Eine Anhöhe im Herbst, der Himmel voller Fallschirme. Eine Schleuse im Winter, vier Tunnel im Deich voller frierender, hungernder Menschen. In den Niederlanden bekommt der Zweite Weltkrieg für Gymnasiasten aus Baden-Württemberg scharfe Konturen.
Als die 17- und 18-Jährigen aus Bad Saulgau die Blockhäuser der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) Ysselsteyn beziehen, ist ihnen das Thema Zweiter Weltkrieg längst vertraut. Sie kennen die Bücher aus ihrer Heimatstadt, die die Erinnerungen an den Krieg festhalten – schließlich hat die Arbeitsgruppe, die sie herausgegeben hat, den Kontakt zu ihrer Schule geknüpft. Aus dem Verkauf dieser Bücher wird die Fahrt bezahlt und auch das Programm, das sie erwartet.
Die Jugendlichen haben den Seminarkurs zu 80 Jahre Weltkriegsende gewählt. Sie haben im Stadtarchiv Quellen ausgewertet und Zeitzeugen befragt – Spurensuche zu einem Krieg, der weit weg von Bad Saulgau tobte. Jetzt sind sie hier. Erstes Ziel: die Kriegsgräberstätte nebenan. „Silent Walk“ steht im Programm, doch Stille anzuordnen, ist überflüssig.
32.000 Gräber sind es, erfahren sie. Und sind schockiert, als sie hören, dass der Zweite Weltkrieg im Durchschnitt jeden Tag etwa so viele Tote gefordert hat, wie hier bestattet sind. Noch etwas erschüttert sie: das Grab eines Kindes, nur einen Tag alt.
Dabei begleiten sie Markus Barg-Rothmund, ihr Lehrer, und die treibenden Kräfte der Saulgauer Arbeitsgemeinschaft SLG. „Spuren Lebendig Gemacht“ heißt das eigentlich. Für das Schulprojekt wurde daraus „Sehen – Lernen – Gedenken“, denn den Spuren soll auch jemand folgen. Mary Gelder gehört zum Team, die Leiterin des Stadtarchivs, die Künstlerin Anca Jung, der Liedermacher Michael Skuppin und Conny Scheck aus Bad Saulgau, die heute in Kekerdom zu Hause ist.
Noch jemand nimmt einen Schatz mit nach Hause: Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan. Auch er ist in Bad Saulgau aufgewachsen. Er unterstützt und begleitet das Buch- wie das Schulprojekt mit großem Interesse. Nach zweitägigem Besuch sagt er: „Es ist unglaublich interessant, mit ihnen hier zu sein. Das ermutigt mich für unser Engagement beim Volksbund und zeigt mir, dass wir richtig liegen mit unserer Arbeit.“
Weitere Infos: www.arbeitsgruppe-slg.de