„Ist ihr Job gefährlich?“ Auf Mikals Frage antwortete Vollzugsleiter Dirk Naber mit einem ganz klaren „Ja“, denn im Gefängnis hat er es teilweise mit schwierigen und gefährlichen Verbrechern, Sexualstraftätern und anderen Menschen zu tun, die, auch nach ihren Vergehen, keine Verhaltensänderung zeigen.
Naber, tätig in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal – Außenstelle Kislau, wurde von Klassenlehrer Tony Vellappallil im Rahmen der Unterrichtseinheit „Jugendliche und das Recht“ an die Schule am Kraichbach eingeladen, um den Jugendlichen einen Einblick in das Leben hinter Gittern zu gewähren.
Insgesamt nahm sich Naber zwei Stunden Zeit, um die Fragen der Schüler zu beantworten. Nachdem Naber von seinem Werdegang erzählt hatte, berichtete er den Schülern vom Leben im Gefängnis. Leila fragte: „Ist es tatsächlich so, dass alle Gefangenen sich ausziehen müssen, wenn sie das erste Mal im Gefängnis sind?“ Diese Frage bejahte Naber ebenfalls und fügte hinzu: „Sie erhalten nach der Kontrolle die orangefarbene Strafgefangenenkleidung.“
Viele Klischees über Gefängnisse entsprechen tatsächlich der Wahrheit. So stimmt es, dass unter den Gefangenen eine Art Hierarchie herrscht. „Mörder stehen hierbei an oberster Stelle und ganz unten die Sexualstraftäter.“ Im Gefängnis leben Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, unterschiedlichen Religionen und Wertvorstellungen auf engstem Raum zusammen. „Da kommt es immer mal wieder zu Konflikten“, bestätigt Naber.
Zum Job eines Justizvollzugsbeamten gehören neben der sicheren Unterbringung und Resozialisierung noch folgende Aufgaben: Sie kontrollieren regelmäßig die Hafträume und die Post der Gefangenen, helfen den Gefangenen beim Ausfüllen von Formularen und achten besonders auf kranke und suizidgefährdete Insassen.
Es kommt mal vor, dass Gefangene einen Ausbruchsversuch unternehmen, denn „der Freiheitsdrang sei hoch“. Aus diesem Grund werden Gefangene für den Ausbruch „nicht in dem Sinne bestraft, sie müssen nur die Fluchtzeit absitzen“, so Naber.
Als die Schüler erfuhren, dass Gefangene nicht im Internet surfen dürfen oder ein zeitiger Gefangener nur maximal zwei Mal zwei Stunden im Monat Besuch empfangen darf, stellte Erjon erschrocken fest: „Das ist doch viel zu wenig Zeit.“ „Eine echte Privatsphäre gibt es im Gefängnis nicht“, ergänzte Naber. In der Justizvollzugsanstalt Bruchsal gibt es jedoch für Langzeitgefangene die Möglichkeit, einmal im Monat für dreieinhalb Stunden, in einem speziell dafür vorgesehenen Raum, „Familie zu spielen.“
„Es ist heute in der JVA üblich, dass wir Gefangene nicht einfach nur wegschließen. Mit jedem Gefangenen wird zu Beginn ein Zugangsgespräch geführt, in dem persönliche Schwierigkeiten und Probleme festgestellt und erforderliche Behandlungsmaßnahmen eruiert werden. So erhalten z.B. suchtkranke Insassen eine begleitende Entzugstherapie."
Gefangene haben darüber hinaus die Möglichkeit, in der Haftanstalt eine Ausbildung zu absolvieren, um sich auf ein Leben nach der Strafe vorzubereiten.
Da zurzeit keine Führungen angeboten werden können, brachte Naber den Schülern Bilder von der JVA Bruchsal und der Außenstelle Kislau mit.
Vellappallil bedankte sich bei Naber für die Präventionsveranstaltung und appellierte an seine Schüler: „Nach diesen Schilderungen hoffe ich, dass ihr ein Leben im Gefängnis nicht unbedingt als erstrebenswert erachtet.“ (ms)