Brasilianische Musik ist reich, fröhlich, tiefsinnig, melancholisch, getragen, temperamentvoll und elegant. Die verschiedenen Facetten lernte man während des Schlossplatz-Konzerts des Ignez Carvalho Trios kennen.
Ignez Cavalho wurde in São Paulo, Brasilien geboren, wuchs dort auf und studierte Psychologie. Im Zusammenhang mit ihren Projekten in sozialen Brennpunkten begriff die leidenschaftliche Musikerin bald, dass Musik heilende Wirkung haben kann.
Sie studierte Musikwissenschaften in Rouen, Frankreich, lebte und musizierte in Paris. Heute lebt und musiziert sie in Speyer. Und die Musik führt sie hin und wieder nach Schwetzingen, zum Beispiel auf den Schlossplatz am ersten Freitag im September, wo sie mit ihrem Trio das Publikum mit Liedern aus ihrer Heimat verzauberte.
Ihr Trio bestand diesmal aus Christoph Stadler, der eine exklusive Jazz-Gitarre des Gitarrenbauers Stark spielt und dadurch einen ungewöhnlich breiten Klangumfang erzeugen kann, und Gero Fei, der mit einem großen, vielfältigen Sound durch kleine Percussion-Instrumenten überraschte. Ignez Carvalho, Frontfrau und Sängerin, begleitete sich auf der akustischen Gitarre.
Das Repertoire des Trios auf dem Schlossplatz umfasste einige weltberühmte Latin-Jazz-Standards, aber auch weniger bekannte Songs und zwei Eigenkompositionen der Künstlerin. Für Abwechslung sorgten unter anderem die höchst unterschiedliche (Tanz-) Rhythmen und Stile, die die Gruppe vorstellte: Bossa-Nova und Samba natürlich, aber auch Baião, Afroxé, Bolero, Chôro und sogar Reggae, der inzwischen auch in Brasilien getanzt wird.
Und da Portugiesisch in Schwetzingen keine sehr geläufige Sprache ist, kommentierte die Sängerin freundlicherweise die Lieder kurz und fasste ihre Inhalte zusammen.
Als Auftakt spielte die Gruppe einen Bossa-Nova von Antônio Carlos Jobim: „Wave“. Es ist gewagt, ein so bekanntes Stück zu interpretieren, von dem es bereits sehr viele berühmte und gute Versionen gibt, unter anderem von Frank Sinatra, Sarah Vaughn, Eliane Elias und vielen mehr, aber das Trio überzeugte durch charmante Schlichtheit und Authentizität – und entführte damit sofort das Publikum in das Land im Nordosten des südamerikanischen Kontinents.
Sogleich hörte man Popmusik auf Brasilianisch, gepaart mit traditionellem Afroxé-Rhythmus; das Stück hatte den Titel „Sina“ und wurde komponiert von dem in Brasilien populären Sänger Djavan. Danach stellte Ignez Carvalho ihre erste Eigenkomposition vor: „Con da eternidade“, ein sogenannter Baião, ein langsamer Rhythmus aus dem Nordosten des Landes.
Zeit für Populäres: Die Gruppe spielte „Summer Samba“ oder „Samba de Verão“, ein cooler Bossa-Nova, der oftmals auch von Jazzbands gespielt wird und dem man ewig zuhören und schwelgen könnte, denn er ist „so nice“, wie der englische Titel so zutreffend lautet. Auch einen amerikanischen Song spielte das Trio: „Tenderly“, ein alter Popjazzsong von Walter Lloyd Gross.
Aber dieses Feld verließ die Gruppe gleich wieder mit dem "Song of the Jet" oder auf brasilianisch "Samba do Avião" von Antônio Carlos Jobim, dem Komponisten des brasilianischen Jazz per se. Von ihm stammte auch der Bossa „Ela é carioca“, ein Lied, das dem berühmten „Ipanema“ musikalisch und textuell gleicht. Und last but not least schrieb er das weltberühmte „Àgua de beber“, das ebenfalls auf dem Programm des Trios stand.
Chôro ist ein instrumentaler brasilianischer Musikstil mit einem relativ hohen Tempo und einer fixen Melodie- und Rhythmusstruktur, wie beispielsweise "Brasileirinho" von Waldyr Azevedo, ein Lied, das aufmuntern soll bei allerlei Kummer und das zum Repertoire von Ignez Carvalho gehört. „Wie machen die Enten auf Deutsch?“, fragte Ignez Carvalho. Quack, quack. „In Brasilien machen sie Quém! Quém!“ erklärte sie und stimmte das fröhliche Lied „O pato“ von João Gilberto, einer weiteren Legende der brasilianischen Musik, an.
Zweifellos einer der schönsten und romantischsten brasilianischen Standards ist „Manhã de Carnaval“ aus dem Film „Orfeu Negro“, komponiert von Luiz Bonfá und Antônio Maria. Der Film erzählt die Geschichte des Orfeus aus der griechischen Mythologie, allerdings versetzt nach Brasilien in die Zeit des Karnevals. Es war eines der letzten Stücke, die das Trio mit Charme und Sensibilität präsentierte.
Damit der Abend nicht allzu sehnsüchtig enden würde, spielte die Gruppe noch einen Reggae und einen Jazz-Standard, „Moon River“, bei dem sich Gastsänger Manfred Kern einbrachte, um den englischen Text zu singen und dazu Gitarre spielte, während Ignez Carvalho den portugiesischen Part übernahm. Als die Band das Konzert beendete, applaudierte das Publikum mit Begeisterung. (rw)