Es war ein ungewöhnlicher Ort für Gremiensitzungen, an dem der Mosbacher Gemeinderat im April (30.04.) zusammenkam. Im Gottesdienstraum des Evangelischen Gemeindezentrums in der Waldstadt begrüßte Oberbürgermeister Julian Stipp die Anwesenden.
Bei abstrakter Betrachtung konnte man geneigt sein, einen Bezug zu der geistlich-spirituellen Umgebung herzustellen, als im ersten Tagesordnungspunkt ein Abgesandter des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe das Wort für einen Kurzvortrag erhielt. Vertreter dieser Ebene kommen eher selten in Gemeinderatssitzungen – wenn doch, haben sie meistens nicht nur gute Nachrichten im Gepäck.
Dass der Anlass des Besuches von Philipp Kraft, zuständiger Bauleiter des RPs, die Sanierung der Bundesstraßen 27, 37 und 292 ist, war bereits der Tagesordnung zu entnehmen. Die letzten beiden Genannten gehören zwar ebenfalls zum Raum Mosbach und sind mit dem Projekt beim Baureferat Nord des RPs mit Dienstsitz in Buchen verbunden – im Blickpunkt für Mosbach steht jedoch die direkt durch das Stadtzentrum verlaufende B27. Und eben diese betreffend wollte Kraft „gar nichts vormachen“, dass einiges zu tun sei, was zu erheblichen Beeinträchtigungen für den Verkehr führen werde.
„Rund 20.000 Fahrzeuge sind hier täglich unterwegs, davon etwa elf Prozent Schwerlastverkehr“, beschrieb Kraft. Gegliedert ist das Projekt in drei Bauphasen, wobei die Bauphase zwei ihrerseits in zwei Teile aufgeteilt ist, deren letzte erst nach Vollendung der dritten und größten Bauphase des Gesamtprojekts angeschlossen wird. Insgesamt hat man das Zeitfenster für die komplette Maßnahme auf 30.06. bis 19.10. festgelegt. Zumindest sei man guter Hoffnung, bis dahin fertig zu werden, wie Kraft durchklingen ließ, als er davon sprach, dass die beteiligten Baufirmen „wissen, worauf sie sich einlassen“.
Den Beginn machen soll in der ersten Juli-Woche die Errichtung von Provisorien im Bereich des Mosbacher Kreuzes. Angestrebt wird hier eine Aufweitung der Fahrbahn auf mindestens 6,5 Meter. In Fahrtrichtung Neckarelz bzw. Sinsheim soll die Binder- und Deckschicht erneuert werden, ebenso wie die Straßenablaufaufsätze. Dabei gehe es auch um die Lösung von Problemen des Wasserablaufes in Bezug zu der tieferliegenden Bahnstrecke, wie Kraft anmerkte. Ebenso sollen die nötigen Haltebuchten entstehen.
Das eigentliche Kernstück ist jedoch der „Vollausbau“ in Bauphase drei, welcher zwischen 04.08. und 14.09. erfolgen soll. Ganz bewusst habe man diesen „in die Zeit der Sommerferien gepackt“, so Kraft. In dieser Zeit führe nichts um eine Vollsperrung des Streckenbereichs zwischen der Einmündung Schillerstraße und der Auf- und Abfahrt in Neckarelz, etwa auf Höhe „Kaufland“, herum. Einhergehend damit kommt es zur Umleitung mit einigen Auswirkungen samt Änderungen von Vorfahrtsregeln. Der Verkehr aus Richtung Mosbach soll über die Ausfahrt am Industriegebiet durch die Alte Neckarelzer Straße abgeleitet werden. Der Verkehr aus Richtung Neckarelz soll am „Basarknoten“ beim Neckar-Odenwald-Zentrum abgeleitet und über die Pfalzgraf-Otto-Straße zur Schillerstraße geführt werden, von wo aus wieder auf die B27 zu gelangen ist.
