Obst- und Gartenbauverein Altbach e. V.
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RÜCKBLICK: Obstbaum-Schnittkurs für Fortgeschrittene

Bei knapp zehn Grad und kaltem Wind fanden sich am 15. März zehn Interessierte auf einer Obstbaumwiese am Hofwiesenweg ein, um ihre Kenntnisse über den...
Größerer Schnitt mit der Akkusäge
Größerer Schnitt mit der AkkusägeFoto: B. Masur

Bei knapp zehn Grad und kaltem Wind fanden sich am 15. März zehn Interessierte auf einer Obstbaumwiese am Hofwiesenweg ein, um ihre Kenntnisse über den Schnitt von Kernobst aufzufrischen und zu erweitern.

Baumgröße
Zuerst verdeutlichte der Kursleiter Roland Geray den Unterschied zwischen Hochstamm und Halbstamm. Seiner Erfahrung nach glauben viele, dass ein groß werdender Baum ein Hochstamm und ein mittelgroß werdender Baum ein Halbstamm ist. Diese Begriffe sagen jedoch vornehmlich aus, auf welcher Höhe in der Baumschule die ersten Äste gezogen wurden. Um dies zu erreichen, werden in der Baumschule in den ersten Jahren nach der Aussaat bzw. Veredelung sämtliche Seitenäste und im dritten Jahr alle Äste unterhalb der gewünschten Kronenhöhe entfernt. Als Hochstamm bezeichnet man Obstbäume, deren Kronenansatz in mindestens 180–220 cm Höhe liegt (gültige bundesweite Norm seit 1995). Von 1950 bis zur Festlegung 1995 lag der Wert noch bei 160–180 cm. Bei einem Halbstamm liegen die ersten Äste hingegen auf einer Höhe von 1m bis 1,6m. Die Vorteile des Hochstamms liegen bei der einfacheren Mahd unter den Bäumen, die des Halbstamms bei der bequemeren Ernte.
Entscheidend für die Größe eines Obstbaumes ist die Unterlage, auf die die sortenbestimmende Edelsorte gepfropft wurde. Bäume auf sehr stark wachsenden Sämlings- oder A2-Unterlagen können 6 bis 8 Meter groß werden. Wohingegen Obstbäume auf den Unterlagen M7 und MM111 mittelstark wachsen und eine Höhe von 3m bis 3,5m erreichen. Bei starkwachsenden M25-Unterlagen erreichen die Bäume eine Höhe von 5-6m.

Baumkronenform
Anschließend ging Herr Geray noch auf die verschiedenen Kronenformen ein, zu denen junge Bäume „erzogen“ also formiert werden können.
Die Pyramidenkrone ist ideal für den extensiven Anbau auf großen Grundstücken oder Streuobstwiesen. Sie besteht aus einem Gerüst mit 3 Leitästen und einer Stammverlängerung. Die 3 Leitäste streben im Winkel von 45 - 60 Grad nach oben. Dies entspricht dem natürlichen Wachstum der meisten Obstarten. Diese Kronenform findet vorwiegend auf mittelstark bis stark wachsenden Unterlagen das heißt bei Halb- und Hochstämmen Verwendung. Der Platzbedarf ist sehr hoch.
Ein weiterer Rundkronentyp ist die Spindel. Es ist die am weitesten verbreitete Erziehungsform im professionellen Anbau, aber auch sehr geeignet für kleine Hausgärten. Sie besteht in ihrer Grundstruktur aus einem dominanten Mitteltrieb, der mit Fruchtästen garniert ist. Die üblichen Baumhöhen sind 2,20 bis max. 2,50 m. Der Platzbedarf ist geringer als bei der Pyramidenkrone, da sie Pflanzabstände von lediglich 0,80 m bis 1,50 m benötigt. Diese Erziehungsform ist nur auf schwach wachsenden Unterlagen zu empfehlen.
Die Hohlkrone oder auch Trichterkrone genannt, besteht aus 3 bis 4 Leitästen, der Mitteltrieb fehlt. Diese Kronenform ist als Niederstamm häufig verbreitet bei Sauerkirschen und Pfirsichen. Für Apfel- und Birnbäume ist sie aufgrund ihrer speziellen Wachstumseigenschaften nicht geeignet.
Einen im vorletzten Jahr gepflanzten Apfelbaum möchte der Fachwart für Obst- und Gartenbau versuchshalber als Spindel ziehen. Als Vorbereitung wurden bei diesem kurzerhand alle Seitentriebe entfernt und die Spitze etwas gekürzt.

Schnittpraxis
Dann ging es an den praktischen Schnitt verschiedener Apfelbäume unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen Wuchses. Die Schnittmaßnahmen wurden von Markus Diener mit Rebschere, Astschere und einer Akku-Säge mit und ohne Teleskopauszug durchgeführt. Mit viel Feingefühl führte er präzise jeden gewünschten Schnitt durch.
Herr Geray wies darauf hin, dass bei Baumschnitt die Anzahl der Schnittwurden klein gehalten werden sollte. Es sollen lieber wenige größere Schnitte, als zahlreiche kleine durchgeführt werden. Schnittflächen von 5-10 cm Durchmesser können vom Baum abgeschottet und überwallt werden. Größere Schnitte an gesundem Holz sollten möglichst vermieden werden. Bei geschädigten oder bereits morschen Ästen ist die Sachlage eine andere.
Die oft als „Wasserschosse“ bezeichneten einjährigen Triebe, die zahlreich nach größeren Schnittmaßnahmen aus den Leitästen und der Stammverlängerung heraussprießen können, müssen nicht zwingend sofort alle entfernt werden. Hier rät der Fachwart zum Abwarten und Beobachten. Kräftige Triebe mit einer geeigneten Position sollten belassen werden. Im dritten Jahr werden die Triebe Früchte tragen und durch deren Gewicht ihre Steilheit verlieren. Wenn sie dann mit anderen Ästen kreuzen oder anders stören, können sie immer noch entfernt werden. Schwache, dünne Triebe können erstmal belassen, oder beim Juniriss herausgerissen werden. Insgesamt sollte bei der Baumpflege maximal ein Viertel des Kronenvolumens entfernt werden. Anschließend ging die Gruppe noch auf eine nahegelegene Baumwiese, auf der beim Schnittkurs im Jahr 2021 ein älterer Apfelbaum stark geschnitten wurde. Dieser wurde begutachtet und seine Reaktion auf die damaligen Schnittmaßnahmen beurteilt. Die nun notwendigen Eingriffe wurden besprochen und durchgeführt. Auch wurden auf dieser Wiese noch an zwei weiteren Bäumen Schnittübungen durchgeführt.

Autor: Birgit Masur

Theoretische Erörterungen
Theoretische Erörterungen.Foto: B. Masur
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Amtsblatt der Gemeinde Altbach
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Ausgabe 12/2025

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