Dies und das

Schumann Quartett bei den Festspielen

Aufwirbelnd und unbändig Von Beginn an macht dieses fantastische Quartett den Zuhörern klar, dass trotz dieses sonnigen, beschaulichen Pfingstsonntag...
Erik (v.l.), Ken und Mark Schumann und Veit Hertenstein.
Erik (v.l.), Ken und Mark Schumann und Veit Hertenstein.Foto: aw

Aufwirbelnd und unbändig

Von Beginn an macht dieses fantastische Quartett den Zuhörern klar, dass trotz dieses sonnigen, beschaulichen Pfingstsonntag kein Raum für Nichtigkeiten ist. Hier wird es sofort konkret mit der wohl bittersten und drängendsten Tragödie, die Ludwig van Beethoven je schrieb: dem Streichquartett Nr. 11 f-Moll op. 95, dem „Quartetto serioso“. Darin verarbeitete er seine unerfüllte Liebe zu Josephine von Brunsvik.

Im ersten Satz wiegt Beethoven noch ab, drängend oder versöhnlich zu sein. Dem schmerzvoll aufschreienden oder melancholisch beruhigenden Charakter des Satzes werden die vier souveränen Musiker leidenschaftlich gerecht. Mark (Cello), Erik (1. Violine) und Ken Schumann (2. Violine), die drei seit ihrer Kindheit zusammen musizierenden Brüder, haben in dem Bratschisten Veit Hertenstein seit 2022 den perfekten Quartett-Partner gefunden. Einzeltöne des Cellos und eine sanfte Antwort der Streicher wirken im zweiten Satz erst einmal nachdenklich. Doch der Gesamteindruck von Zerrissenheit durch die schroffen Gegensätze in diesem Werk bleibt erhalten. Die zunehmende Intensität der Instrumente und deren Zurücknahme zu einem Gleichklang der Bogenstriche im dritten Satz, die auf- und abschwellende Melodienführung des sprunghaften Themas im vierten Satz nehmen gefangen. Die Begeisterung des Publikums war eine ehrliche für dieses international gefeierte Quartett.

Momente auskosten

Zu Beethoven gelingt die Verbindung mit Leos Janáceks Streichquartett Nr.1, ebenfalls eine „Kreutzersonate“. Die am Sonntagmorgen gespielte Sonate hielt einige Überraschungsmomente bereit. Gezupfte unisone Töne, plötzliches Innehalten, Aufschrei der Bratsche im ersten Satz. Die nonverbale Kommunikation der vier Musiker ist bestens ausgefeilt, sie lassen die Instrumente sprechen. Die immer wiederkehrende kurze Tonfolge im zweiten Satz ist variantenreich dargeboten, mal fast trotzig, dann wieder einschmeichelnd. Musikalische Schönheit spiegelt sich im Umgang mit einem wiederkehrenden Motiv und in der Ruhe des dritten Satzes. Bewegung und stille Einkehr ebenso im Finale. Da ist die Erwartung an Johannes Brahms´ Streichquartett Nr. 3 B-Dur op. 63 eine Große. Und tatsächlich klingt die leicht historische Herangehensweise, als hätten sie die Instrumente ausgetauscht. Dabei gilt es zu erwähnen, dass alle vier Musiker auf äußerst wertvollen alten Instrumenten spielen, diese sind zwischen 1680 und Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut. Vielleicht klang Brahms deshalb so authentisch? An besonders innigen Stellen klingt die erste Violine von Erik Schumann geradezu himmlisch in den Obertönen. Es gelingt, Momente auszukosten, im gegenseitigen Dialog zu bleiben. Ken Schumann an der zweiten Violine orientiert sich an der ersten Violine oder an Mark Schumann am Cello. Oder im Finalsatz der hervortretenden Bratsche von Veit Hertenstein zu lauschen, diese zu hofieren, bevor die erste Violine wieder übernimmt, um alles in ein gleichwertiges Tutti zu führen. (aw)

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Ausgabe 21/2024
von Redaktion Nussbaum
23.05.2024
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