Gallier, Kelten und Germanen gehörten zur Bevölkerung
Von Irmhild Günther An Neckar und Zaber wurden vorhandene Bewohner an- und aufgenommen von den Römern, die nicht nur aus dem damaligen Italien kamen, sondern vielleicht auch schon aufgenommen waren. Soldaten waren ja meist diejenigen, die Bürger von Rom wurden und werden konnten. Unsere Region wurde zur Provinz Obergermanien verhältnismäßig spät in der Geschichte des Römischen Reiches, das den gesamten Mittelmeerraum beherrschte und weit nach dem nördlichen Europa strebte: erst bis zum südlichen Rhein, dann bis zur Donau und auch den gesamten Rhein entlang. Und schließlich erreichten sie auch den Neckar, der nur am Anfang der Limes des Römerreiches war, dann wurde die Grenze noch nach Osten hin erweitert. Sie wollten bis zur Elbe kommen, aber das fand nicht mehr statt. Wir waren Römerreich etwa von Kaiser Augustus, 15 bis 25 vor Christus Geburt, bis ins dritte Jahrhundert unserer Zeitrechnung.
Gebaut wurden zunächst Straßen und Gutshöfe zur Versorgung der Soldaten und Reisenden. Reste von ihnen werden heute noch gefunden und stellen meist keine wissenschaftliche Sensation mehr dar. Das war die Infrastruktur des Reiches. Bei uns war Brackenheim-Meimsheim eine wichtige Kreuzung von fünf Straßen in fünf Himmelsrichtungen. Am besten belegt ist die Straße, die südlich von Kirchheim und Gemmrigheim südwärts am Neckar verläuft. Da kamen sie schließlich her. Heute zu besuchen sind das Römermuseum in Güglingen und das Römerhaus in Walheim, wo alle Informationen gegeben werden, die über das Leben der Leute damals bei uns in der Region Auskunft geben. Walheim war Castel, eine militärische Einrichtung wie eine Kaserne. Güglingen war ein Vicus, eine kleine Handelsstadt mit allen notwendigen Einrichtungen wie Geschäfte, Wirtschaften, Handwerkern und Heiligtümern. Alles belegt mit entsprechenden Funden, heute sind Exponate in den Museen zu sehen. Von Gemmrigheim nennt das Heimatbuch vier Funde und den interessantesten unweit des Neckars gegenüber von Walheim und nahe bei Besigheim, vielleicht ein Hafen.
Das zivile Leben setzte sich zusammen mit angetroffenen Einwohnern fort. Nicht nur römische Götter gab es, sondern auch angenommene keltische oder die anderer Völker. Die Gallier aus dem Nachbarland im Westen, heute Frankreich, wurden wie Germanen und andere Soldaten und erhielten am Ende ihres Berufes oft eine Villa Rustica, einen jener Gutshöfe überall im Straßennetz. Belegt ist da alles mit Namen auf Grabsteinen oder von Ausgrabungen der Gutshöfe. Man nahm die Sprache an, die Währung, vermischte sich mit anderen Volksangehörigen. Rom verbreitete Kultur und Zivilisation in Europa. Das betraf die Bautechnik, die Lebensweise, die Kenntnis von Dichtung, Kunst und Philosophie. Über Kleidung schreibt Enrico de Gennaro im Begleitbuch zum Römermuseum Güglingen: „Die Bekleidungsgewohnheiten waren im gesamten römischen Reich vielfältig. Wie heute, so war sie auch damals zeitlichen Veränderungen und Moden unterworfen. Aber auch der rechtliche Status des Trägers spielte hier eine Rolle, genauso wie soziale und ethnische Umstände.“
Es war also eher eine Tracht, die jedem zustand. Das Wort gilt ja auch bei der „Tracht Prügel“ – das, was einem zusteht! Die damalige Kleidung war nicht geschneidert. Die traditionelle Unterkleidung war die Tunika. Sie wurde auch nachts nicht abgelegt. Männliche römische Bürger trugen darüber die Toga. Es war ein Stück Stoff mit gerundetem Rand. Es wurde nach Belieben um den Körper gewickelt und mehr oder weniger kunstvoll drapiert. Die Toga trug aber nur einer, der das römische Bürgerrecht besaß. So war auf den ersten Blick erkenntlich, dass er hoch gestellt war gegenüber den Sklaven oder Unfreien und Fremden. Aber jeder Fremde oder Unfreie und Sklave konnte sich hocharbeiten. Die Toga wurde nur zu besonderen Anlässen getragen. Die Tunica darunter war aus zwei rechteckigen Stoffstücken zusammengenäht und hatte in der Taille einen Gürtel aus Stoff. Die römische Frau trug ebenfalls eine Tunica, aber länger und manchmal langärmlig. Außerhalb des Hauses trug die Frau darüber eine Palla. Das war ebenfalls ein Stück Stoff, das sie sich drapierte, wie sie wollte. Der Bedarf an Stoffen war groß und musste oft importiert werden. Es gab Woll- und Flachsherstellung schon bei den Kelten und auch Färbereien. Es gab weitreichenden Warenaustausch.
In der Provinz, die wir ja waren, gab es unterschiedliche lokale Trachten. Die Germanen zum Beispiel trugen Hosen. Es gab dazu ein hemdartiges Untergewand. Der Schlitz am Halsausschnitt wurde mit einer Fibel geschlossen. Darüber trug man ein Obergewand, das ebenfalls mit einer solchen Fibel zugemacht werden konnte. Verwendet wurde noch eine dritte Fibel, die das Ober- mit dem Untergewand verband. Dann war noch ein Übergewand oder Mantel üblich, der ebenfalls mit der Fibel auf der rechten Schulter geschlossen wurde. Die Fibel ist also ein häufig vorkommendes Exponat in Museen. Die Kelten hatten Kapuzenmäntel aus wasserundurchlässigen Wollstoffen. Ein dicker Schal ergänzte diese Winterkleidung für das nördliche Europa. An den Füßen hatten die römischen Bürger Riemenschuhe, von denen man auf ihre soziale Herkunft schließen konnte. Sie gehörten zur Toga – unmöglich, zu ihr etwa Sandalen oder die genagelten Schuhe der Soldaten zu tragen! Die bürgerliche Frau trug außer Haus niemals Sandalen. Da sah man ja die Füße nackt! Nach gefundenen Haarnadeln weiß man von komplizierten Frisuren. Und natürlich gibt es erstaunliche wertvolle römische Schmuckstücke aus Edelmetallen und Edelsteinen. Bis zum heutigen Tag ist der Fund eines schier unbezahlbaren antiken Schmuckstückes eine Sensation, die zumindest die Fachwelt mit Erstaunen entgegennimmt.