und CD-Verkäufen. (rw)