
Diese Woche stellt sich Rüdiger Hellmann den Fragen von Birgit Schillinger vom Freundeskreis. Im tap spielt er zurzeit in „Kleiner Mann - was nun?“ und „Die Räuber“ jeweils eine Hauptrolle. Nach seiner Schulzeit in Aschaffenburg und Darmstadt erwarb er – nach einigen Umwegen – das Schauspieldiplom in Ulm.
Birgit Schillinger: Warum sind Sie Schauspieler geworden?
Rüdiger Hellmann: Nach einer abgebrochenen Steinmetzausbildung 1981 und drei Semestern Sozialpädagogik, entschloss ich mich, den Weg des Schauspielers zu gehen, zunächst als Quereinsteiger über Berliner Off-Bühnen. Später verließ ich Berlin, um eine Ausbildung an der Ulmer Schauspielschule zu starten. Der Grund meiner Berufswahl liegt zum einen an einem Theaterworkshop, der mir einen Einblick in die Arbeit von Augusto Boal ermöglichte. Und zum anderen an ein Erlebnis unter Haschischeinfluss, beim dem ich beim Betrachten von Fotos von Liveauftritten von Mick Jagger den Eindruck hatte, er bewege sich auf den Fotos. Seine Tanzbewegungen schienen mir da der Inbegriff der Präsenz in der Welt und einer archaischen Sprache zu sein, die zu lernen und in die Welt zu bringen mir als Ziel und Sinn meines damals noch jungen Lebens das Wichtigste auf der Welt zu sein schien.
Schillinger: Wie und wann sind Sie zum theater am puls gekommen?
Hellmann: Joerg Mohr habe ich das erste Mal nach einer tap-Aufführung von „Hamlet“ im Winter 2021 kennengelernt. Danach war ich noch zwei Jahre in einem Festengagement. Im Winter 2024 habe wir dann zum zweiten Mal ein Gespräch geführt, in dessen Verlauf er mir die Rolle des alten Moor in den Räubern anbot. Einen Monat später rief er mich dann an, ob ich in den Proben für „Kleiner Mann, was nun?“ für einen erkrankten Kollegen einspringen könnte. Und voilá, ich hatte Zeit und sagte zu.
Schillinger: Was war oder ist Ihre Lieblingsrolle?
Hellmann: Kreon (in der Produktion „Antigone“, die 2024 den FAUST Preis als beste deutsche Aufführung bekam), Dr. Schöning in „Lulu“, Claudius in „Hamlet“, Ray Charles in „Blues Brothers“ (dessen Song „Shake your tailfeather“ mir großen Spaß bereitete), Hendrik Höfgen in „Mephisto“, Faust in „Faust“ oder auch die Rolle eines demenzkranken Sprachwissenschaftlers in „Bin nebenan“. Dies sind alles Rollen, die ich mit großem Vergnügen gespielt habe. Doch wenn ich mit festlegen muss, dann war Abel Znorko aus „Enigma“ (eine Produktion des Zimmertheater Heidelberg) das Highlight für mich.
Schillinger: Welche Engagements hatten Sie schon?
Hellmann: Meine bisherigen Theaterstationen waren Berlin, Remscheid, Castrop Rauxel, Nordhausen, Hannover, Hildesheim, Jagsthausen und Heidelberg.
Schillinger: Was ist das Besondere am tap?
Hellmann: Das Besondere am tap ist, dass Joerg Mohr es mit den Mitteln einer kleinen Privatbühne auf engstem Raum schafft, Theater zu machen, welches man auch an größeren Häusern zu sehen bekommt. „Die Räuber“ sind da keine Ausnahme.
Schillinger: Welche Rolle spielen Sie in den „Räubern“? Welche Bedeutung hat diese Rolle für Sie?
Hellmann: Ich spiele die Rolle des alten Moor in den „Räubern“, Vater von Karl und Franz. Er ist Egozentriker, und dadurch nicht in der Lage, Franz´ Nöte zu erkennen. Aus diesem Grund läuft er gutgläubig und blindlings in das Messer der Intrige und Verstellung seines Sohnes Franz. Bei Joerg Mohr bekommt am Ende der alte Moor gar keine Gelegenheit mehr, von der „Wiederauferstehung“ seines Sohnes Karl zu erfahren. Er wandert hier halb wahnsinnig vor Schmerz in das schwarze Loch der Welt. Sein Ende möchte man sich nicht ausmalen. Diese Geschichte berührt mich sehr!
Schillinger: Was sind Ihre Stärken und Schwächen?
Hellmann: Ich habe als Schauspieler gelernt, Texte und Dialoge immer wieder zu hinterfragen, um somit den Kosmos der Rolle und des Stücks auszuloten. Das sehe ich als meine Stärke an, genauso wie meine hohe Belastungsfähigkeit in Proben und Aufführungen. Meine Schwäche ist vielleicht, dass ich mich manchmal etwas im Detail verliere und Gefahr laufe, das große Ganze aus den Augen zu verlieren.
Schillinger: Haben Sie sonstige Interessen oder Hobbys?
Hellmann: Meine Hobbys sind Fahrradfahren, Skifahren, Lesen, Schreiben, Singen, Café-Besuche, Museen- und Ausstellungsbesuche.
Die Fragen stellte Birgit Schillinger.


