Drei Nächte strahlte das Schloss ganz anders in die Nacht: hinter einer Bühne, unterstützt von Scheinwerfern unter deren Dach – und mit einer doppelten Portion Romantik. Denn wenn Elvis Stimme „I can’t help falling in love“ singt, dann ist das nun mal romantisch. Und vor der Kulisse umso mehr. Von der gab es im Rahmen der Sommernächte am Schloss wahrlich genug. Und dazu jede Menge Musik aus der guten alten Zeit.
Man könnte sie Oldies nennen. Aber irgendwie klingt es despektierlich, jenes Wort für die Hits des „King“ zu nutzen. Nicht weniger als das war Elvis Presley. Und eben jene Hits verwandeln noch heute die Menschen in Entzücken. Das war in Hemsbach nicht anders, als Robert Führer alias Bob Dawn sich in der „Elvis-Show“ am vergangenen Samstagabend in ein Double des Rock-'n'-Roll-Stars verwandelte. Mit Kostüm und Stimme war er ganz nah dran. So nah dran, dass man bei einigen Nummern nicht wusste, ob Elvis nicht doch lebt. In Hemsbach. Die Illusion wurde auch gestützt von den fantastischen Musikern, die Führer im Gepäck hatte. Das waren keine Geringeren als seine Weggefährten von Running Five, die mit sattem Sound die 50er- und 60er-Jahre, also die besten des Kings, auferstehen ließen. Dass die Wiese des Volker-Pauli-Platzes zur Tanzfläche wurde, verstand sich von selbst angesichts der ewig guten Nummern wie „Hounddog“, „Blue Suede Shoes“ oder auch „Jailhouserock“. Während Führer den Hüftschwung auspackte oder auch mal durch die Reihen vor der Bühne in Elvis-Manier flanierte, flirtete, in die Handykameras lächelte, bearbeiteten die Musiker ihre Instrumente, als ginge es um ihr Leben. Dafür wurden sie auch gerne gefeiert vom Publikum, das mit Blick auf das Alter jenes war, das Elvis nicht nur aus Erzählungen kannte, folglich Twist- und Rock-Schritte beherrschte und dem Tanzfieber auch genüsslich nachgab. Und wer hartnäckig am Stuhl klebte, der war doch zumindest bei „Suspicious Minds“, der späteren Zugabe, auf den Beinen. Doch was wäre Elvis ohne Balladen – ohne „In the Ghetto“, ohne „Are you lonesome tonight“ und ohne „Love me tender“? Es waren eben jene Hits, die das Schloss in seiner rot-pinken Beleuchtung noch stärker zur Geltung brachten.
Veranstalter Franz Kain hatte schon am Eröffnungsabend geschwärmt. Es sei – wie erwartet – wunderschön, sagte er. Ein Satz, den die Künstler an jenem Abend noch unterstrichen. „Wir freuen uns vor so einer Kulisse zu spielen“, sagte Armin Steigler, Gitarrist, Sänger und Moderator von Waiting for Frank – und bald ihr Aussteiger. „Das ist unser drittletztes Konzert“, kündigte er seinen Wegzug von der Bergstraße gen Norden an. Ein Wermutstropfen an einem Abend, an dem sich Hemsbach doch eigentlich in einen Open-Air-Pub verwandeln sollte. Das würde auch noch so kommen – doch zwischenzeitlich drückten sich bei den leisen Balladen, wie immer vor allem durch André Clement mit seinem weichen Timbre interpretiert, die Tränchen in die Augen. Waiting for Frank hatten sich mit ihrer „Castle-Session“ allerdings auch eine eher gediegene Setlist zusammengestellt. „Wir sind alle etwas balladig angehaucht“, lachte Steigler im Gespräch. Das dürfe sich zum Abschlusskonzert im November in Weinheim nicht Bahn brechen. „Das wird ein harter Abend“, schaute er auf diesen Abschied in wenigen Monaten. Ein bisschen Melancholie war auch bei seinen Bandkameraden zu spüren. „Schon schade“, gestand etwa André Clement, der Steigler schon aus Schulzeiten kennt und seit 30 Jahren mit ihm Musik macht. Doch das sollte auch an diesem Abend im Vordergrund stehen. Musik. Irland. Und dann war man doch wieder bei der Melancholie, weil irische Komponisten wie beispielsweise der von der Band verehrte Christy Moore eben verdammt melancholische Texte und Melodien aus dem Hut zaubert. Und so schwelgte man mit Waiting for Frank bei „Black ist the Colour“ – und hob zu „Whiskey in the Jar“ das virtuelle Glas.
Während die fünf Bergsträßer zu ihrem Abschiedskonzert aufgrund sofortigen Kartenausverkaufs noch einen zweiten Abend vorschalten mussten, waren die Verkaufszahlen in Hemsbach zurückhaltender. „So lange die Leute Spaß haben“, zeigte sich Kain gelassen – wenngleich er gerne noch einige Stühle mehr aufgestellt hätte. Das durfte er am Freitagabend dann auch machen. Die „Simon and Garfunkel Revival Band“ sorgte für volle Stuhlreihen auf dem Volker-Pauli-Platz. Wer vergessen hatte, mit welchen wundervollen Liedern dieses Duo die Welt überzogen hatte, der wurde an diesem Abend an nahezu jedes einzelne erinnert. Sie standen alle auf der Setlist von Michael Frank und Guido Reuter, die als Simon and Garfunkel brillierten. Und schon die akustische Eröffnung des Abends mit einem soften „Homeward Bound“ sorgte für Entzücken. Und wie bei Elvis zwei Abende später war man versucht zu glauben, die leibhaftigen Paul Simon und Art Garfunkel vor sich zu haben. Nicht zuletzt, weil die Harmonien im mehrstimmigen Gesang von Beginn an saßen. Kein Wunder. Die beiden Musiker stehen seit Jahren gemeinsam auf der Bühne. Ihre Show ist nicht überraschend, aber zum Wohlfühlen. Eine, die den Salto in längst vergangene Zeiten ermöglichte, in denen Musik mehr zählte als Technik und Effekte. Dafür standen neben den beiden Sängern – Frank samt Gitarre – auch die Musiker, die das Duo mitbrachte. Sebastian Fritzlar an Ukulele, Bass, Gitarre und E-Piano und Schlagzeuger Ingo Kaiser taten ihr Bestes, um die Arrangements eines Paul Simon hörbar werden zu lassen. „The Boxer“, „Mrs. Robinson“, „America“ – nichts lassen die vier aus. Auch nicht die Solo-Hits von Simon. „You can call me Al“ ist einer davon, „50 ways to leave your lover“ ein anderer. Die stürmische Begeisterung erntet die Simon-and-Garfunkel-Revival-Band aber mit den stillen Nummern. „The Sound of Silence“ ist so eine, die mit stürmischem Applaus gefeiert wird. Und am Ende natürlich „Bridge over troubled water“. „So eine Stimmung wie hier auf dem Schlossplatz haben wir noch nie erlebt“, beteuert Frank irgendwann zur Erheiterung des Publikums. Nun – Hemsbach zumindest sehr lange nicht mehr. (cs)