In der Pfalzgraf-Otto-Straße würde daher während der Bauphase ein „hügelseitiges Parkverbot“ verfügt werden müssen. Hier äußerten Stadträtin Ursula Gregori (SPD) und Stadtrat Boris Gassert (CDU) konkrete Bedenken, da es sich um Anwohnerparkplätze handelt und durch die erhebliche Verkehrsmenge das anliegende Wohngebiet belastet werde.
„Es wird sicherlich knirschen, zumindest am Anfang“, wollte Philipp Kraft nicht verhehlen. Es gebe jedoch keine geeigneten Alternativen und man stünde dazu in Absprache mit den zuständigen Ordnungsbehörden, so dass man guter Dinge sei, tragfähige Lösungen für den begrenzten Zeitraum zu finden.
Eine Abstimmung gab es am Ende nicht, da der Gemeinderat diesbezüglich keine Entscheidungshoheit hat, weil es sich um Bundesstraßen handelt und auch die auf knapp unter fünf Millionen Euro geschätzten Kosten nicht an der Stadtkasse hängen bleiben.
OB Stipp nahm die Anregung von Stadtrat Georg Nelius (SPD) auf, ob die vorgesehene Verbreiterung der Fahrbahn unter Einbezug des schon lange gesperrten Gehweges auf der Neckarelzer Straße nach der S-Bahn-Station „Mosbach-West“ nicht auch genutzt werden könnte, um hier direkt mehrspurig auszubauen, wie dies bereits früher einmal zugesagt worden sei. Dass dies grundsätzlich möglich wäre, schloss Kraft zumindest für eine dreispurige Variante nicht aus. Viel Hoffnung wollte der Rathauschef diesbezüglich hingegen nicht machen, weil die Planungen auf höherer Ebene ja bereits weitestgehend abgeschlossen seien – dennoch könne man „gerne mal einen Brief schreiben“, so Stipp.
Im zweiten Tagesordnungspunkt ging es um die Überprüfung des im Jahr 2017 aufgestellten Lärmaktionsplans der Stadt. Dieser wurde nach 2020 erneut überprüft. Aus der Bürgerschaft gingen keine weiteren Anregungen ein.
Ortschaftsrat Armin Hummel (Reichenbuch) fragte bezüglich in jüngerer Zeit eingerichteter Tempo-30-Zonen nach und wollte wissen, ob die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer im Innenbereich nicht zum Standard werden könnte. Stadtrat Dr. Gunther Leibfried (Freie Wähler) trat dem entschieden entgegen – es seien seiner Ansicht nach bereits zu viele Bereiche mit dieser Beschränkung, da doch im ländlichen Raum „alles auf Auto-Mobilität ausgelegt“ sei. Die neue 30er-Zone vor dem Auguste-Pattberg-Gymnasium in Neckarelz benannte er dabei exemplarisch als wenig sinnvoll.
OB Stipp verwies dazu auf den Rahmen der verkehrsrechtlichen Rechtsgrundlagen. Grundsätzlich könne man über das Thema von Fall zu Fall unterschiedliche Meinungen vertreten, wobei er persönlich in Grenzfällen eher zu Tempo 30 tendiere.
Uwe Zimmermann von dem mit der zweiten Überprüfung beauftragten Ingenieurbüro aus Haßmersheim stellte die Inhalte des Aktionsplans vor. Ein Teil der enthaltenen Maßnahmen zur Reduktion des Straßenverkehrslärms wird bereits mit den vorhergehend angekündigten Baumaßnahmen an der B27 umgesetzt. Ansonsten wurde das Verfahren mit einstimmigem Votum des Gemeinderats durch formale Festsetzung des Maßnahmenkatalogs abgeschlossen.
Eher formaler Natur sind in der Gemeinderatsarbeit die Vergabebeschlüsse für öffentliche Aufträge. In der Mosbacher Kernstadt waren im Zuge eigener Kontrollen einige kurz- und mittelfristig zu beseitigende Schäden an Kanälen festgestellt worden. Als günstigster Anbieter für diese Arbeiten stellte sich nach Ausschreibung die Firma „Kanaltechnik DF ING GmbH“ aus Karlstein heraus. Der Gemeinderat erteilte den Auftrag einstimmig für die Angebotssumme von 320.906,11 Euro.
