Wenn der Dreikönigstag vorüber ist und damit die schwäbisch-alemannische Fasnet begonnen hat, wird auch das Schemengericht aktiv. Der Büttel und die Schemenrichter ziehen dann los, um Angeklagte vorzuladen, die sich in diesem Jahr am „Schmotzigen“ in der Verhandlung im historischen Rathausgang verantworten müssen. In diesem Jahr hatte es die närrische Instanz nicht weit. Sie musste lediglich die Generalversammlung der heimischen Stadt- und Zunftkapelle im „Löwen“ besuchen und dort – stellvertretend für die Musiker – die beiden Vorstände Marius Strohm und Stefan Wrobel vor das Schemengericht zitieren.
Seit vielen Jahren zieht die 1760 erstmals urkundlich erwähnte Kapelle am ersten Januar durchs Städtle und begrüßt das neue Jahr musikalisch. Zu späterer Stunde wurde in diesem Jahr dort, wie den Richtern zu Ohren kam und aus deren Sicht inakzeptabel, tatsächlich noch der Narrenmarsch intoniert. Zum einen außerhalb der Fasnetszeit und zum anderen, vielleicht auch aufgrund der späteren Stunde, teilweise in musikalisch gewöhnungsbedürftiger Form. In der Verhandlung wird den Musikern daher vorgeworfen: „Vollständiger Kontrollverluscht mitem Ergebnis vom grusige Vounschtalte vom althistorische Narremarsch zu nere vobotene Ziet“.
Auch der zweite Angeklagte, in der Regel eine Person, die nicht aus dem Städtle stammt, steht bereits fest. Es ist Gerd Rudolf aus Fridingen, Leiter „Technische Dienste“ der Stadt Tuttlingen. Dem „Narrebolizischt vo de Füchs und Fronmoaschter z`Duttlinge“ wird zur Last gelegt, in seiner beruflichen Funktion an einer Verschiebung eines Grenzsteins zwischen Baden und Württemberg im Heiligental beteiligt gewesen zu sein. Inwieweit er dafür die Verantwortung zu tragen hat, wird die Verhandlung zeigen.
Das Schemengericht ist einer der ältesten Bräuche der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Die Existenz Schemengerichts ist bereits seit 1549 urkundlich belegt. Die Zimmer`sche Chronik erwähnt dort den Bestand eines „Schemengerichts zu Meringen“. Zwei Stunden wird verhandelt, stets am Schmotzigen um 14.01 Uhr („ä Minut noch zwoe“) im „althischtorische Rothus“.