Interview mit Ana-Rosa López

Rückblick auf die Internationalen Wochen gegen Rassismus

Jedes Jahr finden um den 21. März herum die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ statt. So auch 2025. Ein Rückblick.
Ana Lopez (zweite von links) ist seit 2023 Teil des Orgateams und erste Vorsitzende der Literatenrunde e. V. (seit 1988): „Kunst ist ein Mittel gegen Rassismus. Literatur ist ein Teil davon und gehört auf jeden Fall dazu“, sagte sie.
Ana Lopez (zweite von links) ist seit 2023 Teil des Orgateams und erste Vorsitzende der Literatenrunde e. V. (seit 1988): „Kunst ist ein Mittel gegen Rassismus. Literatur ist ein Teil davon und gehört auf jeden Fall dazu“, sagte sie.Foto: war.archiv

Jedes Jahr finden um den 21. März herum die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ statt, natürlich auch in Karlsruhe. Ana-Rosa López ist eines von zehn Mitgliedern des Organisationsteams. Sie gewährte dem Wochenjournal einen Rückblick auf die Veranstaltungen in den Aktionswochen dieses Jahres.

Wochenjournal Durlach (WJ): Wie sind die zwei Wochen vom 17. bis zum 30. März verlaufen?

Ana-Rosa López:Die Wochen sind sehr, sehr gut gelaufen. Wir haben fast achtzig Veranstaltungen angemeldet bekommen und dabei hatten wir ein bisschen von allem: Theater, Podiumsdiskussionen, Musik, Filme, Vorträge, Workshops und eine große Aktion von den „Schulen ohne Rassismus, Schulen mit Courage“ mit vielen Schulen, die unter diesem Projekt laufen. Da haben über 600 Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer gegen Rassismus demonstriert. Auf der Bühne, die am Marktplatz in Karlsruhe stand, war die 79-jährige Aktivistin Irmela Mensah-Schramm, bekannt als „Sprayer-Oma“, die ihren Workshop „Mit bunten Farben gegen braune Parolen“ präsentierte. Seit fast vierzig Jahren übermalt sie Hassbotschaften und volksverhetzende Graffiti. Ich kann auch als Vorsitzende der Literatenrunde e. V. erzählen, dass wir mit einer literarischen Lesung mitgemacht haben. Es ging um Texte, die wir selbst geschrieben haben und in denen wir unsere eigenen Erfahrungen mit Rassismus verarbeitet haben.

WJ: Welche Erfahrungen waren das zum Beispiel?

López: Ein Mitglied aus Italien hat erzählt, dass sie in der Schule kein Deutsch sprechen konnte und ausgelacht wurde. Heute würde man von Mobbing sprechen. Das ist aber schon vor 30 Jahren passiert. Da kannte man das Wort noch nicht und hat sich darüber auch nicht bzw. seltener unterhalten.

WJ: Wie viele Besucherinnen und Besucher waren da?

López: Manche Veranstaltungen, die wir als Orga-Team besucht haben, waren sehr gut besucht, zum Beispiel eine Veranstaltung, bei der es um das Thema Einbürgerung ging. Da waren ca. 40 Leute. In der Kinemathek Karlsruhe hat man den Film „Die Ernte“ gezeigt. Da waren auch wieder 40 Personen, die sich das angesehen haben, da. Die Atmosphäre war sehr schön, weil die Filmemacherin anwesend war. Das Konzert des Trompeters Reinhold Friedrich kam auch sehr gut beim Publikum an. Über 400 Gäste waren beim Konzert in der Stadtkirche in Durlach mit dabei.

WJ: Was ist besonders gut angekommen?

López: Das Konzert mit Reinhold Friedrich, die Veranstaltung der „Schulen ohne Rassismus, Schulen mit Courage“ sowie auch die Abschlussveranstaltung, die eigentlich als Eröffnung gedacht war, mit einem Vortrag Michel Friedmans, kamen gut an. Da waren ungefähr 800 Gäste anwesend.

