Als Siegfried Beichter, Präsident des Lion Clubs Schwetzingen, den Podcast des ehemaligen Generals Erhard Bühler hörte, fiel ihm sofort auf, wie fundiert und sachkundig Bühler über die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg informiert war. Beeindruckt von dessen Expertise, entschloss sich Beichter, Bühler zu einem Vortrag nach Schwetzingen einzuladen.
Zu den Inhalten des Vortrags passte hervorragend die bereits gestartete Hilfsaktion der Stadt sowie der Gemeinden Plankstadt und Oftersheim. Im Rahmen der am 29. Juli vollzogenen interkommunalen Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Gemeinde Kozelets, die die konkrete Unterstützung von Kozelets durch verschiedene Projekte und geplante Vorhaben umfasst, beschlossen der Lions Club Schwetzingen und der Rotary Club Schwetzingen-Kurpfalz, ein Fahrzeug für Menschen mit Behinderungen zu spenden.
Wie Siegfried Beichter am Donnerstag berichtete, ist der Betrag für den Kauf dieses Fahrzeugs durch zahlreiche Spenden fast vollständig aufgebracht worden. Für die verbleibenden Kosten des Fahrzeugs rief er die Bevölkerung weiterhin zu weiteren Spenden auf.
Im vollständig gefüllten Franz-Danzi-Saal hielt Erhard Bühler, ein im Ruhestand befindlicher General der Bundeswehr sowie ehemaliger NATO-General, eine eingehende Rede zu den jüngsten Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union, der NATO und dem laufenden Konflikt in der Ukraine.
Während seines Vortrags erläuterte er den Anwesenden detailliert die aktuelle Situation vor Ort, wobei er auf die verschiedenen Herausforderungen und Gegebenheiten einging, die sowohl politisch als auch militärisch mit dieser Thematik verbunden sind. Sein Vortrag bot eine umfassende Perspektive auf die geopolitischen Dynamiken, die derzeit die europäische Sicherheitslage prägen. In seinem Vortrag ging der General zunächst auf die bestehende Sicherheitsordnung ein.
Die gegenwärtige Lage betrachtet er aus einer anderen Perspektive als in der Zeit des Kalten Krieges. Sie erscheint ihm neu, gefährlicher, komplexer und weniger vorhersehbar. Die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit Russland gehört der Vergangenheit an, und er sieht das heutige Russland als die größte Bedrohung für Sicherheit und Frieden in naher Zukunft an.
Er machte deutlich, dass Russland in einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren eine ernsthafte Bedrohung für die NATO darstellen könnte. Daher sei es, so Bühler, erforderlich, in den kommenden drei bis vier Jahren in der Lage zu sein, dieser Bedrohung wirksam entgegenzuwirken oder sie abzuschrecken. Zudem würden hybride Konflikte entstehen, die die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verwischen.
Es sei entscheidend, bestehende Krisen und Konflikte weltweit klar zu unterscheiden und voneinander zu trennen. „Das hört sich nicht gut an, sollte uns aber nicht nervös machen, weil wir noch genügend Möglichkeiten haben, dagegen zu steuern“, versuchte der General zu beruhigen. Wichtig ist aus der Sicht General Bühlers, den internationalen Zusammenhalt zu stärken.
„Aus dem Zusammenhalt können wir die Kräfte für notwendige Maßnahmen ziehen“, so Bühler. Weiter hält er es für unumgänglich, an der transatlantischen Verbindung festzuhalten. Das 2-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben reicht seiner Meinung nach nicht aus, es werden in Zukunft 3 bis 4 Prozent des BIP notwendig sein. „So wie es jetzt angelegt ist, wird es nicht funktionieren“, so Bühler. In Bezug auf die Sicherheit stellte General Bühler fest, dass NATO und EU in diesem Bereich keine Konkurrenten sind und dass die Idee einer europäischen Armee momentan nicht zur Debatte steht. Er forderte zudem ein Ende der Diskussionen über europäische Nuklearwaffen.
Anschließend wandte er sich dem Krieg in der Ukraine zu. Die Ukraine sei gezwungen, ihre Front zurückzuziehen, um ihre eigenen militärischen Kräfte zu schonen. Russland habe offensichtlich einen klaren Vorteil in Bezug auf die Kampfkraft an der Frontlinie.
„An der Front sind sie nicht zu schlagen“, betonte General Bühler deutlich. Er erklärte, dass die Kampfkraft Russlands durch Angriffe auf etwa 200 bis 250 gezielte Ziele unmittelbar hinter der ukrainischen Grenze, wie beispielsweise Munitions- und Treibstofflager sowie logistische Einrichtungen, erheblich geschwächt werden könnte. Um dies zu erreichen, benötige das ukrainische Militär jedoch weitreichende Waffen, die es ohne Einschränkungen einsetzen kann.
General Bühler machte jedoch auch deutlich, dass es wichtig sei, die Grenze nicht zu überschreiten und sich nicht in den Konflikt hineinziehen zu lassen. Der Vortrag im Franz-Danzi-Saal bot den Anwesenden eine Vielzahl neuer Einsichten und Perspektiven, die sie zuvor möglicherweise nicht in Betracht gezogen hatten. Nach dem Ende des Vortrags entspannte sich eine rege Diskussion, während derer zahlreiche zusätzliche Informationen und Details zur aktuellen, herausfordernden und bedrohlichen Situation geteilt wurden. (gk)