Die Schönbuchbahn schafft die Antriebswende von Diesel- auf Elektroantrieb. Schlussstein des Mammutprojekts ist die nun erfolgte vollständige Inbetriebnahme der neuen Elektro-Fahrzeuge des Typs NEXIO. Die 17 Kilometer lange Strecke wurde bereits 2019 auf Teilabschnitten zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert. Am Samstag (26. Juli) nahm die Schönbuchbahn neuen Züge in den Regelbetrieb.
Landrat Roland Bernhard, gleichzeitig Vorsitzender des Zweckverbands Schönbuchbahn, beschreibt den Freudentag auf seine Weise: „Es fühlt sich an, als ob man nach Jahren voller Qualen Erlösung findet – einfach herrlich! Für die Menschen ist es ein gewaltiger Qualitätssprung, denn weder Abgase noch Motorlärm belästigen länger die Anlieger. Die Fahrgäste bekommen mehr Komfort und weniger Verspätungen aufgrund alter, störanfälliger Züge. Damit stellen wir unter Beweis, was viele einem kleinen Zweckverband nicht zugetraut hätten: Die Verkehrswende auf der Schiene ist auch für Nebenbahnen machbar – das kostet viel Geld, Zeit und Nerven, aber es ist zu schaffen. Jetzt bricht ein neues Zeitalter an, wir haben Geschichte geschrieben.“
Der Eröffnungstermin an diesem Wochenende kam auf den letzten Drücker, denn die Betreibergesellschaft WEG musste ihr Personal im Umgang mit den neuen Elektro-Fahrzeugen mehrere Wochen während des laufenden Betriebs schulen.
Verkehrsminister Winfried Hermann MdL überreichte zur Feier des Tages einen Förderbescheid in Höhe von fast 6 Millionen Euro für die letzten drei der insgesamt zwölf NEXIO-Fahrzeuge: „Die Schönbuchbahn ist ein sehr erfolgreiches Reaktivierungsprojekt. Zum Start 1996 hätte man sich nicht träumen lassen, dass so viele Fahrgäste auf die Schönbuchbahn umsteigen. Es ist gut, dass nach vielen Schwierigkeiten die Elektrifizierung der Strecke samt Fahrzeugen in Betrieb geht. Die Schönbuchbahn bietet mit den neuen Elektro-Fahrzeugen Pendlerinnen und Pendlern in engem Takt eine attraktive Alternative zum Auto. Der Landeszuschuss ist gut investiertes Geld in Klima- und Umweltschutz und für saubere Mobilität ohne Stau.” Der Landrat bedankte sich beim Verkehrsminister für die großzügige Förderung des Landes Baden-Württemberg, das die Fahrzeuge mit insgesamt rund 12 Millionen Euro fördert.
Die spanische Firma CAF hatte 2017 den Auftrag erhalten, ein neues Fahrzeug zu entwickeln, das genau zu den Streckenanforderungen passt. Die Vorgaben lauteten, dass die Züge möglichst klein und leicht sind, um den Verschleiß zu reduzieren, eine hohe Geschwindigkeit bei rascher Beschleunigung erreichen, um den 15-Minuten-Takt mit wenigen Fahrzeugen einzuhalten und freilich wenig Energie verbrauchen. Die Auftragssumme beläuft sich auf 67 Mio. Euro.
Der CEO der CAF Deutschland GmbH, Ronald R.F. Lünser, ist ebenso erfreut, dass dieses langwierige Projekt nun zu einem positiven Abschluss geführt werden konnte. „Ich freue mich, dass mit dem Einsatz der modernen Fahrzeuge auch mehr Reisekomfort angeboten werden kann. Auch die Anwohner der Region werden sich über mehr Lebensqualität freuen können, denn die Elektrotriebzüge sind nicht nur deutlich leiser, sondern reduzieren den CO2-Ausstoß um einige tausend Tonnen pro Jahr und ermöglichen auf der Schönbuchbahn klimafreundliches Reisen. Dass dieses Zulassungsverfahren dann doch länger als erwartet gedauert hatte, ist im Wesentlichen auf die multikomplexen Wirkungszusammenhänge zwischen Eisenbahninfrastruktur, Betriebsverfahren und Fahrzeugtechnik zurückzuführen. Aber geschafft ist geschafft, das ist die Hauptsache.“
Dank der Attraktivierung erwartet man für die Zukunft über 14.000 Fahrgästen pro Werktag auf der Schönbuchbahn. Die Ära der dreißig Jahre alten, dieselbetriebenen Regio-Shuttles endet endgültig am 1. August. Dann haben die letzten sechs Fahrzeuge ihren letzten Einsatztag.