Kühl und feucht war der Abend des 29. August, so dass der Lese-Sessel für den bewährten GAL-Leseabend in der Cafeteria des Martinshauses aufgestellt wurde. Vier Vorleserinnen nahmen darauf Platz und Roger Dempfle an der Gitarre umrahmte die Beiträge mit passenden Folksongs und Blues. Ein Abend zum Wohlfühlen und zur Inspiration.
Mit einem literarischen Appetithappen eröffnete die grüne Gemeinde- und Kreisrätin Ruth Setzler den Lesereigen und sensibilisierte das Publikum mit Kurt Tucholskys Text „Mir fehlt ein Wort“ für die vielfältige deutsche Sprache und ihren Gebrauch. Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzte dann Susanne Häcker. Die Zweitkandidatin von Thomas Poreski, die im kommenden Landtagswahlkampf auch in Kirchentellinsfurt auf dem Stimmzettel stehen wird, las aus „Akte Luftballon“ von Susanne Wally. Ihre geschickt gewählten Passagen erweckten den Eindruck, die gesamte über Jahrzehnte dauernde deutsch-deutsche Brieffreundschaft mitzuerleben, die sich aufgrund eines Luftballonstarts zwischen zwei gleichaltrigen Mädchen entwickelte. Das Leben unter Überwachung, aber natürlich auch der Meilenstein Mauerfall, wurde dabei sichtbar – und dass unsere Demokratie ein kostbares Gut ist.
Nach jeder Lesung spielte und sang Roger Dempfle passende Weisen. Er trug damit entscheidend zum gelungenen Ambiente bei und stimmte so auch auf eine kleine Pause ein. Nach dieser stellte die Kirchentellinsfurter Autorin Birgit Juresa einen Ausschnitt aus ihrem aktuellen Manuskript „In bester Gesellschaft“ vor und unterhielt mit einer spannenden Partie „Scrabble“ das Publikum. Dabei wurde deutlich, wie gut sie Menschen in ihren Texten ausarbeiten kann und damit uns allen einen Spiegel vorhält. Wer mehr von ihr lesen möchte, wird ihr in Kürze erscheinendes zweites Buch bald im Handel erwerben können.
Den Abend beschloss die Germanistin Nicola Frank aus dem Tübinger Kreisvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie hatte den „Kaiser von China“ von Tilman Rammstedt mitgebracht und damit eine große Portion Humor – das Buch hatte schließlich beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb nicht nur die Jury überzeugt, sondern auch den Publikumspreis gewonnen. Im Text schenken fünf Enkel ihrem Großvater eine Reise, deren Ziel er sich wünschen darf. Doch mit China hat keiner gerechnet. Das führt zu urkomischen Auseinandersetzungen und macht Lust, einfach weiterzulesen. Genauso soll ein gelungener Leseabend ja sein! Etwa vierzig Menschen gingen daher zufrieden und mit einem Lächeln auf dem Gesicht nach Hause, schließlich soll man aufhören, wenn es am schönsten ist. Dann ist auch die Vorfreude auf den ersten und dritten Freitag im nächsten August umso größer.
Text: Ruth Setzler, Bilder/Collage: Ruth Setzler, Linda Beer und Sibylle Rittershaus