Der Landtag von Baden-Württemberg hatte sich 2018 gegen einen Reutlinger Stadtkreis ausgesprochen, jedoch Landkreis und Stadt ersucht, Möglichkeiten zur Verbesserung der kommunalen Zusammenarbeit und der Aufgabenerfüllung herauszuarbeiten. Dem sind die Spitzen der beiden Verwaltungen nachgekommen. In einem Gesprächsprozess, begleitet von Staatssekretär a. D. Hubert Wicker als Moderator, konnten in verschiedenen Bereichen Einigungen erzielt werden. Zur Umsetzung der entwickelten Vorschläge wären jedoch weitgehende Gesetzesänderungen auf Landesebene erforderlich, die von den zuständigen Ministerien nicht unterstützt werden. Stadt und Landkreis Reutlingen beenden daher einvernehmlich den formalen Gesprächsprozess. Unabhängig davon wird die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Kommunalverwaltungen fortgesetzt.
Inhaltlich konzentrierten sich die Gespräche darauf, gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln, die sowohl die Bedürfnisse der Großstadt Reutlingen als auch die Sondersituation des Landkreises Reutlingen mit einer kreisangehörigen Großstadt berücksichtigen. Als ein Erfolg aus dem Gesprächsprozess ist die Änderung des Kommunalwahlrechts zu sehen, wodurch die Repräsentation der Stadt Reutlingen im Kreistag verbessert wurde. Bereits im aktuellen Reutlinger Kreistag verfügt die Stadt Reutlingen über einen Sitz mehr als zuvor.
Mit dem Ziel, Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft zusammenzuführen, Verwaltungsstrukturen und -abläufe zu bündeln und damit Steuerungs- und Effizienzgewinne zu erzielen, wurden außerdem die Zuständigkeiten in den Blick genommen. Gemeinsam verständigten sich Stadt und Landkreis Reutlingen auf verschiedene Aufgaben, die vom Landkreis auf die Stadt übertragen werden sollten, wo verstärkte Kooperationen zwischen den Kommunen vorgesehen werden und wo die bisherigen Strukturen beibehalten werden sollen. Angedacht wurde unter anderem, in den Bereichen Wohnbauförderung und Flüchtlingsaufnahme Kompetenzen vom Landkreis an die Stadt zu übertragen, während beispielsweise das Forstwesen beim Landkreis verbleiben sollte. Auf mögliche themenbezogene Kooperationen verständigten sich die Kommunen zum Beispiel bei der Kfz-Zulassung sowie bei Umweltschutz und Gewerbeaufsicht.
Um Kompetenzen an die Stadt zu übertragen, bedarf es gesetzlicher Änderungen auf Landesebene. Landrat Dr. Ulrich Fiedler und Oberbürgermeister Thomas Keck haben deshalb das zuständige Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen um die entsprechende gesetzgeberische Umsetzung gebeten. Dies wird seitens des Ministeriums jedoch nicht unterstützt.
Als Großstadt nimmt die Stadt Reutlingen in ihrer oberzentralen Funktion über ihre Aufgaben als kreisangehörige Stadt hinaus auch Aufgaben wahr, die in der Regel nur von Land- und Stadtkreisen erfüllt werden. Dem stehen in der Regel kein Kostenausgleich oder angemessener Zuschuss von Seiten des Landes entgegen. In einem Schreiben hat die Stadt Reutlingen deshalb dem Finanzministerium vorgeschlagen, die Stadt zum Ausgleich an den Zuweisungen an die Stadtkreise nach dem kommunalen Finanzausgleich (FAG) zu beteiligen. Dazu müsste § 7a des FAG geändert werden. Dieser Vorschlag wird durch das Finanzministerium ebenfalls nicht weiterverfolgt.
Aufgrund der Rückmeldungen aus den jeweiligen Ministerien zu den gemeinsam erarbeiteten Vorschlägen kommen Stadt und Landkreis Reutlingen einvernehmlich zu dem Ergebnis, den formalen Gesprächsprozess zu beenden. Unabhängig davon wird die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Stadt und Landkreis fortgesetzt und ein Austausch zu aktuellen und zukünftigen strategischen Themen weiterhin stattfinden.