WJ: Was war das Ziel der Veranstaltung der „Schulen ohne Rassismus, Schulen mit Courage“?

López: Das Ziel dieser Veranstaltung war es, Hass und Spaltung aus den Köpfen der jungen Menschen zu vertreiben und sie in Richtung Zusammenarbeit, Unterstützung und Einheit zu lenken. Das jährliche Interesse an dieser Veranstaltung zeigt eine schöne und bunte Stadt, die sich auf den Frieden von heute und morgen vorbereitet.

WJ: Wie war die Resonanz?

López: Wir als Organisationsteam sind der Meinung, dass die diesjährigen IWgR eine größere Resonanz als 2024 erzielt haben. Es haben nicht nur die Organisationen und Veranstalter teilgenommen, die schon seit Jahren dabei sind, sondern auch einige neue Institutionen, Gruppen und Aktivisten, die zum ersten Mal mitmachten. Wir glauben, dass die Öffentlichkeit jetzt viel stärker für das Thema Rassismus sensibilisiert ist, insbesondere in diesem Jahr, das aufgrund der Wahlen im Februar dieses Jahres besonders relevant war.

WJ: Seid ihr zufrieden?

López: Ja, wir sind zufrieden. Vor allem, weil das Organisationsteam in diesem Jahr gewachsen ist und wir dadurch mehr Kapazitäten für die Arbeit in den Social-Media-Kanälen, insbesondere auf Instagram, sowie in anderen Bereichen wie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit haben. Es war auch möglich, mehr Kontakt mit den Veranstaltern zu haben und mit einigen von ihnen auf persönlicher Ebene zusammenzuarbeiten, wie im Fall des Stücks „Unfallort Gesellschaft! Eine menschliche Katastrophe“, das auf dem Marktplatz aufgeführt wurde. Einige Mitglieder des Orga-Teams waren vor Ort, um die Organisatoren zu unterstützen.

WJ: Ist etwas schiefgelaufen?

López: Wir mussten die Ankündigung eines Workshops von der Website entfernen, weil die referierende Person bedroht wurde. Der Workshop hieß „Warm that soul - Empowerment-Workshop für von Rassismus betroffene Menschen“. Einige Tage vor dem Workshop veröffentlichte die Bild-Zeitung einen Artikel mit dem Titel „Anti-Rassismus-Woche schließt Weiße aus“, in dem es hieß, der Workshop diskriminiere eine bestimmte Gruppe von Menschen. Dies führte dazu, dass die referierende Person beim Workshop Drohungen erhielt. Die Organisatorinnen, die Vereine Weiche Kanten und Cola Taxi Okay, hatten eine sehr angespannte Zeit. Wir standen in engem Kontakt mit ihnen, um unsere Unterstützung und Solidarität zu bekunden. Weiche Kanten überlegte zunächst, den Workshop abzusagen, entschied sich dann aber, ihn virtuell abzuhalten.

WJ: Wie kam das beim Publikum an?

López: So etwas hatten wir noch nie. Die Stiftung gegen Rassismus, die zentrale Einrichtung in Stuttgart, die die Wochen gegen Rassismus in ganz Deutschland organisiert, hat daran mitgewirkt, mit den Organisatorinnen gesprochen und einen Unterstützungsbrief geschickt. Die Veranstalterinnen des Workshops veröffentlichten ein Protestvideo auf Instagram, in dem sie mit verhüllten Gesichtern zu sehen sind. Das Video stieß umgehend auf breite Unterstützung in den sozialen Netzwerken und wurde vielfach geteilt und kommentiert. Es fand große Resonanz in der Instagram-Community.

WJ: Was ist für nächstes Jahr geplant?

López: Nach dem Vorfall mit der BILD-Zeitung überlegen wir, welche Sicherheitsmaßnahmen wir ergreifen sollten. Wir haben auch die Unterstützung der Stiftung gegen Rassismus. Sie hat uns, dem Organisationsteam, ein Schutzkonzept zukommen lassen. Darin geht es darum, was ein Organisationsteam in einem solchen Fall tun sollte. Der Plan für das nächste Jahr ist, sich damit zu befassen und es in die Praxis umzusetzen.

