Musik als Spiegel des Wandels – und als Wegbereiterin und Begleiterin von Revolutionen: Unter diesem Motto führte Dirigent Toni Scholl die Bläserphilharmonie Baden-Württemberg in der SRH-Aula durch insgesamt zwei aufeinander folgende Schulkonzerte, die eindrucksvoll zeigten, wie sich Musik und gesellschaftliche Veränderungen über Jahrhunderte hinweg gegenseitig beeinflussen.
Den Auftakt machte Mozarts Ouvertüre zur „Hochzeit des Figaro“, ein Werk, das zu seiner Zeit provokant und bahnbrechend war. Mozart wollte Musik für alle zugänglich machen – ein mutiger Schritt, der die starren Grenzen seiner Epoche durchbrach. Über 60 Schülerinnen und Schüler aller Bildungsgänge der Stephen-Hawking-Schule ab Klasse 9 kamen in den Genuss des ersten Konzerts. In einem zweiten Konzert erlebten die Schüler des Max-Born-Gymnasiums und des SBBZ Luise von Baden die Musik in der Geschichte als pulsierende, lebendige Kraft.
Obwohl die Bläserphilharmonie Baden-Württemberg in kleiner Besetzung mit zehn Musikern antrat, schuf sie einen Klangkörper von beeindruckender Vollkommenheit. Die zehn Musiker erwiesen sich als technische Meister mit dynamischem Ausdruck unter der Leitung von Toni Scholl. Jeder Einzelne der versierten Künstler brachte sein Können und seine Leidenschaft ein, sodass das Orchester als Einheit wirkte und durch die Feinheiten seines Zusammenspiels berührte.
Jill Weinmann führte durch das Programm und erläuterte die historischen Hintergründe der Werke, die auf der Leinwand eingeblendet wurden. Der nächste Programmpunkt stellte die „Marseillaise“ in den Mittelpunkt, ein Lied, das zur Hymne der Französischen Revolution wurde und die Massen in einer großen Bewegung vereinte – ein Symbol für Freiheit und Solidarität. Nicht weniger bedeutungsvoll war die Darbietung von Beethovens „Eroica“. Ursprünglich Napoleon gewidmet, zog Beethoven die Widmung zurück, als sich sein Hoffnungsträger selbst zum Kaiser krönte – ein Wendepunkt, den der Komponist mit feiner Ironie in der heroischen Melodik der dritten Sinfonie festhielt.
Die musikalische Reise führte das Publikum weiter in die Neue Welt: Antonin Dvořáks „Largo“ aus der 9. Sinfonie spiegelte die kulturelle Vielfalt Amerikas wider. Eingeladen, eine nationale Musik für die Vereinigten Staaten zu entwickeln, verschmolz Dvořák indigene Einflüsse und kosmopolitische Elemente zu einer faszinierenden Klanglandschaft. Ähnlich tiefgründig berührte das Spiritual „Nobody knows the trouble I've seen“ das Publikum als ergreifende Klage der Unterdrückung. Die musikalischen Einflüsse von Jazz und lateinamerikanischer Musik, die Leonard Bernstein in „West Side Story“ verarbeitete, schlugen eine Brücke von den amerikanischen Wurzeln zu zeitgenössischer Klangsprache.
Die Reise durch die Weltgeschichte der Musik machte in Russland bei Dimitri Schostakowitsch Halt, streifte die Programmmusik des 20. Jahrhunderts mit Hector Berlioz' Werk „Sinfonie fantastique“ und Modest Mussorgskys „Das große Tor von Kiew“ aus „Bilder einer Ausstellung“ sowie die Polytonalität von Igor Strawinskys „Sacre du Printemps“ und fand ihren Abschluss in Erinnerung an die badische Revolution 1848 mit dem Marsch „Hoch Badnerland“ (1930) und an die friedliche Revolution im Jahr 1989, die die deutsche Wiedervereinigung einleitete. Mit „Wind of Change“ von den Scorpions und der hoffnungsvollen Botschaft von Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ endete das bewegende Konzerterlebnis. Die Bläserphilharmonie Baden-Württemberg hat mit ihrem Schulkonzert nicht nur Geschichte hörbar gemacht, sondern den Schülern die Musik in all ihren Facetten und ihrer Tiefe nahegebracht. (du)