Ebenfalls eher „Formsache“ war die Anerkennung der Schlussrechnung für die Kosten des Umbaus des Fußgängerüberwegs sowie der Zufahrt zum Kaufland-Areal an der Pfalzgraf-Otto-Straße. Die Kosten beliefen sich im Ergebnis auf 330.000 Euro, was um 120.699,20 Euro (mithin 47 %) über der ursprünglichen Kostenschätzung von 210.000 Euro liegt. Der Beschluss erging auch hier einstimmig.
Selten ganz angenehm sind angesichts ihrer oft erheblichen finanziellen Auswirkungen auf Anlieger die Beschlussfassungen zur Erschließung von Gemeindestraßen, die bisher nicht erschlossen waren. So verhält es sich auch mit dem Abernweg in Neckarelz, der nach dem schon vor geraumer Zeit gefassten Beschluss nun vollständig hergestellt ist. Mit der Bekanntgabe der Widmung entsteht die sogenannte „Erschließungsbeitragsschuld“, wie es in der den Stadträten/innen nun vorgelegten Beschlussvorlage technisch heißt. Wortmeldungen gab es dazu nicht. Der Beschluss erfolgte einstimmig.
Die örtliche Gastronomie unterstützen und die Attraktivität der Innenstadt steigern, will die Stadtverwaltung durch eine Verkürzung der Sperrzeiten. Befristet bis zum 31.12. soll die Außengastronomie sonntags bis donnerstags jeweils bis 23 Uhr und samstags bis Mitternacht öffnen dürfen. Der Gemeinderat folgte dem Beschlussvorschlag einstimmig.
Für eine Amtszeit von vier Jahren werden die Mitglieder des gemeinsamen Gutachterausschusses Neckar-Odenwald zur Ermittlung von Grundstückswerten und sonstige Wertermittlungen bestellt. Benannt werden jeweils drei Mitglieder als ehrenamtliche Gutachter von den Landkreis-Gemeinden für deren Sprengel, die Bestellung aber liegt bei der Großen Kreisstadt als der zuständigen Stelle. Für den Sprengel Mosbach ist der hauptamtliche Vorsitzende Karl Emig zuzurechnen – neben ihm wurden Dipl.-Ing. Jutta Moormann und Dr. Matthias Neureither als ehrenamtliche Gutachter vorgeschlagen. Der Gemeinderat bestätigte die Liste der Beschlussvorlage einstimmig.
Nach der obligatorischen Annahme von Spenden an öffentliche Einrichtungen, für die Dank ausgesprochen wurde, leitete OB Stipp zu den Mitteilungen und Anfragen über.
Stadträtin Maren Fütterer (Grüne) sprach dabei „enorme Herausforderungen im Bereich der Hausarztversorgung“ an. Hier müsse man dringend „in Dialog treten“, weshalb sie ein interkommunales Gesprächsforum anregte. OB Stipp erklärte, dass man sich über das Thema schon länger Gedanken mache und dazu in Kürze auch eine in der Frage befasste Person von der Landkreisebene zu einer Gremiensitzung einladen werde.
Stadtrat Dr. Gunther Leibfried (Freie Wähler) stört sich an Schmierereien auf öffentlichen Gebäuden, die zuletzt häufiger aufgefallen seien. Insbesondere bei Gewaltaufrufen solle man schneller tätig werden und diese entfernen lassen.
Stadtrat Andreas Klaffke (Grüne) fragte bezüglich der Sicherheitskonzepte bei öffentlichen Veranstaltungen nach. Hierzu erklärte der Oberbürgermeister, dass man bereits den Einsatz von Betonpollern an der Zufahrt zur Altstadt prüfe, die dann ggf. flexibel eingesetzt werden können. „Eine 1.000%-Sicherheit gibt es aber nie“, fügte Stipp jedoch unmittelbar hinzu. Nachdem keine weiteren Wortmeldungen mehr vorlagen, schloss er den öffentlichen Teil der Sitzung mit Dank an die Kirchengemeinde für die Bereitstellung der Räumlichkeiten sowie an die Zuhörerschaft im Publikum für deren Interesse ab. (frh)