WJ: Wann geht die Planung für nächstes Jahr los?

López: Jetzt machen wir Pause. Dieses Jahr machen wir eine Retrospektive unserer Arbeit am 30. Mai. Die Organisation für das nächste Jahr beginnt dann wieder Ende Oktober/Anfang November.

WJ: Wie viele Menschen wirken bei einer solchen Veranstaltung mit?

López: Im Orgateam sind es jetzt zehn Mitglieder. Wir haben echt alles gemacht, was die Organisation betrifft, auch die Anmeldungen, die Koordination mit dem Kulturamt sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Wir arbeiten eng mit der Stadt, dem Tollhaus, Journalistinnen und Journalisten sowie dem Kulturamt der Stadt, das die Wochen gegen Rassismus finanziell fördert, zusammen.

WJ: Wie viele Veranstaltungen waren es?

López: Fast 80.

WJ: Wie lange dauert die Vorbereitung bis zur Durchführung?

López: Wir haben mit der Organisation der Internationalen Wochen gegen Rassismus (IWgR) 2025 Ende Oktober 2024 begonnen. Bis zum Ende des IWgR Ende März hat sich das Orga-Team regelmäßig persönlich und virtuell getroffen.

WJ: Wie verlief der Vortrag mit Michel Friedman?

López: Prof. Dr. Michel Friedman engagiert sich seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit – insbesondere gegen Antisemitismus und Rassismus. Sein Vortrag war eindrucksvoll und hochaktuell. Besonders spannend war das anschließende Gespräch mit Meri Uhlig vom Büro für Integration, in dem sie gemeinsam zentrale Aspekte des Vortrags weiter vertieft haben. Dabei ging es unter anderem um die Verantwortung jedes Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes – gerade in Zeiten, in denen Polarisierung und rechte Rhetorik zunehmen. Dieses Gespräch hat zum Nachdenken angeregt und deutlich gemacht, wie wichtig es ist, aktive Haltung zu zeigen.

WJ: Wie kam er beim Publikum an?

López: Die Veranstaltung hat in der Karlsruher Öffentlichkeit große Erwartungen geweckt. Es kamen sehr viele Menschen. Wir finden, dass es eine sehr kluge Entscheidung der Stadt war, eine so anerkannte Persönlichkeit aus dem politischen Bereich einzuladen.

WJ: Was hat Ihnen an der Veranstaltung dieses Jahr am meisten gefallen?

López: Ich habe bei der sehr gut besuchten Lesung der Literatenrunde gelesen. In meinem Text ging es um eine persönliche Erfahrung: Ich wurde einmal bei einer Bewerbung aufgrund meines Akzents abgelehnt. Diese Erfahrung habe ich literarisch verarbeitet und mit dem Publikum geteilt. Als Schriftstellerin sind solche Erlebnisse sehr besonders. Besonders begeistert hat mich auch in diesem Jahr die Aktion ‚Mit Kunst gegen Rassismus‘ von Bernard Mbagaan Ndour (Nubian Family e. V.). Sie hat mir gezeigt, wie stark Kunst als Ausdrucksmittel gegen Diskriminierung wirken kann.

WJ: Was ist Ihnen noch wichtig zu sagen?

López: Ich möchte das Engagement und die Mitarbeit aller Mitglieder des Orga-Teams Ana-Rosa López, Marion Schuchardt, Jonas Lorenz, Sara Manzari, Angelika Steffen, Renate Schweizer, Laura Grammelspacher, Nadtaya Claus, Myriam Givens und Lea Geigle besonders hervorheben. Zehn Menschen mit unterschiedlichen Ideen und viel Energie haben erfolgreich zusammengearbeitet. Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen und freuen uns schon auf die nächsten IWgR.

Die Fragen stellte Jennifer Warzecha.

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Ausgabe 17/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
25.04.2025

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