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„Invasive Art – im Fluss der Zeit“

Sonderausstellung im Museum im Alten Rathaus

Das Museum im Alten Rathaus präsentiert in der Zeit vom 26. Juli bis zum 7. November 2025 die Sonderausstellung „Invasive Art – im Fluss der Zeit“.
Werk „Metaphorische Kartographie“ der Künstlerin Sabine Friebe-Minden
Werk „Metaphorische Kartographie“ der Künstlerin Sabine Friebe-MindenFoto: Sabine Friebe-Minden

In der temporären Ausstellung im Museum im Alten Rathaus Neckargemünd werden Zeichnungen, Collagen, Gemälde und keramische Objekte gezeigt. Die Künstlerinnen strecken dabei „invasiv“ mit ihren zeitgenössischen Positionen auch ihre Fühler auf die natur- und kulturhistorische Präsentation in der ständigen Ausstellung aus. So treten Sabine Friebe-Minden, Sabine Schreier und Angelika Wild-Wagner in einen offenen Dialog mit einigen Exponaten der stadtgeschichtlichen Ausstellung.

Dieses „Ausgreifen“ des Menschen auf seine Umwelt wird in der Sonderausstellung physisch verdeutlicht, indem ausgewählte Kunstobjekte tentakelartig auf die ständige Ausstellung im Stadtmuseum ausgreifen: „invasive art“ (englisch). Gleichzeitig setzen sich die drei Künstlerinnen auf unterschiedliche Weise mit der Wechselwirkung der menschlichen Kultur und Naturlandschaft auseinander, die dadurch zur Kulturlandschaft mutiert und ihrerseits die Gesellschaft der Menschen entscheidend formt. Diese symbiotische Beziehung ist seit jeher von Ambivalenzen geprägt.

Momentaufnahmen des Zeitalters Mensch

Sabine Friebe-Minden arbeitet vorwiegend zeichnerisch in Verbindung mit der Malerei. Sie kombiniert Naturstudien, wissenschaftliche Modelle und historisch-literarische Quellen neu und verarbeitet sie in einer Serie von „Landschaftskarten“. Die entstandenen Kollagen sind eine künstlerische Antwort auf die sachliche, standardisierte Darstellungsweise der Kartografie. Doch die Welt ist in Bewegung. Physikalische Gesetzmäßigkeiten, biochemische Prozesse und klimatische Veränderungen wandeln unsere Landschaft ebenso wie geschichtliche Ereignisse. Indem sie die Wurzeln ihrer eigenen Familiengeschichte ergründet, spannt sie in ihren Werken den Bogen über die persönliche Biographie hinaus zu allgemeinen Fragestellungen.

Mit unserem Handeln im Jetzt prägen wir den Fluss der Zeit. So nähert sich Sabine Schreier dem Thema über die Darstellung von Landschaften, um deren Existenz sie sich sorgt. Wald, Gebirge und Wasser sind elementare Rückzugsorte für den Menschen. Doch der Mensch selbst wird mehr und mehr zur invasiven Art. Wasserläufe werden umgeleitet, Wälder gerodet – es wird rücksichtslos umgestaltet. Die Grenzen zwischen natürlicher Ästhetik und menschengemachten Störelementen werden verwischt. Schreiers Arbeiten sind Momentaufnahmen des Zeitalters, das vom Menschen geprägt ist. Das von Menschen weltweit verwendete Plastik sowie weitere malfremde Stoffe integriert sie bildhaft in ihre Werke. Der Betrachter soll innehalten, genau hinsehen. Seine Wahrnehmung wird gelöst vom vertrauten Blick auf das Gewohnte. Er erfährt Irritationen und neue visuelle Momente.

Individuelle Ausdruckskraft

Angelika Wild-Wagner bezieht sich mit dem Ausgangsstoff Ton, aus dem sie keramische Objekte herstellt, indirekt auf die uns umgebende Landschaft. Der Ton, der durch Wassereinlagerung und jahrtausendelange geologische Prozesse entsteht, bildet das Basismaterial, aus dem durch den Brennvorgang Keramik wird. Doch nicht nur die Landschaft unterliegt Veränderungen – auch die Kunst befindet sich in einem stetigen Fluss der Zeit. Während Ton über Jahrtausende hinweg vor allem in der angewandten Kunst Verwendung fand, wird er heute zunehmend für freie, künstlerische Arbeiten eingesetzt. Die Keramik hat sich damit von ihrer traditionellen Funktion gelöst und ist Teil der Bildenden Kunst geworden. Es entstehen Arbeiten von individueller Ausdruckskraft und künstlerischer Anatomie, die als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart gesehen werden können. Die Künstlerin zeigt in der Ausstellung Wandobjekte, Kunst-Bausteine und Gefäße.

Beim Gang durch die Ausstellung wird klar: Es gibt kein Entkommen, das Anthropozän begegnet den Besuchenden auf Schritt und Tritt; mal dezent, mal unübersehbar. Die Ausstellung will keine Antworten liefern, sondern zum Nachdenken anregen über die Landschaft und unsere Rolle in ihr. Ein Begleitprogramm aus Vorträgen, Lesungen und Künstlerinnengesprächen bietet viel Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zum Dialog. (pm/red)

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von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
01.07.2025
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